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11.08.2010

Diskussion: “Polizei unabhängig kontrollieren”

von Ron Steinke

Nun ist das Fachgespräch im bayerischen Landtag zwar schon einige Tage her, erwähnt werden soll es hier wegen des wichtigen Themas aber unbedingt trotzdem. Dass eine unabhängige Kontrolle der Polizei in Deutschland bislang schmerzlich fehlt, ist hier oft Thema gewesen, um Lösungansätze ging es am 16. Juli in München. Lesenswert ist z.B. der Bericht des Podiumsgastes und Strafrechtlers Henning Ernst Müller bei Beck Blogs (mit zahlreichen guten links).

Auf Einladung der Grünen diskutierten u.a. eine Vertreterin von Amnesty International, der Strafrechtsprofessor Müller und ein Commissioner der britischen ipcc, einer seit fünf Jahren operierenden unabhängigen Behörde, die Beschwerden gegen die britische Polizei nachgeht.

Zu den strukturellen Problemen, welche die derzeitige “Selbstkontrolle” der Polizei in den Augen vieler Beobachter ein bisschen absurd machen, ist aktuell übrigens wieder ein ausgezeichneter Überblicks-Artikel von Tobias Singelnstein (FU Berlin) in der CILIP (Ausgabe 1/2010) erschienen.

10.08.2010

Die netten Damen von Google

von Wolf Schmidt

Vor einigen Tagen habe ich hier nach Ideen gesucht für unsere Sommerserie “Datenkraken”. In meinem Aufruf fragte ich , ob irgendwer Ideen habe und schilderte kurz, was wir grob vorhaben. Dabei erwähnte ich, dass wir uns auch mit Google beschäftigen wollen.

Am Tag darauf erreichte mich folgende Mail von einer netten Dame, die für Google die Pressearbeit macht:

“Hallo Herr Schmidt,

via http://blogs.taz.de/ctrl/2010/08/03/ideen_irgendwer/ bin ich auf Ihren Aufruf zur Sommerloch-Themensuche aufmerksam geworden. Zur
Erklärung: Wir, a+o, sind Google’s PR-Agentur in Deutschland. Da Sie ja das Thema “Datenkraken” auch in Bezug auf Google betrachten wollen, die Frage: Kann ich Sie ggfs. mit Informationen und/oder einem Gesprächspartner dazu unterstützen?”

Das nenne ich mal aktive Pressearbeit. Als “Datenkrake” möchte Google offenbar nicht dastehen. Ich habe der Dame zurückgeschrieben, dass wir an Informationen und Gesprächspartner natürlich immer interessiert sind. Infos, Gespräche – wer sollte dagegen etwas haben?

Der erste Teil der Sommerserie ist übrigens schon vor ein paar Tagen erschienen. Es geht dabei um die Flut an Cookies, die uns ausspähen. Den zweiten Teil gibt es demnächst.

03.08.2010

Ideen? Irgendwer?

von Wolf Schmidt

Liebe CTRL-Leser,

das Sommerloch schlägt zu und damit die taz es nicht mit Sinnlosigkeiten schließt, planen wir eine kleine Serie mit dem Arbeitstitel “Datenkraken”. Wir werden über Google und facebook, die Schufa, Cookies und Rabattkarten, Elena und Vorratsdaten schreiben. Und gerne über Themen, die Euch darüber hinaus noch interessieren.

Anregungen? Ideen? Irgendwer? Gerne hier als Kommentar. Oder an wolfschmidt (at) taz (punkt) de.

01.08.2010

Constanze Kurz: In den Fängen der Adresshändler

von Daniel

Constanze Kurz, eine der SprecherInnen des Chaos Computer Club schreibt regelmäßige Kolumnen für die Sonntaz, das Wochenendmagazin der taz. Die aktuelle dreht sich um: angebliche sichere Elektropost

Sind Sie über 18 Jahre, haben einen Wohnsitz in Deutschland und besitzen ein Mobiltelefon? Dann dürfen Sie mitmachen beim kostenpflichtigen Maildienst “E-Post-Brief” der Deutschen Post.

Das ist der mangels Interesse gescheiterte Vorläufer “ePost” in neuem Gewand. Gleich bleibt nur die Desinformation nicht nur der Kunden, sondern auch der Postangestellten. Denn die klaffende Lücke zwischen den Behauptungen der hochpolierten Werbung und dem, was die detaillierte Lektüre der AGB ergibt, ist offenkundig.

