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  30.06.2010, 10:00    

Fondsgebühren: Kreative Abkassierer

Die Fondsbranche rühmt sich, transparent zu sein und die Kosten offenzulegen. Im Vergleich zu anderen Anlagen mag das stimmen. Beim Auftun neuer Einnahmequellen sind die Investmenthäuser allerdings ideenreich. Capital entlarvt sechs teure Tricks. von Wolf Brandes 
Klare Frage, klare Antwort: "Nein", sagte James Dilworth, neuer Chef der Fondsgesellschaft Allianz Global Investors (AGI), unlängst im Kreis von Journalisten kurz und knapp auf die Frage, ob seine Firma vorhabe, sich aus dem Geschäft mit Kleinanlegern zurückzuziehen.
Er hätte noch hinzufügen können: Warum auch? Privatanleger sind die Cashcow der Gesellschaft, die der Amerikaner (er lebt seit Jahren in Deutschland und spricht fast akzentfrei Deutsch) seit Oktober 2009 führt. Zwei Drittel der Erträge kommen bei AGI aus dem Geschäft mit Kleinkunden. Und das, obwohl der Anteil der Kleinanleger am Geschäft seit Längerem fällt. Und das, obwohl diese bestenfalls ein Viertel des verwalteten Vermögens beisteuern. Das zeigt, wie lukrativ das Geschäft mit Privatanlegern ist.
Die Gesellschaften arbeiten zielstrebig daran, den Profit mit den Privaten zu erhöhen. In den letzten zehn Jahren stiegen die Fondsgebühren kräftig. Waren deutsche Fonds früher oft günstiger als Konkurrenzprodukte aus dem Ausland, sind heute viele teurer. Berechnete etwa AGI im Jahr 2000 beim deutschen Aktienfonds Concentra noch 0,7 Prozent als Verwaltungsvergütung, sind es heute 1,5 Prozent. Bei 1,5 Mrd. Euro Fondsvolumen macht das zwölf Mio. Euro mehr Gebühren pro Jahr. Mit anderen Worten: weniger Ertrag für die Anleger.
Zu den laufenden Kosten kommt der Ausgabeaufschlag. Er wird beim Kauf fällig und von der Bank oder dem Vermittler kassiert. Verwaltungsgebühr und Ausgabeaufschlag, das sind die sichtbaren Gebühren. Darüber hinaus gibt es weniger bekannte Möglichkeiten, dem Kunden Geld abzuknöpfen. In vielen Fällen erfährt er davon nichts, manchmal greifen die Anbieter sogar zu unfairen Methoden, um ihre Gewinne zu erhöhen. Capital zeigt, wie Anleger die Tricks aufdecken.
Still und leise führten in den vergangenen Jahren Anbieter wie die Dekabank und Union Investment erfolgsabhängige Gebühren ein. Die fallen zusätzlich zu den fixen Vergütungen an. Problem: Die meisten Regelungen sind unverständlich. Wie der Erfolg gemessen und wann abgerechnet wird, ob Vorjahre berücksichtigt werden – das erschließt sich selbst nach Lektüre des Verkaufsprospekts nicht immer. Kassiert wird meist auch dann, wenn der Fonds seine Verluste noch nicht wieder aufgeholt hat. Laut Jahresbericht 2009 liegt etwa der Mischfonds Allianz Flexi Rentenfonds unter seinem Höchststand vom Oktober 2007, die Gebühr wird trotzdem fällig.
Gebührenschub   Gebührenschub
Es geht auch anders: bei Fonds mit einer High-Water-Mark. Hier muss das Portfolio bei einer Kurskorrektur erst den letzten Höchststand wieder überschreiten, bevor die Gebühr fällig wird.
Ein anderer Fall ist der Fonds Deka-Convergence-Aktien. Bei ihm behielt die Gesellschaft erstmals 2009 eine Erfolgsgebühr ein und trieb so die Summe der fixen und variablen Kosten auf 4,2 Prozent hoch. Ungewöhnlich ist die Berechnung: Die Deka bestimmt den Erfolg vor Abzug der Fixkosten. Das kann dazu führen, dass der Fondsmanager den Index schlägt, beim Anleger aber eine Rendite ankommt, die unter dem Index liegt.
