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Die Organisation für Sicherheit und Zusammenarbeit in Europa (OSZE) hat die Gewalt im Süden Kirgistans als "versuchte ethnische Säuberung" verurteilt. Der Hohe Kommissar für nationale Minderheiten der OSZE, Knut Vollebaek, sprach nach einem kurzfristig einberufenen Treffen in Wien von einer "dramatischen Entwicklung". Usbeken würden von kirgisischen Gruppen systematisch angegriffen. Es gebe Morde und Plünderungen. Die Organisation warnte eindringlich vor einer weiteren Eskalation der Gewalt.
Die kirgisische Übergangspräsidentin Rosa Otunbajewa habe trotz ihrer "guter Absichten" nicht die Macht, in ihrem Land Recht und Ordnung durchzusetzen, teilte die OSZE mit. Vollebaek rief den Weltsicherheitsrat zu einem dringenden Treffen auf und forderte sofortige Maßnahmen, "um die öffentliche Sicherheit und die Rechtsstaatlichkeit wiederherzustellen". Die 56 Mitgliedstaaten der OSZE boten einstimmig ihre Hilfe an, um die kirgisische Krise zu lösen und eine Ausweitung des ethnischen Konflikts in der Region zu vermeiden.
Angesichts der blutigen Übergriffe evakuierte das Auswärtige Amt 89 Europäer und andere Ausländer aus der südlichen Stadt Osch. Die Ausländer seien in der Nacht in die Hauptstadt Bischkek ausgeflogen worden, sagte Außenminister Guido Westerwelle in Berlin. Die deutsche Botschaft sei die einzige EU-Vertretung in Bischkek und habe daher die Organisation der Aktion übernommen. Die deutschen Diplomaten hätten dabei eng mit der US-Botschaft zusammengearbeitet. Westerwelle rief erneut alle Konfliktparteien dazu auf, die Gewalt zu beenden.
Trotz der blutigen Kämpfe will die Übergangsregierung an der geplanten Volksabstimmung über eine neue Verfassung am 27. Juni festhalten. "Das Land braucht eine Zukunft", sagte die Regierungschefin Otunbajewa. Erstmals räumte sie ein, dass die Zahl der Toten vermutlich um ein Vielfaches höher liege als die offiziell bestätigten 171 Opfer.
Der Konflikt zwischen Kirgisen und usbekischer Minderheit sorgt zunehmend für eine Tragödie: Zehntausende Usbeken sind auf der Flucht vor Kämpfen in den Städten Osch und Dschalalabad (häufig auch Dschalal-Abad geschrieben). Die Zahl der Flüchtlinge könnte bald auf 100.000 steigen, teilte ein UN-Vertreter in der Hauptstadt Bischkek mit. Usbekistan gibt die Zahl der registrierten Flüchtlinge mit 45.000 an, das Internationale Komitee vom Roten Kreuz (IKRK) sprach von 80.000 Flüchtlingen, von denen 15.000 an der Grenze aufgehalten würden.
Weil der Flüchtlingsstrom nicht abreißt, schloss Usbekistan seine Grenze. "Wir haben einfach keine Kapazitäten mehr", wird der usbekische Vize-Regierungschef Abdulla Aripow zitiert. Um der Lage Herr zu werden, bat Usbekistan um Hilfe: Nötig seien vor allem Medikamente, Betten und Verbandsmaterial für die vielen Verletzten, teilten die Behörden mit. Die Menschen wurden in Zeltlagern, in Schulen und Kindergärten und Krankenhäusern des Gebiets Andischan untergebracht.
Um die Lage in Kirgistan zu beruhigen, schließt Russland inzwischen einen militärischen Einsatz nicht mehr aus: Die Organisation des Vertrags über Kollektive Sicherheit (OVKS), ein von Russland geführtes Militärbündnis in der Region, habe einen Anti-Krisen-Plan für das zentralasiatische Land ausgearbeitet, sagte der russische Sicherheitsratschef Nikolai Patruschew. Ziel sei es, die tagelangen ethnischen Zusammenstöße zwischen Kirgisen und Usbeken zu beenden. Ob Truppen in das zentralasiatische Land entsendet werden sollen, ist unklar. Laut Nachrichtenagentur Reuters wird erwogen, lediglich Militärhubschrauber und -fahrzeuge in das Krisengebiet zu schicken.
Der UN-Sicherheitsrat verurteilte die blutigen Auseinandersetzungen und rief zu einer friedlichen Beilegung des Konflikts auf. Es sei an der Zeit, Nahrungs- und Hilfsmittel in das Krisengebiet zu schicken, mahnte Ratspräsident Claude Heller im Namen der 15 Mitgliedsländer. Die Vereinten Nationen forderten zudem die Einrichtung eines sicheren Korridors für Hilfslieferungen.
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