Mittwoch, 14. Juli 2010

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Die Welt zu Gast am Life Ball

Schluss mit lustig: Ein Mal im Jahr tol(l)erant Zum Hauptartikel

Lachen Sie nicht - aber: Man kann sich seine Fans nicht aussuchen.

Dieter Chmelar Dieter Chmelar DruckenSendenLeserbrief
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Das wissen Schäferhund, Lehár und Vegetarier seit Hitler - der seine "Blondi" am liebsten zu eingängigen Weisen der Lustigen Witwe nach strikt fleischlosen Mahlzeiten streichelte ... Damit zum Life Ball, wo ja die buntesten Hunde und die seltsamsten Pflänzchen dieses Landes (seit bald zwei Dekaden) alljährlich ihre dekadente Fleischbeschau wie eine gütig geduldete Staats-Operette inszenieren.

Das, 1993 noch utopisch anmutende, Ziel des Ball-Vaters - quasi die Republik dazu zu verleiten, Flagge zu zeigen (Stars and Straps) - ist längst erreicht: Von politischen Würdenträgern über Wirtschaftsbosse bis hinunter zur Viertel- und Achtel-Prominenz tanzen alle nach Gery Keszlers Pfeife. Mainstream goes Transe, heißt das Neudeutsch.
Also: Der Netzstrumpf unterm Nadelstreif geht glatt als avantgardistisches Statement durch.

Adabeiläufigkeit: Westenthaler und Grosz als rostige Randfiguren der Life-Ball- Prominenz Adabeiläufigkeit: Westenthaler und Grosz als rostige Randfiguren der Life-Ball-ProminenzMit einem Wort: "Man" traut sich was. Aber: Ist dem Charakter-Kostüm unterm Fummel auch tatsächlich zu trauen? Ich fürchte: nein.

Der Life Ball - eine Idee, die so ganz und gar unösterreichisch aufging - also nicht, wie André Heller heillosen heimatlichen Hirngespinsten einmal nachsagte, "zur Tat schrumpfte" - hat ohne jeden Zweifel internationalen Stellenwert.

National freilich, so scheint's, tritt sein Wert auf der Stelle. Wir sind weder weltoffener noch toleranter geworden in diesen 17 Jahren. Im Gegenteil: Es ist uns heute weit ungenierter "nichts Fremdes menschlich" als "nichts Menschliches fremd".

Viele, die nachts am Life Ball (in ähnlicher Stimmung wie beim Villacher Fasching) "die Sau" rauslassen, treiben tagsüber Andersartige - wie Arigona Zogaj - gern als ebensolche durchs Dorf und hinaus aus dem Land. Als lustvolles erzieherisches Instrument hat also (auch) der Life Ball "versagt".

Homosexualität schlicht zu akzeptieren - wenigstens so wie Linkshändigkeit oder die Vorliebe für, sagen wir, Rotwein -, findet hierzulande allenfalls im Witz, präziser: in der Stammtischzote, statt. Ja, sowas gibt's. Aber seit dem Life Ball finden wir's halt nimmer widerlich, sondern - ein Mal im Jahr - lustig. So tauchten dort auch Typen wie Westenthaler oder Grosz auf, die für den exakten Gegen-Entwurf jeder Life-Ball-Philosophie stehen. Dass sich auch rostige Randfiguren adabeiläufig zuwidrucken, bleibt aber bloß burleskes Beiwerk in der Bilanz einer bravourösen Bemühung.


Artikel vom 10.07.2010 15:16 | KURIER | Dieter Chmelar


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