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  09.07.2009, 20:51    

Leitartikel: Atompolitik - Am Kern vorbei

Wahrscheinlich ist es 80 Tage vor einer Bundestagswahl zu viel verlangt, dass sich die Parteien tatsächlich für die berühmten Inhalte interessieren. Auch im Streit über die Folgen der Zwischenfälle im Atomkraftwerk Krümmel geht es daher nur noch um politische Geländegewinne.

Dabei bräuchte es gerade vor der Wahl eine seriöse inhaltliche Auseinandersetzung über die Frage, wie eine sichere und günstige Energieversorgung des Industriestandorts Deutschland künftig aussehen soll.
Grundsätzlich ist es völlig legitim, wenn die SPD die Atomkraft zum Wahlkampfthema macht. Die wiederholten Pannen in Krümmel und - mehr noch - der dilettantische Umgang des Energiekonzerns Vattenfall damit haben bei vielen Bürgern ein mulmiges Gefühl ausgelöst. Die Frage, ob alle Betreiber mit der Atomtechnologie verantwortungsvoll genug umgehen, kann man daher durchaus stellen.
Ein wichtiges Thema in diesem Wahlkampf sollte die Atompolitik zudem sein, weil die Richtungsentscheidung über ihre Zukunft in Deutschland bald getroffen werden muss. Anders als in der ablaufenden Legislaturperiode lässt sich die Frage nach Korrekturen am Atomausstieg nach der Wahl nicht mehr lange aufschieben. Nach geltendem Recht müssen in den kommenden Jahren die ersten Reaktoren vom Netz. Für den Wähler ist es daher wichtig zu wissen, dass SPD und Union bei aller neuen großkoalitionären Ähnlichkeit in diesem Punkt fundamental verschiedene Positionen vertreten. Insofern trifft es zu, wenn SPD-Umweltminister Sigmar Gabriel die Wahl auch zu einem Plebiszit über den Atomausstieg erklärt.
Das Problem ist daher keineswegs, dass die Sozialdemokraten die Kerntechnologie als Wahlkampfthema hochfahren. Das Problem ist, auf welche Weise sie das tun.
So amateurhaft sich Vattenfall im Umgang mit dem erneuten Zwischenfall in Krümmel auch anstellt - Fakt ist nach jetzigem Kenntnisstand, dass kein Sicherheitsrisiko für die Bevölkerung bestand. Wer die Atomdebatte ehrlich führen will, darf daher nicht den gegenteiligen Eindruck vermitteln und damit Ängste in der Bevölkerung schüren.
Ebenso notwendig wäre es, ein realistisches Konzept vorzulegen, wie Deutschland bei einem Festhalten am Atomausstieg seine Stromversorgung sicherstellen und zugleich seine Klimaschutzziele einhalten soll, solange die erneuerbaren Energien noch nicht so weit sind. Hier drückt sich die SPD um eine klare Aussage. Auf der anderen Seite fürchtet aber auch die Union die Sprengkraft des Themas zu sehr, als dass sie trotz guter Argumente in der Sache offensiv die Debatte sucht.
Für die Entscheidung über den künftigen Energiemix ist es wenig hilfreich, wenn der Umweltminister mit einer symbolischen Reise nach Tschernobyl auf die Risiken der Atomkraft hinweist. Auch der Klimaschutz steht hierzulande nicht deshalb weit oben auf der Agenda, weil Gabriel die Patenschaft für Eisbär Knut übernommen hat.
  • Aus der FTD vom 10.07.2009
    © 2009 Financial Times Deutschland
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