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  20.07.2010, 18:37    

Out of Office: Guerillakrieg zum Anfassen

Im Kampf gegen Israel probiert die Hisbollah ein neues Konzept aus: Dschihad-Tourismus. Einen alten Stützpunkt wandelte sie daher in ein Museum um - herausgekommen ist eine Art islamistisches Disneyland. von Gabriela Keller, Mleeta
Für einen Touristenführer gibt sich Abu Hassan erstaunlich mundfaul. "Ich bin nicht autorisiert, Fragen zu beantworten", sagt er. Erst nachdem er die Ausweise und Pässe der Besucher kontrolliert hat, ist er dann doch bereit, Auskunft zu geben. Ungewöhnlich, sicher, aber was ist in Mleeta schon gewöhnlich? Hier testet die Hisbollah seit kurzem ein neues Konzept: Siyahha jihadiya oder, auf Deutsch, "Dschihad-Tourismus".
Herausgekommen ist dabei eine Mischung aus Open-Air-Kriegsmuseum und islamistischem Disneyland. Das südländische Mleeta war Mitte der 80er-Jahre einer der ersten Orte, die die Gotteskrieger als Stützpunkt für ihre Operationen nutzen. Kurz zuvor hatte sich die Hisbollah als Widerstandsgruppe gegen die damalige israelische Besatzung des Libanon formiert. Eine Reihe blutiger Anschläge führte letztlich 2000 zum Abzug der Truppen - ein Erfolg, dessen zehnten Jahrestag die Islamistengruppe mit der Eröffnung der Anlage feierte.
Erinnerungsfotos vor Panzern und Bunkeratmosphäre: Das ...   Erinnerungsfotos vor Panzern und Bunkeratmosphäre: Das Open-Air-Museum der Hisbollah bietet Guerillakrieg zum Anfassen
"Es ist eine Idee, mit der wir den Menschen die Geschichte der Region nahebringen wollen", sagt Abu Hassan. "Dem israelischen Feind wollen wir zeigen: Wir sind bereit."
Es ist laut, voll und bunt wie in einem Vergnügungspark. Familien drängeln in Grünanlagen durcheinander, Jugendliche fotografieren einander vor Raketen, kleine Kinder klettern über Sandsäcke. Der Rundgang über das mehr als 60.000 Quadratmeter große Areal beginnt am "Abgrund", einer gewaltigen Installation, die den Niedergang der israelischen Armee symbolisieren soll.
In dichten Trauben ziehen die Ausflügler einen Spiralweg herunter, der sich um ein Bild der Verwüstung windet: Zerfetzte Panzer liegen umgestürzt auf einer anthrazitgrauen Ebene, dazwischen Soldatenstiefel, verdrehte Waffen, Schutt und ein Grabstein - er trägt israelische Armeeabzeichen.
Weiter geht es durch einen Wald. Im Dickicht sind mit lebensgroßen Puppen in Camouflageuniform Gefechtsszenen nachgestellt: Ein Hisbollah-Kämpfer bereitet eine Rakete vor, ein anderer schneidet Stacheldraht zurecht, in einem Lazarettzelt wird ein Verwundeter versorgt. Es folgt ein weitläufiges Tunnelsystem. Feldküchen, Waffenlager, Bunker - Kulissen, vor denen sich die Hisbollah als Truppe zäher Fußsoldaten präsentieren kann. Tatsächlich aber wirft der Park ein Licht auf ein Dilemma, vor dem die Organisation steht: Sie legitimiert sich durch den bewaffneten Widerstand gegen Israel, kann sich nach dem verheerenden 33-Tage-Krieg 2006 derzeit aber keine neuen Angriffe leisten - die Grenze ist so ruhig wie seit Jahrzehnten nicht.
Martialisch hingegen mutet die Halle an, durch Mohammed Ghaddar mit seiner Familie flaniert: Sie ist voller Waffen. Ghaddar ist aus einem Nachbardorf angereist, um sich die Stätte anzuschauen. Der Eintrittspreis ist mit 2000 libanesischen Lira (1 Euro) so niedrig, dass ihn sich auch die Ärmsten leisten können. "Das ist eine M16", erklärt er seiner dreijährigen Tochter. "Der Widerstand gibt uns das Gefühl, sicher zu sein vor den Angriffen Israels", sagt er, und mit Tränen in den Augen fügt seine Frau hinzu: "Das, was wir hier sehen, das ist unser Leben."
Auch George Nader ist von dem Park tief beeindruckt. Er ist libanesischer Christ und lebt eigentlich in den USA. "Es ist gut zu wissen", sagt er, "wie viel Blut, Schweiß und Tränen der Widerstand in die Befreiung unseres Landes gesteckt hat." Dann wendet er sich an einen Wärter und fragt, warum die Hisbollah mit der Anlage ihr aufwendig angelegtes Tunnelsystem dem Wissen Israels preisgibt. Der Wärter lächelt und antwortet: "Dieser Stützpunkt stammt aus dem Jahr 1985. Es ist nichts im Vergleich zu den Anlagen, über die wir heute verfügen. Und genau das ist Botschaft, die wir Israel übermitteln wollen."
  • 20.07.2010
    © 2010 Financial Times Deutschland

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