Vor drei Monaten wurde Christian Walliser nach einem Sturz im Raubtierkäfig von seinen Tigern fast getötet. Der Hamburger Dompteur lag drei Wochen mit schweren Verletzungen im Koma - jetzt wagt er das Comeback.
Seine Tiger bedeuten ihm alles: Christian Walliser© stern TV
Es ist der Abend des 8. Dezember 2009: Christian Walliser passiert ein Missgeschick, das ihn fast das Leben kostet. Eigentlich will der erfahrene Dompteur gleich mit seinen Tigern die Gäste einer Dinner-Zirkusshow im Hamburger Tierpark Hagenbeck unterhalten. Doch als die Dressurnummer beginnt, stolpert Walliser - und fällt zu Boden. Sofort stürzen sich drei seiner Tiger auf ihn und verbeißen sich in seinem Körper. Erinnern kann er sich daran nicht mehr: "Ich habe es im Kopf knacksen gehört, danach weiß ich nichts mehr", sagt der 29-Jährige heute, drei Monate nach dem Unfall.
Für die Tiere war der Sturz ein falsches Signal. Sie seien eben ihren Instinkten gefolgt, erklärt der Dompteur rückblickend das Verhalten seiner Tiger. "Es war mein Fehler", sagt er, "ich habe vor dem Sturz nicht genug Abstand gehalten." Die Tiger brechen Wallisers Schädel und sein Becken, trennen ihm fast die Hand ab und fügen ihm eine riesige Rückenwunde zu. Der erfahrene Tigerdompteur kommt sofort ins Krankenhaus. Dort kämpfen die Ärzte um sein Leben: Sechs Operationen muss Walliser überstehen, dreieinhalb Wochen lang liegt er im Koma.
Doch schon zehn Tage, nachdem er aus dem Koma erwacht ist, verlässt der 29-Jährige auf eigenen Wunsch das Krankenhaus. "Ich wollte wieder bei meinen Tigern sein", sagt er. Den alten Beruf an den Nagel zu hängen und etwas anderes, weniger gefährliches zu machen, das war in keinem Moment eine Option für Christian Walliser: "Ich möchte nur mit Tieren arbeiten", sagt er.
Der Dompteur verzichtet sogar auf die übliche Reha, um möglichst schnell wieder arbeiten zu können. "Für mich ist es die beste Medizin,", sagt er, "ich will bei meinen Tigern sein und nicht mehr groß über den Unfall nachdenken." Auch auf das Geld, das er für eine Auftritte bekommt, ist er angewiesen: Walliser arbeitet freiberuflich, hat kein festes Gehalt. Durch die unfallbedingte Zwangspause sind seine Ersparnisse aufgebraucht.
Dass er noch immer mit den Folgen der Attacke zu kämpfen hat, daran versucht der Dompteur nicht zu denken. "Es geht halt alles noch etwas langsamer" sagt er. Aber das sei okay. Die Hand, die ihm die Tiere fast abgetrennt haben, ist noch nicht voll bewegungsfähig. Gegen die Schmerzen nimmt er noch immer Morphium. Und wenn er etwas nicht tragen kann, dann müssen ihm seine Kollegen im Zirkus helfen. Doch der 29-Jährige gibt sich optimistisch: "Ich merke täglich, wie es besser wird."
Seine Tiere hätten ihre Dressur durch die Zwangspause nicht vergessen, freut sich der Dompteur, "das ist für die Tiger wie Fahrradfahren für uns." Vor einigen Tagen dann der erste Auftritt nach dem Unfall: Christian Walliser steht wieder in der Manege. Zusammen mit Raubtieren, die ihm alles bedeuten - und ihm fast alles genommen hätten.