Beeilt man sich, kann man nun endlich “mandy.schulze329″ heißen. Doch die Adressen dürfen auch, wenn man kein Häkchen setzt, weiterverkauft werden. Schließlich ist die Post einer der größten deutschen Adresshändler.

United Internet, Betreiber von GMX und Web.de, und die Telekom haben einen ganz ähnlichen Plan. Auch sie wollen der Gratismail eine Bezahlvariante zur Seite zu stellen: De-Mail. Die Prämisse hinter beiden Angeboten: Normale E-Mails seien nicht geeignet für geheimzuhaltende Nachrichten. Außerdem sei nicht zweifelsfrei zu ermitteln, ob der Inhalt auf dem Weg vom Absender zum Empfänger unverändert geblieben ist. Es wird sogar ernsthaft argumentiert, mit dem E-Pöstchen ließe sich Spam bekämpfen. Daher muss sich der Kunde ausweisen, die Post nennt das “De-Ident”. Zusätzlich wird eine Art Dateientresor angeboten, der in einem weiteren Anfall von Sprachvergessenheit “De-Safe” heißt.

Papierscheue Digitalbürger möchten sich eigentlich freuen, demnächst mit Behörden digital kommunizieren zu können. Nie wieder verlegte Briefe, durch Wasserschaden oder Hundebiss unlesbar gewordene Korrespondenz, alles bequem und elektronisch durchsuchbar in der Inbox. Leider mit unangenehmer Nebenwirkung: Behörden erwarten dann auch, dass man täglich nach elektronischen Einschreiben Ausschau hält.

Behördenkommunikation muss dabei nicht unbedingt dem dialogischen Prinzip folgen. Strafverfolger können, mit oder ohne Richterstempel, heimlich E-Post mitlesen. Auch der Abschaum der Juristenzunft, der das Abmahngeschäft als Lebensunterhalt betreibt, kann die Herausgabe verlangen. Da helfen keine kryptografischen Methoden, denn der Anbieter, nicht der Versender hat Hoheit über die Schlüssel.

Jeder kann übrigens auch völlig kostenfrei verschlüsselte und signierte E-Mails versenden. Sie sind sicher gegen unerwünschte Mitleser durch Verschlüsselung vom Sender zum Empfänger – ohne kostenpflichtiges Sicherheitsrisiko “De-Mail” in der Mitte. Doch wenn die Einwohnermeldeämter, Banken oder Großhändler beginnen zu verkünden, dass die neuen Bezahlmails angenommen werden, ist der Schritt nicht weit, nur noch auf diesem Wege elektronisch zu kommunizieren. Die Teilnahme ist derzeit noch freiwillig.

Andere Kolumnen von Constanze Kurz, wenn auch leider längst nicht alle, findet man hier.

Bildquelle: hier

@Juko: Absicht? Könnte sein, oder?

30.07.2010

Swift: Datenschützer Schaar regt sich auf

von Wolf Schmidt

Viel bringen wird der Protest nicht mehr. Denn am Sonntag tritt das neue Swift-Bankdatenabkommen der EU mit den USA in Kraft. Selbst das EU-Parlament hat sich nach einem Aufstand vor mehreren Monaten am Ende nicht mehr groß wehren wollen.

Der Bundesdatenschutzbeauftragte Peter Schaar regt sich trotzdem noch mal richtig auf. In einer Pressemitteilung von heute schreibt er:

“Das nun geschlossene Abkommen entspricht nicht dem durch die EU-Grundrechtecharta und die EG-Datenschutzrichtlinie vorgegebenen Datenschutzniveau. Unverzichtbare und bewährte Standards werden unterlaufen.”

Was ihm nicht passt ist z. B., dass die meisten der übertragenen Daten von völlig unbescholtenen Bürgern sind. Die Speicherdauer von fünf Jahren hält er für unverhältnismäßig. Und dann ist da noch die Rolle der EU-Polizeibehörde Europol als angeblicher Kontrolleur. Schaar:

“Für pikant halte ich es, dass ausgerechnet Europol darüber wachen soll, dass nicht zu viele Daten in die USA übermittelt werden, also eine Behörde, die von den US-Diensten mit den aus dem Datenbestand gewonnenen Erkenntnissen versorgt werden soll.”

Vor ein paar Wochen hat er das bei einem Pressegespräch schon so ausgedrückt. “Europol als Datenschutzbehörde”, sagte er. “Da wird der Bock zum Gärtner.”

