Donnerstag, 12. August 2010

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Frühstück mit Bernd Schlacher

Wiens umtriebigster Lokal-Besitzer (Motto, Halle) über die neue Schiffstation, guten Schweinsbraten und wenig Schlaf.

Bernd Schlacher am Frühstückstisch DruckenSendenLeserbrief
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Der Lift hält direkt in der Wohnung. Was heißt Wohnung? Im Dachgeschoß eines Altbaus im 6. Wiener Gemeindebezirk hat sich Bernd Schlacher ein 300 Quadratmeter-Reich nach seinen Plänen gestalten lassen: Mit Sauna und offenem Kamin und moderner Kunst und vier Fernsehern, mit dunklem Boden und hellen Möbeln und einer Terrasse mit Aussicht aufs "Haus des Meeres" bis hin zur Rax. Seit drei Jahren teilt er diese Wohnung mit seiner derzeitigen Beziehung.

Der Hausherr ist müde. "Ich bin schon zu alt für 16 Stunden Arbeit am Tag", sagt der 45-Jährige. Dafür sieht er erstaunlich frisch aus. Die Stimme ist tief und sonor, das Hemd offen; barfuß steht er in der Küche und macht Kaffee, daneben surrt der Computer, "der läuft den ganzen Tag". Auch während des Frühstücks huscht der Blick immer wieder auf eintrudelnde eMails.

Geheime Geständnisse

Bernd Schlacher mit Kaffeetasse Kein Frühstück ohne Cappuccino und Bio-Müsli.Seit 25 Jahren ist Schlacher in der Gastronomie tätig ("ich habe drei Viertel meines Lebens in der Nacht verbracht"), zuerst als Kellner, mittlerweile als Chef über 280 Mitarbeiter. Er kennt Politiker und Promis und deren (sehr) Privates. "Ich könnte ein Buch schreiben über das, was nach Mitternacht oder Sperrstunde passiert ist." Tut er aber nicht. "Ich habe eine Art Schweigepflicht."

"Szene-Gastronom" wird er gerne genannt; einer, der Wien mit seinen Lokalen erst so richtig "hip" gemacht hat - egal ob Motto , Halle im Museumsquartier, Kunsthallencafé am Karlsplatz oder Motto am Fluss , das Anfang Juli eröffnet hat. Schlacher selbst kann mit der Bezeichnung "Szene-Gastronom" gar nichts anfangen. "Szene? Welche Szene? Es gibt so viele verschiedene Szenen. Ich bin nur ein Wirt, ein moderner Kirchenwirt. Die Gäste sollen sich in den Lokalen einfach wohl fühlen."


Bernd Schlacher Sein jüngster Coup: Das "Motto am Fluss" bei der neuen Schiffstation "Wien-City" auf dem Donaukanal.Und das tun sie. Das Motto ist seit 20 Jahren ausgebucht, und im Motto am Fluss muss man bereits zwei Wochen vorreservieren, weshalb die Telefonleitung auch schon drei Mal zusammengebrochen ist.

Sein Erfolgsgeheimnis? "Meine Lokale sind anders. Mir macht es Spaß, querzudenken. Alles, was gleich bleibt, langweilt mich." Und so bewarb er sich vor zwei Jahren um die Neuerrichtung der Schiffsanlegestelle der Twin City Liner auf dem Wiener Donaukanal. Nicht überraschend, dass er den Zuschlag erhielt. Planungszeit: eineinhalb Jahre. Kosten: 1,8 Millionen Euro. Entstanden ist ein Gastronomiebereich mit knapp tausend Quadratmetern auf zwei Etagen, mit Restaurant, Bar, Café und Shop. "Etwas Neues zu kreieren ist wie eine Geburt: Es ist anstrengend und oft schmerzhaft, aber letztlich hat man ein totales Glücksgefühl."

Auch wenn das bedeutet, im Moment 80 bis 90 Stunden in der Woche alle Hände voll zu tun zu haben, und das im wahrsten Sinn des Wortes: So sieht man den Chef derzeit höchstpersönlich servieren und abräumen. "Der Beruf ist ein Nachtgeschäft, es gibt keine Wochenenden und keine Feiertage. Da brauche ich Yoga und Sport als Ausgleich, sonst würde ich mein Arbeitspensum nicht schaffen." Also geht er in den Prater laufen, ins Fitnesscenter trainieren, in die Sauna schwitzen und fährt in der Stadt fast alle Strecken mit dem Rad. Alkohol ist tabu. "Ich möchte nicht mit den Gästen trinken müssen, um meinen Umsatz zu machen."

Alle paar Wochen jettet er für einen Kurztrip in die Metropolen der Welt - nur dort komme er zur Ruhe, sagt er. "Anfangs habe ich alle zehn Minuten im Lokal angerufen, jetzt melde ich mich oft gar nicht mehr." Wobei: Ganz privat ist er auch im Ausland nicht unterwegs. "Ich schaue mir überall Restaurants und Bars an, weil ich wissen will: Wo ist was los? Welche neuen Trends gibt es?" Als nächste Destination steht Tel Aviv auf der Reiseroute, "das soll total hip sein".

