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Untreue: Das Gummigesetz überlebt
Leitartikel Die Verfassungsrichter hätten die Gelegenheit gehabt, Untreue endlich schärfer zu fassen. Sie haben sie leider nicht genutzt - das wird die Strafverfolgung erschweren.Die Verfassungsrichter haben eine Chance vertan. Mit ihrem Urteil zum Berliner Bankenskandal und zwei weiteren Fällen hätten sie Klarheit in ein Rechtsfeld bringen können, das seit Jahrzehnten umstritten ist: die Untreue. Sie haben es leider versäumt.
Zwar hat das Bundesverfassungsgericht die Auslegung des Gesetzes präzisiert - weil es richtigerweise erkannt hat, dass der Paragraf 266 des Strafgesetzbuchs ein wahrer Gummiparagraf ist. Viel zu unscharf bestimmt er den Straftatbestand der Untreue. Zu welcher Unsicherheit das führt, haben viele prominente Beispiele gezeigt. Das jüngste war das des ehemaligen Chefs der Mittelstandsbank IKB , Stefan Ortseifen. Er wurde erst gar nicht wegen Untreue angeklagt, weil den Behörden die Beweissituation zu wacklig erschien.
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Das Gericht hat aus dieser Unzulänglichkeit des Paragrafen allerdings den falschen Schluss gezogen. Statt dem Parlament den Auftrag zu geben, das Gesetz zu präzisieren, hat es lediglich dessen Auslegung geändert: Künftig muss der Schaden konkreter errechnet werden, den ein angeblich Untreuer bei seinem Arbeitgeber angerichtet hat.
In der Praxis dürfte dies die Strafverfolgung erschweren. Denn in den wenigsten Fällen lässt sich diese Vorgabe erfüllen. Die schwarzen Kassen von Siemens mögen bezifferbar gewesen sein; bei Schäden durch zu leichtfertig vergebene Kredite ist das deutlich schwieriger. Diese Unklarheiten aber nähren die unsägliche Deal-Kultur. Wurde schon bislang, wie im Fall der Mannesmann-Abfindungen, kräftig geschachert, werden sich Anklage und Verteidigung künftig noch häufiger ins Hinterzimmer verkriechen - und einen Vergleich aushandeln, der das Aufklärungsbedürfnis der Öffentlichkeit nicht befriedigt.
Deshalb können die Richter im täglichen Umgang mit dem Urteil nicht alleingelassen werden. Hier ist der Gesetzgeber gefragt. Er muss die Auslegungsspielräume verengen und Untreuesachverhalte eindeutiger identifizierbar machen.
Dabei geht es keineswegs darum, den Untreueparagrafen zu verschärfen - er muss Untreue bloß endlich konkret machen. Die Vorgaben müssen allerdings so gestaltet sein, dass sie unternehmerische Risikobereitschaft nicht ersticken. Wo Manager handeln, können sie auch falsch handeln und mitunter Schäden verursachen. Sie dafür im Nachhinein immer gleich wegen Untreue vor Gericht stellen zu wollen wäre der falsche Weg.
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11.08.2010
© 2010 Financial Times Deutschland
Kommentare
- 12.08.2010 16:08:40 Uhr Kernbeisser: Vielleicht!
- 12.08.2010 09:59:12 Uhr Zimmer: Berliner Bankenskandal
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sind in der staatlichen IKB einfach nur verdiente Dummköpfe (im Bankerssinne) in Spitzenpositionen gekommen. Ackermann hat denen dann den ganzen Mist mit AAA-Schleifchen angedreht. Beide Seiten waren glücklich, aber nur einer wußte, wie das Ganze endet. Ist das dann Veruntreuung oder Unvermögen? Die Politik wollte doch, dass ihre Banken über alle Maßen zocken. Sonst hätten sie doch keine Schattenbanken ausserhalb der Bilanzen zugelassen und die erprobten Eigenkapitalregeln nicht entschärft. Das ist doch hier ein Stellvertreterkrieg. Die Politik hat es ermöglicht, dass die Sondergewinne aus unserer Lohnzurückhaltung im Casino verzockt werden konnten und können. Und damit wieder ein verlorenes Jahrzehnt mit nichts als Schulden. Der Casino-Kapitalismus muss wieder abgeschafft werden. Dieser bevorteilt das Zocken prinzipiell gegenüber der innovativen Zukunftsinvestition, sprich dem realen Wirtschaften. Alsdann verschwinden solche Übelbanker wie Ortseifen von allein. Glaube ich...