Schweiz: 16. April 2010, 07:01

Der Feind ist schwer zu orten

«Wer hätte vor zehn Jahren gedacht, dass das World Trade Center einstürzt?»: Verteidigungsminister Ueli Maurer. Bild: ky/Peter Klaunzer

Der Bundesrat lässt sich im sicherheitspolitischen Bericht nicht auf die Äste hinaus. «Wir müssen auf viele Gefahren gefasst sein», sagt VBS-Vorsteher Ueli Maurer.

jürg ackermann

Wo ist der Feind? Wer bedroht die Schweiz? Was heisst Sicherheit im 21. Jahrhundert? Wer vom sicherheitspolitischen Bericht Antworten auf drängende Fragen erwartet hatte, dürfte vom 80seitigen Papier enttäuscht sein. Denn der Bericht listet relativ zufällig eine ganze Reihe von Gefahren und Bedrohungen auf. Diese reichen von Erdbeben und bewaffneten Konflikten über AKW-Unfälle bis zu Versorgungsengpässen.

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Klar ist: Aufgrund der stabilen politischen Lage in Europa scheint ein militärischer Angriff auf die Schweiz derzeit sehr unwahrscheinlich. Eher möglich sind gemäss Bundesrat Anschläge des organisierten Verbrechens sowie Naturkatastrophen oder Hackerangriffe auf die Informatik-Infrastruktur des Landes.

«Wir müssen grundsätzlich auf alles gefasst sein», sagte Verteidigungsminister Ueli Maurer gestern vor den Medien.

In der Sicherheitspolitik sei es schwierig, konkrete Bedrohungen vorauszusehen, ohne sich zu weit aus dem Fenster zu lehnen. «Wer hätte vor zehn Jahren gedacht, dass das World Trade Center wegen eines terroristischen Anschlags zusammenstürzt?», fragte Maurer.

Auf keinen Fall in die Nato

Maurer bezeichnete den Bericht als «gelungenen Kompromiss». Einig war sich der Bundesrat immerhin in der Kernfrage: Die Schweiz soll sich grundsätzlich selbst behaupten und im Notfall auch militärisch verteidigen können.

Dort wo nötig soll sie aber mit anderen, insbesondere europäischen Staaten zusammenarbeiten. Nicht in Frage kommt für den Bundesrat weiterhin die Mitgliedschaft in einer Militärallianz, insbesondere in der Nato.

Nicht verbergen kann der Bericht zahlreiche Widersprüche, gerade in der Frage der Auslandseinsätze. Der Bundesrat will hier die Zahl zwar grundsätzlich erhöhen, schränkt aber sofort ein, dass dies wegen des Spardrucks und der politischen Widerstände schwierig sei.

Der Spannungsbogen zwischen internationaler Kooperation sowie Reduitdenken und Neutralität kommt im Bericht immer wieder zum Ausdruck. So möchte der Bundesrat zwar grundsätzlich am Slogan «Sicherheit durch Kooperation» festhalten, ohne dass er das – aus Rücksicht auf konservative Kreise – aber deutlich formuliert.

Maurer musste nachbessern

Dass Maurer die Friedensförderung und die Auslandeinsätze am liebsten gestrichen hätte, ist kein Geheimnis. Vor allem Aussenministerin Micheline Calmy-Rey verlangte hier Nachbesserungen. Zweimal musste Maurer den Bericht überarbeiten, weil dieser in seiner ersten Version zu stark auf der isolationistischen SVP-Ideologie basierte.

Diese will eine grössere Armee, die sich ausschliesslich auf den gemäss Sicherheitsbericht unwahrscheinlichen Fall der klassischen Landesverteidigung konzentriert.

Vage Leitlinien

Dass der Bundesrat letztlich nur vage Leitlinien abgesegnet hat, zeigen die Reaktionen der Parteien und Verbände. Bei aller Kritik findet fast jeder im Bericht etwas, das ihm behagt.

Die SP begrüsst, dass der Bundesrat am Konzept der Sicherheit durch Kooperation festhält und die Friedensförderung ausbauen will. Die Offiziersgesellschaft ist zufrieden, weil der Bundesrat weiter auf das Milizsystem und die allgemeine Wehrpflicht setzt. Und die SVP spricht immerhin von einer «brauchbaren Auslegeordnung».

