Grosser Frust, aber vor zwei Jahren war's schlimmer

Der FC St. Gallen hat eine riesige Chance verpasst und die bisher grösste Enttäuschung seit dem Einzug in die AFG Arena erlebt. Aber es gibt Schlimmeres im Fussball als ein Ausscheiden im Halbfinal: Abzusteigen zum Beispiel wie 2008.

So haben wir nun die Situation, dass ein Aussenseiter aus der Challenge League im Mai den Cupfinal bestreitet und ein inzwischen in der Super League gut angekommener Verein darauf zu verzichten hat. Könnte ich wählen zwischen der Situation des FC Lausanne Sport und jener des FC St. Gallen, würde ich mich immer noch für letztere entscheiden. Ein Cupfinal ist ein Geschenk, ein Fest, aber die Präsenz in der höchsten Liga ist unser Alltagsvergnügen, auf das wir uns Woche für Woche freuen. So wird in den nächsten Tagen die vornehmliche Aufgabe der Teamverantwortlichen sein, die Mannschaft wieder aufzurichten und die Spieler darauf hinzuweisen, was sie in dieser Saison schon erreicht haben. Vor zwei Jahren nach dem Scheitern in der Barrage war die ganze Saison futsch, gab es nichts mehr zu reparieren. Gesenkten Hauptes folgte der Einzug in die neue Arena.
 
International überfordert
Nun steht noch ein knappes Viertel der Meisterschaft auf dem Programm, noch kann sich Fortes Mannschaft auf dieser Ebene bestätigen. Vielleicht reicht es für den vierten Platz und damit doch noch für das internationale Geschäft, das am Ostermontag leichtfertig vergeben wurde. Das soll die Mannschaft unverkrampft anstreben - eine Notwendigkeit aus sportlicher Optik besteht nicht. Vielleicht eher aus Vereins- und damit Finanzoptik. Der FC St. Gallen bestreitet ab Sommer die zweite Saison nach dem Aufstieg und die war schon seit Jahr und Tag von heikler Natur. Siehe auch Bellinzona in dieser Spielzeit. Und ein Engagement auf internationalem Parkett kann in solcher Situation eher hinderlich sein – nicht wegen der physischen Belastung, aber wegen der nun schwierigeren Konzentration auf das Hauptgeschäft. In einem europäischen Wettbewerb zu spielen kann reizvoll sein, käme aber für die jetzige Mannschaft wohl zu früh.

Beschweren muss sich St. Gallen nicht. Es hat gegen Lausanne einfach nicht die Leistung für einen zwingenden Erfolg gebracht. Wieder einmal wurden Chancen vergeben, zum Teil war Pech dabei. Aber Lausanne hätte selber schon in Führung gehen können und liess sich am Schluss gegen wenig koordiniert angreifende St.Galler und mit einem Mann weniger nicht mehr aus der Fassung bringen. Beim zweiten Gegentor verhielten sich St. Gallens Innerverteidigung plus der Goalkeeper läppisch, und nach vorne wurden einmal mehr die Probleme gegen solide stehende Widersacher offensichtlich.

Keine Werbung für die Super League
Im Übrigen bestätigte sich, dass der Unterschied zwischen Super League und Challenge League lange nicht so gross ist, wie man das weiszumachen versucht. Wobei man sich fragen darf, ob die Nivellierung von unten oder von oben her gekommen ist. Lausanne, der Neunte in der Challenge League, wäre jedenfalls so, wie es sich nun im Cup präsentiert (Auswärtssiege in Lugano, bei Young Boys und nun in St. Gallen), sicher vor Aarau oder Bellinzona einzustufen. Blamiert hat sich St. Gallen nicht. Dafür scheiterten diese Saison zu viele Super League Vereine an vermeintlich schwächeren Gegnern, die halbe Liga nämlich.

Fredi Kurth
 




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