Besonders dreist langte Jürgen Kirsch vor fünf Jahren beim Griffin Eastern European zu. Er verlangte eine Performancegebühr, wenn die Rendite des Osteuropa-Aktienfonds über der Geldmarktverzinsung lag. So kam der Fonds auf Kosten von zehn Prozent. Erst nach Protesten kappte Kirsch die Gebühr.
Zu den unredlichen Methoden bei der Performancegebühr zählt auch die halbjährliche Abrechnung. "Je kürzer das Intervall, desto besser für den Anbieter", stellte die Stiftung Warentest in einer Analyse fest und zeigte auf, "dass die verschiedenen Gebührentricks in ihrer Kombination besonders fies wirken".
Selbst Branchenvertreter geben zu, dass viele Erfolgsgebühren nicht sauber sind. "Mit unfairen Gebühren erweist sich die Fondsbranche einen Bärendienst", warnt Ralf Lochmüller, Chef von Lupus alpha, einer kleineren Fondsfirma in Frankfurt. Detlef Glow vom Analysehaus Lipper wird deutlicher: "Fondsgesellschaften dürfen die freie Vertragsgestaltung nicht ausnutzen, indem sie die Bedingungen einseitig ändern und ihre Erträge zulasten der Kunden aufbessern. Dann ist es nur eine Frage der Zeit, bis der Gesetzgeber kommt."
Unterdessen lässt die Verbraucherzentrale Baden-Württemberg prüfen, ob Erfolgsgebühren bei Fonds den Anleger unangemessen benachteiligen. Sollte das so sein, will man die Anbieter abmahnen und im Zweifel gegen sie klagen.
Ob ein Kantinenessen 5,25 Euro oder 5,54 Euro kostet, mag einem Fondsmanager egal sein. Dem Verbraucherschützer vermutlich nicht. Wenn es um den Ausgabeaufschlag, also die Kosten beim Kauf eines Aktienfonds, geht, sehen auch einige Investmenthäuser über solche Differenzen locker hinweg. Das Problem liegt in der unterschiedlichen Berechnung der Kaufkosten in Deutschland und in Ländern wie Großbritannien und den USA. M&G Investments beispielsweise gibt für den M&G Global Basics einen Ausgabeaufschlag von 5,25 Prozent an, bezogen auf die Gesamtsumme des Kapitals inklusive Agio. Dieser Wert sieht niedriger aus als 5,54 Prozent, die sich ergeben, wenn die Provision nach der hierzulande üblichen Nettomethode auf das effektiv investierte Geld angegeben wird.
Aber nicht nur die Angelsachsen verwirren den Kunden beim Ausgabeaufschlag. Die Fondstochter der Deutschen Bank hat für einige Luxemburger Fonds die Berechnung nach der Bruttomethode eingeführt und nennt etwa beim DWS Invest Top 50 Asien einen Ausgabeaufschlag von "bis zu 5,00 %". Erst die Fußnote gibt den Hinweis auf die wahre Kostenbelastung: 5,26 Prozent.
Mehr Klarheit und Transparenz wollte die Fondsbranche mit der Einführung einer Gesamtkostenquote schaffen. Die in der Fachsprache Total Expense Ratio (TER) fasst die laufenden Gebühren zusammen und wird nach Abschluss eines Geschäftsjahrs berechnet. Womit ein Fondsvermögen im Detail belastet wird, zeigt die Ertrags- und Aufwandsrechnung im Jahresbericht. Diese umfasst wie beim DJE-Dividende & Substanz nicht selten zehn Einzelpositionen.
Dabei wird aber nicht immer transparent aufgeschlüsselt, wofür das Geld fließt. So wird mal die Vergütung für einen externen Fondsberater ausgewiesen, mal nicht. "Die Beratervergütungen sind individuell gestaltete Bestandteile der Verträge und werden als solche von uns nicht öffentlich gemacht", heißt es bei Oppenheim zu dieser Frage.
