In Vechta hat eine Lehrerin eine 16-Jährige verklagt, weil auf der Tafel eine Hasenzeichnung prangte. Das Gericht nahm den Schülerscherz sehr ernst und wollte klären, ob die Lehrerin vielleicht an einer Hasenphobie leidet. Nun endlich gibt es ein Prozessergebnis. Von Sönke Wiese
16-jährige Schülerin Kim P.: Eine Lehrerin verklagte sie wegen einer Hasenzeichnung© Ingo Wagner/DPA
Zugegeben, Lehrer haben mitunter einen harten Job. Was haben wir sie getriezt, uns für fiese Spitznamen ausgedacht und ihnen gemeine Sachen hinterher gerufen. Was haben wir in den Pausen gelästert und ihnen nicht alles angedichtet. Manchmal trieben wir es besonders bunt und kritzelten noch vor der ersten Stunde die Tafel voll, meistens mit allerlei pubertären Schweinkram. Ui, was haben wir uns da für dicke Dinger geleistet!
Und die Pauker? Wischten das Schmuddelzeugs entweder einfach nur weg, bekamen einen Tobsuchtsanfall oder zitierten uns im schlimmsten Fall zum Schulleiter. Manche reagierten wirklich etwas humorlos und dünnhäutig.
Doch wie es aussieht, hatten wir damals noch Glück. Wir können wohl froh sein, dass wir die Schule nicht mit einem dicken Vorstrafenregister verließen und unsere Eltern mit dutzenden Schadenersatzforderungen in den wirtschaftlichen Ruin getrieben hatten. Denn ein Fall aus Vechta zeigt: Heutzutage werden Schüler schon für sehr viel harmloseren Schabernack nicht zum Direktor gezerrt - sondern direkt vor Gericht.
Eine Deutsch- und Erdkundelehrerin hat eine 16-Jährige verklagt, weil eines morgens auf der Tafel die Zeichnung eines Hasen prangte. Die Schülerin soll ihren Klassenkameraden erzählt haben, die Lehrerin "drehe durch" beim Anblick der Rammler. Tatsächlich sagte eine Zeugin laut Bild-Zeitung: "Als die Lehrerin die Zeichnung sah, ist sie heulend rausgelaufen. Doch das war nicht das erste Mal. Ich denke, sie hat wegen des Hasen geweint." Gerüchte waberten über die Schulflure, seit dem Tod eines ihrer Tiere sei die Lehrerin traumatisiert.
Eines ist jedoch klar: Bei Langohren versteht sie keinen Spaß. Sie strengte kurzerhand eine sogenannte Ehrenschutzklage an: Die Schülerin dürfe nicht mehr behaupten, dass ihre Lehrerin an einer Hasenphobie leide und auch keine entsprechenden Zeichnungen mehr an die Tafel malen. Bei Zuwiderhandlungen könnten dann bis zu 5000 Euro Strafe fällig werden.
Die Richter des Amtsgerichts Vechta nahmen die skurrile Sache durchaus ernst und wollten entscheidende Fragen klären: Lag hier eine gezielte Mobbingaktion der Schülerin vor? Leidet die Lehrerin womöglich tatsächlich an einer Hasenphobie?
Bereits an einer früheren Schule der Pädagogin hatte es einen ähnlichen Zwischenfall gegeben, auch damals hatte die Lehrerin eine Schülerin verklagt. Das Verfahren endete mit einem Vergleich. Doch die Mutter der diesmal Beklagten gab sich kämpferisch. Sie beteuerte, ihre Tochter habe mit den Zeichnungen nichts zu tun gehabt und die Mitschüler auch nicht aufgestachelt. Sollten die Richter tatsächlich der Lehrerin folgen, würde sie in jedem Fall in die nächste Instanz gehen: "Man kann Kinder nicht so fertig machen."
Doch soweit kam es dann nicht. Nach drei Verhandlungstagen wies das Amtsgericht die Klage schließlich ab. Über den mentalen Zustand der Lehrerin ist noch nichts überliefert. Bleibt zu hoffen, dass die Schülerhänseleien nicht noch ein Fall für Amnesty International werden.