28.07.2010

Blinde Kameras

von Ilka Kreutzträger

Einen Monat ist es jetzt her, seit das Hamburger Oberverwaltungsgericht (OVG) entschieden hat, dass Haus- und Kneipeneingänge für Überwachungskameras der Polizei tabu sind. Erlaubt ist zwar weiterhin die Videoüberwachung an sogenannten Kriminalitätsbrennpunkten wie auf der Hamburger Reeperbahn. Aber alles, was dort nicht öffentliche Straße oder Platz ist, darf nun nicht mehr gefilmt werden. Gerade in Hauseingängen ließen sich Bewegungsprofile der Bewohner erstellen und das entbehre jeder rechtlichen Grundlage, so das Urteil.

Das ist ein erfreuliches Urteil, auf das eine Mieterin auf der Reeperbahn lange warten musste. 2006 hatte sie zum ersten Mal vor dem Verwaltungsgericht dagegen geklagt, dass eine der Überwachungskameras direkt ihre Wohnung und ihren Hauseingang filmte. Verständlich! Wer will schon beim Sitzen auf dem heimischen Sofa gefilmt werden. Das Urteil damals: Die Kamera musste beim Schwenken über ihre Fenster blind geschaltet werden, der Hauseingang aber durfte weiter gefilmt werden. Sie legte Berufung ein und das OVG verbot jetzt auch das Filmen des Eingangs. Man fragt sich allerdings, wieso sich die Polizei bei diesem Thema auf einen jahrelangen Rechtsstreit einlässt, das ist doch mehr als ungeschickt.

“Wir haben dieses Urteil sofort für alle zwölf Kameras auf der Reeperbahn umgesetzt”, sagte jetzt ein Sprecher der Hamburger Polizei. “Alle Kameras schalten nun automatisch nicht mehr nur bei Wohnungsfenstern blind, sondern auch, wenn sie über einen Hauseingang schwenken.” Das heißt im Klartext: Wer an den Monitoren der zwölf Kameras auf der Reeperbahn sitzt, sieht immer mehr schwarze Flecken. Ob das nun sinnvoll ist? Ob man nicht vor dem Installieren der Kameras 2006 hätte wissen können, dass hier Menschen wohnen, die ein Recht auf ungefilmte Privatsphäre haben? Ob man das Geld, dass nun zum Umrüsten der Kameras nachgeschoben werden muss, nicht sinnvoller vor dem Installieren der Kameras in eine unabhängige Untersuchung investiert hätte, um das wirklich geeignete Mittel zum Lösen der Kiezprobleme zu finden? Eine solche Evaluation hätte ganz bestimmt nicht ergeben, dass eine Kameras die Kiezgänger beruhigen kann.

“Es wäre wünschenswert, wenn dieses Urteil dazu führt, dass in Zukunft vor dem Installieren von Kameras eine Evaluation durchgeführt wird”, sagt auch Nils Zurawski, Professor für Soziologie an der Uni Hamburg, “statt im Nachhinein für viel Geld die Überwachungssysteme nachzubessern.” Aber vorher überlegen scheint beim Thema Kameras bisher nicht so die Sache der Hamburger Polizei zu sein.

28.07.2010

Polizeiliche Filmcrews

von Ron Steinke

Filmcrews der Polizei auf Demonstrationen hat das Berliner Verwaltungsgericht gestern eingeschränkt für rechtswidrig erklärt, wie Svenja Bergt in der taz berichtet:

Für eine Einschränkung des Versammlungsrechts durch eine Videoüberwachung gebe es nur dann eine rechtliche Grundlage, wenn von der Versammlung eine “erhebliche Gefahr für die öffentliche Sicherheit oder Ordnung” ausgeht, erläuterte Michael Dolle, Sprecher des Verwaltungsgerichts. “Wenn man davon ausgehen kann, dass es ein friedlicher Protest wird, darf die Polizei nicht filmen. Insofern hat das Urteil auch Auswirkungen auf andere Demonstrationen.”

Leider entfaltet dieses Urteil allerdings zunächst nur Wirkung für Berlin.

Auf das Urteil, das bereits in schriftlicher Form an die Antragssteller ausgegeben wurde, warte ich gerade noch. In der Zwischenzeit kann man aber schon einmal in einem sehr lesenswerten Artikel von Falko Behrens die juristischen Argumente nachlesen, warum der Grundrechtseingriff des Demonstranten-Filmens – auch über Berlin hinaus – gekippt gehört:

Behrens in Forum Recht: Polizeiliche Dreharbeiten auf Demonstrationen (pdf)

UPDATE: Hier das ganze Urteil mit Begründung als pdf (10 Seiten).