Schon mit 15 Jahren zog es den gebürtigen Obdacher (Stmk.) in die Stadt, wo er früh lernte, auf eigenen Füßen zu stehen, weit weg vom Elternhaus. "Der Papa wollte, dass ich so wie er Eisenbahner werde. Da habe ich mir gedacht, wenn schon ÖBB, dann gleich in Wien, weil die Steiermark halte ich nicht aus." In Wien machte er eine Elektromechaniker-Lehre - um am letzten Tag der Ausbildung gleich zu kündigen. "Ich wollte mit Menschen arbeiten, nicht mit Maschinen. "Sein Weg in die Gastronomie. "Es war lässig, wenn man ein Mal im Monat heim gekommen ist und erzählen konnte, was man nicht alles im U4 erlebt hat und wie cool Wien und wie fad die Steiermark ist."

Sonntage in der Kindheit.

Bernd Schlacher auf seinem Balkon Von der Terrasse seiner 300-Quadratmeter-Wohnung in Wien blickt man auf das Haus des Meeres. Bei guter Sicht erkannt man im Süden auch die Rax (NÖ).In der Erinnerung riechen sie nach Schweinsbraten. "Meine Mutter hat schon um sieben Uhr früh mit dem Kochen angefangen. Sie hatte den Wahn, dass sie bei fünf Kindern sonst nicht fertig wird." Wenn im Ofen einmal kein Braten schmorte, wusste er, dass sie zur Oma nach Kärnten fahren würden - "das war sehr schön, denn dort gab's auch immer Schweinsbraten oder Backhendl."

Die Oma gibt's noch immer - aber gute Schweinsbraten immer weniger. "Vor ein paar Monaten haben wir auf dem Weg zu ihr Gasthäuser gesucht, in denen sie noch einen richtigen Schweinsbraten mit Knödeln machen. Ohne Erfolg. Stattdessen verkaufen sie dort jetzt asiatische Gerichte, was ich überhaupt nicht verstehe."

Womit der Gastronom bei einem seiner Lieblingsthemen ist: Ernährung. Er wettert gegen Tiefkühlkost und das Diktat großer Lebensmittelkonzerne und hält ein Plädoyer für gesunde, biologische Kost aus Österreich. Und genau das findet sich auch auf seinem Frühstückstisch: Bio-Müsli mit Soja-Joghurt, und Bio-Rhabarber-Marmelade auf selbstgebackenem Slowfood-Brot.

Ausgedämpft - Auf dem langen Esstisch liegt aber auch ein Packerl Gauloises , zwei Zigaretten sind noch drinnen - und sollen es auch bleiben. Vor drei Wochen hat Schlacher mit dem Rauchen aufgehört. Wieder einmal. "Ich kann nur ganz oder gar nicht. Null oder 40." Jetzt eben null und Nicorette. Und die Erkenntnis: "Rauchen ist nicht mehr Lifestyle." Obwohl er als Geschäftsmann weiß, dass Raucher abends auch mehr (Alkohol) konsumieren, wäre er für ein komplettes Rauchverbot in der Gastronomie - allerdings nicht mit dem Fanatismus, wie er etwa in den USA betrieben wird. "Dort darf man nicht einmal mehr auf den Gehsteigen rauchen, das ist krank."

Sonntagsfragen

Mein erster Gedanke beim Aufwachen
Super - einmal Ausschlafen!

Frühaufsteher oder Langschläfer?
Ich stehe gerne früh auf, wenn ich nicht arbeiten muss und schlafe gerne lang,
wenn ich arbeiten muss.

Der erste Blick in den Spiegel
Geht noch ...

Tee oder Kaffee?
Cappuccino und ein Glas Wasser.

Das schönste Frühstück wäre mit
US-Präsident Barack Obama.

Meine Sonntagslektüre
Der KURIER ist die einzige Zeitung, die ich jeden Tag lese.

Ein Ort, an dem ich gerne frühstücke
Im Bett.

Den Appetit verdirbt mir
Wenn schon in der Früh jemand vom Lokal anruft und sagt, der Geschirrspüler ist
kaputt.

Meine liebste Sonntagsbeschäftigung
Lange frühstücken, Zeitung lesen, dann ins Fitnesscenter gehen und am Nachmittag vor dem Fernseher liegen. Aber diese Sonntage sind leider die Ausnahme ...

Sonntags trage ich ...
Daheim Schlabberhosen.

Den Sonntag lasse ich ausklingen mit
"Tatort" oder "Im Zentrum".

Mein Luxus am Sonntag ist
Manchmal nicht zu arbeiten.

Am liebsten esse ich
Das eigens gebackene "La Marianne" Brot.

Auf keinen Fall esse ich
Sauhaxlsuppe.

Artikel vom 01.08.2010 10:49 | KURIER | Niki Nussbaumer

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