Mehrheitlich unbestritten ist auch der Sicherheitsverbund Schweiz. So sollen künftig Polizei, Feuerwehr, Zivildienst und Armee enger zusammenrücken. Mit grossangelegten Übungen will Maurer ab 2014 die Kooperation der verschiedenen Sicherheitsorgane verbessern.

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Ein Schritt zur Deblockade

Fast zwei Jahre lang wurde am Sicherheitspolitischen Bericht gearbeitet. Jetzt ist er da – und es steht nicht viel Neues darin, jedenfalls nicht, was die Bedrohungslage betrifft. ... »



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3 Kommentare Beitrag kommentieren
von mercator
16.04.2010 12:11 Uhr

..eine Armee für unsere Heimat - basta !

Eigentlich sollten wir mehr als nur froh sein, wenn unsere Heimat (nicht einfach 'Land') nicht militärisch bedroht ist. Trotzdem ist es nicht ratsam deswegen gleich 'überstellig' zu werden. Ich sehe eine gutgerüstete Armee wie eine seriöse Kranken-Versicherung. Sie kostet etwas, aber man ist froh, wenn sie nicht benötigt wird. Mit den jetzt in Aussicht genommenen Auslandeinsätzen kommt es mir vor wie eine Ausdehnung des Leistungskatalog. Völlig überrissen und unnütz !!

von Freidenkender
16.04.2010 16:44 Uhr

Möglichst wenig aussagende Kompromisslösung...

Ein Feind von aussen ist derzeit tatsächlich schwer zu orten, was aber noch lange nicht heisst, dass dies für immer so sein muss. Deshalb teile ich die Einschätzung des Users Mercator vollumfänglich. Das zukünftige Armee-Leitbild wird wohl auf eine Kompromisslösung zwischen den Internationalisten und den Vaterländischen hinauslaufen. Persönlich sehe ich für die Schweiz aus Auslandeinsätzen auch keinerlei Nutzen. Ausser Spesen nichts gewesen. Man wird wohl eine Kooperation nicht völlig weglassen, in der Praxis aber auf ein Minimum reduzieren, wohlwissend, dass auch im Volk keine grosse Bereitschaft dazu besteht. Die grössten derzeit abschätzbaren Gefahren wurden von Armeechef Blattmann angesprochen, passten aber natürlich gar nicht in das Weltbild der politisch korrekten Strategen. Innere Unruhen und Aufstände in Europas Landen infolge ungezügelter Immigration unvereinbarer Kulturen, gepaart mit sozialen Spannungen, weil die Sozialkosten unbezahlbar und zurückgefahren werden müssen.

von Freidenkender
16.04.2010 17:11 Uhr

Bedenkliche Unruhen in der EU-Hauptstadt

Einige Auszüge aus der Financial Times vom 13.4.2010: In Brüssels Europaviertel boomt das Verbrechen. Arabische Migranten und Gangster aller Art haben weite Gebiete Brüssels unter ihre Kontrolle gebracht. Die Polizei ist machtlos, wird selbst angegriffen und schaut mancherorts nur noch zu. Eine neue Welle der Gewalt nach der andern jagt durch Europas Hauptstadt. Jetzt machen die Migranten, Diebe und Räuber auch vor dem Europa-Viertel der EU-Beamten, das bisher noch einigermassen als sicher galt, nicht mehr halt. Brüssels Bürgermeister erklärt sich ausserstande, für mehr Sicherheit zu sorgen. Kein Geld mehr, zu wenig Polizisten. Der EU-Parlamentspräsident Buzek kreischt und droht, die EU-Verwaltungen aus Brüssel abzuziehen. Viele EU-Abgeordnete und Beamte sollen sich nicht mehr getrauen, bei Dunkelheit sich noch ins freie zu wagen. Schöne Zustände in EU-Landen. Leider ist von solchen Zuständen in unseren ach politisch so korrekt funktionierenden Medien nichts zu finden.


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