27.07.2010

Policing Krauts

von Ron Steinke

Tipp: Unter dem Titel “Urban Security Work Spaces. Policing the Crisis – Policing in Crisis” findet vom 28.-30. August eine Konferenz in Berlin statt, zu der u.a. der geschätzte Volker Eick (www.Policing-Crowds.org) lädt. Auf den gut besetzten Panels geht es vor allem um die aktuelle “Pluralisierung der Polizeiarbeit” – also die blühende Kontroll-Arbeitsteilung zwischen Polizei, privaten Sicherheitsdiensten, Nachbarschaftspatrouillen usw.

Programm

Anmeldung

26.07.2010

Wikileaks: Neues Kapitel der Mediengeschichte

von Daniel

Der Kollege Wolf Schmidt schreibt gerade an einem Text, von dem ich hier schon mal Teile poste.

Das hat es in der Geschichte der Medien noch nicht gegeben: Ein deutsches Magazin, eine englische und eine US-amerikanische Zeitung werten gemeinsam Tausende geheime Militärdokumente aus – zur Verfügung gestellt von einer Internetseite, die ein australischer Ex-Hacker gegründet hat. Als “Medienpartner” werden der Spiegel, der Guardian und die New York Times auf der Webpage der Whistleblowerplattform “Wikileaks” bezeichnet. Ein Begriff, den man sonst eher von Open-Air-Festivals oder Tennisturnieren kannte.

[...]

Auf den Onlineseiten der New York Times sind die wichtigsten der internen militärischen Meldungen aus Afghanistan nachzulesen, mit einer Kurzusammenfassung und einer Übersetzungen der zahlreichen Kürzel. Der Guardian hat eine interaktive Karte angelegt, in der die aus Sicht der englischen Zeitung 300 wichtigsten Ereignisse des “Kriegstagebuchs” eingezeichnet sind. Und eine weitere Karte, aus der hervorgeht, wann und wo zwischen 2004 und 2009 Sprengvorrichtungen, so genannte IEDs explodierten – insgesamt waren es 16.000.

Ein “Musterbeispiel” einer Zusammenarbeit mit den Medien sei das gewesen, sagte der Sprecher von Wikileaks, Daniel Schmitt der taz am Montag. “Wir haben das Material, aber nicht die Kapazitäten, es auszuwerten.” Vor mehreren Wochen sei man auf die drei Medien zugegangen, so Schmitt. Jetzt haben alle drei zeitgleich eine Analyse der Dokumente veröffentlicht.

Man habe Bedenken gehabt, dass die US-Regierung Druck ausüben könnte, die Veröffentlichung zu verhindern, sagte David Leigh, Chef der Investigativabteilung beim Guardian der taz. Doch die internationale Zusammenarbeit habe gezeigt: “Wir sind unverwundbar.”

[...]

Für Wikileaks ist die Veröffentlichung des “Kriegstagebuchs” zeitgleich ein Befreiungsschlag. Denn nach drei Jahren, in denen die Plattform ein brisantes Dokument nach dem anderen auf den Markt warf – ein geheimes Guantanamo-Handbuch etwa oder Interna zum isländischen Bankenskandal – mussten die Macher im Juni damit umgehen, dass erstmals eine ihrer Quellen enttarnt wurde:

Danach folgen unverständliche Textbausteine, welche der Kollege Schmidt wohl noch sortieren muss. Tarik Ahmia hat einen Text für taz.de geschrieben, der wiederum in einen großen Text auf der Aufschlagseite des Ressorts taz2/medien mit eingearbeitet wird. Darin geht es um Kritik an Wikileaks und wie die Macher dieser begegnen.

21.07.2010

Piraten: Internet ist ein Grundrecht

von Daniel

Nachdem mir der Kollege Ron Steinke mit der Spiegel-Online-Videokamera-Story davongezogen ist, promote ich hier schnell nur mal einen Text der Kollegin Katrin Strohmaier zu einem neuen Positionspapier der Piratenpartei. Den nimmst Du mir nicht mehr weg, Ron. Har har.

U.a. dies schrob Frau Strohmaier über die Piraten:

In einem am Mittwoch vorgestellten Positionspapier fordert sie deshalb, das Recht auf Internetzugang als Menschenrecht zu formulieren und ins Grundgesetz aufzunehmen. Der politische Geschäftsführer der Partei, Christopher Lauer, betonte: “Internet gehört zur Infrastruktur wie Strom.” Deshalb müsse es auch vom Staat für alle BürgerInnen bereit gestellt werden.”