Neue Turbulenzen
FTD-Serie: Die größten Risiken für den Finanzmarkt
Zweineinhalb Jahre nach der Pleite von Lehman Brothers geht es an der Börse wieder aufwärts, die Banken erwirtschaften solide Gewinne. Doch die Krise ist noch nicht ausgestanden. In einer elfteiligen Serie beleuchtet die FTD, wo die Bedrohungen lauern.
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Die neuen Crash-Risiken: Die Angst vor der zweiten Welle
Allen Hilfen zum Trotz fallen die Preise am US-Immobilienmarkt weiter - das Ende der Talfahrt ist nicht in Sicht. Die meisten Amerikaner können trotz Hilfsprogramm ihre Raten nicht bezahlen.Er ist der Ursprung der Finanzkrise und stellt noch immer eine so große Gefahr dar wie zu deren Beginn: der Preisverfall am amerikanischen Immobilienmarkt. Zwar beherrscht derzeit die brisante Gemengelage aus dauerhaft hoher Arbeitslosigkeit, Rezessionsgefahr und Dollar-Schwäche die Schlagzeilen in den USA und anderswo. Dennoch, so fürchten Experten: Sind die Hilfsmaßnahmen der Regierung für den heimischen Häusermarkt erst einmal ausgelaufen, könnte sich die Lage wieder dramatisch verschlechtern. Mit allen Konsequenzen auch für die Banken des Landes, die auf faulen Immobilienkrediten sitzen oder unfreiwillig Besitzer zwangsgeräumter Häuser geworden sind.
Die Vorboten gibt es bereits. So ging im Juni die Zahl der Hausverkäufe in den USA im Vergleich zum Mai um 2,6 Prozent zurück - Experten hatten einen Anstieg von vier Prozent vorhergesagt. Und sie hatten ja eigentlich auch Grund zur Zuversicht, dass sich der Markt wieder erholt. Denn schließlich war ihm einmal mehr "Mr Hoffnung" persönlich zu Hilfe geeilt.
Eine Steuererleichterung von bis zu 8000 Dollar hatte US-Präsident Barack Obama erstmaligen Hauskäufern bis April gewährt. Eine Maßnahme, die zusammen mit den durchaus attraktiven, weil niedrigen Einstiegspreisen die Zahl der Hausverkäufe und auch die Preise zeitweise beflügelte. Nach dem Auslaufen der Steuererleichterung allerdings brach die Zahl der Hausverkäufe umgehend wieder ein - im Juni gegenüber dem Vergleichsmonat von 2009 sogar um 19 Prozent.
Jetzt gehen Fachleute von einem erneuten Preissturz in der zweiten Jahreshälfte aus. Celia Chen, Immobilienspezialistin bei Moody's Economy, einer Tochter der gleichnamigen Ratingagentur, nennt als weiteren Grund ein anderes staatliches Hilfsprogramm, das hinter seinen hohen Zielen zurückgeblieben sei. "Es gibt noch viele Hausbesitzer, deren Immobilie noch nicht zwangsversteigert wurde, weil sie bei der Ratenzahlung vom Staat gestützt wurden", erklärt Chen mit Blick auf das 50 Mrd. Dollar teure Programm der Regierung.
Zwar haben 1,3 Millionen Amerikaner die Hilfe in Anspruch genommen. Dennoch können nur 30 Prozent von ihnen wieder ihre Raten zahlen - zu desaströs ist ihre Lage. "Der Großteil muss nun doch sein Haus verlassen. Diese Immobilien kommen in der zweiten Jahreshälfte auf den Markt", sagte Chen.
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Dadurch sinken die Preise weiter - eine fatale Spirale. Und Anlass für den in der Heimat derzeit extrem unbeliebten Obama, der sich zudem im November Kongresswahlen stellen muss, einen neuen Anlauf zu starten. Vergangene Woche verkündete der Präsident, dass er mit weiteren 600 Mio. Dollar arbeitslosen und von der Zwangsversteigerung bedrohten Hausbesitzern in fünf besonders hart getroffen Bundesstaaten helfen will.
Damit bekämpft er nach Ansicht vieler Fachleute aber nur die akuten Symptome der Immobilienkrise, nicht aber die eigentliche Ursache der schleppenden Erholung: die hohe und immer noch steigende Arbeitslosigkeit in den USA. Die Arbeitslosenquote ist seit einem Jahr konstant höher als 9,3 Prozent. Ungewöhnlich für ein Land, das in den vergangenen 20 Jahren Quoten von sechs Prozent oder weniger gewohnt war. "Das größte Problem für den Immobilienmarkt ist die sehr niedrige Kaufkraft der US-Bürger", sagt denn auch Moody's-Economy-Expertin Chen.
Doch es gibt durchaus auch Optimisten im Land der nicht mehr so ganz unbegrenzten Möglichkeiten. Dean Maki zum Beispiel, Chefökonom bei Barclays Capital in New York. Er zeichnet ein positiveres Bild: "Natürlich spielt die Arbeitslosigkeit eine Rolle, aber einer aktuellen Umfrage zufolge glauben 65 Prozent der US-Verbraucher, dass dies ein guter Zeitpunkt für einen Hauskauf ist." Eben weil die Preise extrem niedrig sind und sich Kaufgelegenheiten bieten.
Allerdings ist auch Maki nicht gerade überschwänglich. Er verweist auf die negativen Folgen des Preistiefs für die gesamtwirtschaftliche Entwicklung, den Ökonomen den gefühlten "Wohlfahrtseffekt" nennen. Wegen der seit Mitte 2007 rapide sinkenden Hauspreise wissen viele Menschen, dass sie bei einem Verkauf ihrer Immobilie nicht mehr das wiederbekommen, was sie einmal an Vermögen investiert haben. "Dadurch sinkt die allgemeine Kaufbereitschaft", erklärt Maki.
Pessimistisch ist auch Robert Shiller, Wirtschaftsprofessor an der Universität Yale. Der Namensgeber des wichtigen S&P/Case-Shiller-Index, der die Entwicklung des US-Immobilienmarktes widerspiegelt, warnt vor einem Rückfall in die Krise. "Wir können nicht allein auf die Konjunktur setzen, solange sich die grundsätzlichen Ansicht über den Immobilienmarkt nicht in eine positive Richtung bewegt." Sein Wort hat Gewicht: Als einer der wenigen Experten hatte Shiller das Platzen der Immobilienblase prophezeit.
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11.08.2010
© 2010 Financial Times Deutschland
14.08. 16:29 Uhr
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