Auch für die großen Unterschiede dieser Posten gibt es selten eine Erklärung. Das ist bei Depotbankgebühren so, die zwischen 0,05 und 0,5 Prozent schwanken. Oder bei Druck-, Veröffentlichungs- und Prüfkosten, die etwa beim Fonds Ökovision 2009 mit 628.496,79 Euro oder rund 0,13 Prozent des Vermögens abgerechnet wurden. Begründung: besonders aufwendige Materialien für die Anleger. Nur: Das ist mehr als das 20-Fache des üblichen Satzes. Er liegt im Schnitt bei weniger als 0,05 Prozent.
Dass der Kauf von Fondsanteilen nicht kostenlos ist, weiß mittlerweile jeder Anleger. Bei den Fonds selbst wiederum scheint es Transaktionskosten nicht zu geben, jedenfalls werden sie nicht veröffentlicht. Zwar führte die Branche 2003 die Gesamtkostenquote ein. Nur: Sie beinhaltet nicht die gesamten Kosten. Die Transaktionskosten erfasst die Kennziffer "entsprechend internationaler Gepflogenheiten" (Union Investment) nicht.
Dicke Rechnung   Dicke Rechnung
Privatanleger zahlen beim Handel von Wertpapieren bei Onlinebrokern Spesen zwischen 0,2 bis 0,3 Prozent, bei Filialbanken im Schnitt ein Prozent.
Und was zahlen Fondsgesellschaften? In Untersuchungen nahm sich die Analysefirma XTP mehrfach die Handelskosten der Fonds vor: Die durchschnittliche Belastung bei Aktienfonds lag in der letzten Auswertung von 2008 bei 0,44 Prozent des Ordervolumens; berücksichtigt wurde dabei auch der Einfluss, den ein Fondsmanager durch seinen Auftrag auf den Kurs hat. Obwohl es die Zahlen also gibt, wollen die Gesellschaften nicht sagen, was sie eine Order kostet. Nicht einmal, ob und welche Umsatzprovision – auch Ticket-Fee genannt – die Depotbank einstreicht.
Zum Geschäft des Fondsmanagers gehören der Kauf und Verkauf von Vermögenswerten. Dafür zahlt der Anleger eine Managementgebühr. Das gilt auch für offene Immobilienfonds. Damit nicht genug: Wenig bekannt ist der Umstand, dass die Gesellschaften bei Kauf und Verkauf von Objekten zusätzlich eine Vergütung von bis zu zwei Prozent erhalten.
Das kann sich summieren. 2007 erreichten die Zusatzerlöse aus Transaktionen beim Degi Europa 21 Mio. Euro – fast so viel wie die reguläre Verwaltungsvergütung. Kein Wunder, dass die Angaben gut versteckt werden: In den Erläuterungen im Jahresbericht findet sich der Hinweis auf "Vergütungen nach § 13 Abs. 2 BVB". Anleger müssen schon in den Besonderen Vertragsbedingungen (BVB) nachlesen, um das zu erfahren.
Nicht nur durch eine geschickte Auswahl von Wertpapieren wollen die Manager von Aktien- und Anleihefonds eine gute Rendite erzielen. Da das Gros der Papiere oft länger im Portfolio bleibt, können Fonds Aktien und Bonds an Banken oder Hedge-Fonds verleihen.
Dafür erhalten sie eine Provision, die aber in der Regel nicht ganz dem Fonds zugutekommt. Genannt wird meist nur der Nettoertrag nach Abzug der Kosten der Fondsgesellschaft. Was die aber an Gebühren durch das Wertpapierleihegeschäft erhält, erfährt der Anleger häufig nicht.
Bei den vielen kleinen Gebühren kommt bei großen Fonds unter dem Strich einiges zusammen. Das Geschäft mit Kleinanlegern bringt viel größere Margen als Deals mit Großkunden, die Gesellschaften drehen weiter an der Gebührenschraube: siehe die Einführung einer Kostenpauschale bei AGI, die die Nebenkosten von Depotbankvergütung bis Prüfkosten zusammenfasst. Das könnte etliche Fonds verteuern.
Ex-Goldman-Sachs-Manager Dilworth hat diese Entscheidung zwar noch nicht verantwortet. Aber auch der gebürtige New Yorker hat sich "strikte Ergebnisorientierung" vorgenommen. Nach günstigeren Fonds klingt das nicht.

Gefunden bei: capital.de

  • 30.06.2010
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