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  11.08.2010, 17:26    

Pipelineprojekt South Stream: Joschka Fischer bedient Vorurteile Kalter Krieger

Kommentar Der Ex-Außenminister wirft Gazprom zu Unrecht politische Ziele vor. Seine Argumentation beruht auf einem alten Geist. Denn Russland und Europa haben beim Gas gemeinsame Interessen. von Alexander Medwedew
Alexander Medwedew ist stellvertretender Vorstandschef des staatlichen russischen Energiekonzerns Gazprom.
In einem kürzlich in der FTD erschienen Kommentar behauptete der ehemalige Bundesaußenminister Joschka Fischer, hinter Russlands Gasexporten nach Europa stünden politische, nicht wirtschaftliche Ziele. Russland dringe in den europäischen Energiemarkt vor, um die Region von russischen Gasexporten abhängig zu machen. Zudem habe die Transitkrise mit der Ukraine 2009 gezeigt, welcher Preis für eine verstärkte Abhängigkeit Europas von russischem Gas fällig würde.
Joschka Fischer   Joschka Fischer
Fischer meint, dass Gazproms Pipelineprojekt South Stream dazu dienen solle, die Ukraine politisch unter Druck zu setzen und Europa davon abzuhalten, seine alternative Nabucco-Pipeline zu bauen.
Diese Geschichte birgt zwar viele Argumente, die bei ewig gestrigen Kalten Kriegern Anklang finden, doch mit der Wahrheit hat sie wenig zu tun. Wichtiger noch ist, dass sie keine Anregungen liefert, wie Russland und Europa ihren gemeinsamen Beziehungen im Bereich Energie Form geben können. Während der vergangenen Jahrzehnte profitierten sowohl russische als auch europäische Unternehmen und auch europäische Kunden enorm von der Zusammenarbeit im Energiesektor. Und beide Seiten haben großes Interesse daran, dass sich diese Erfolgsgeschichte fortsetzt. Daher sollten wir einige Dinge ins rechte Licht rücken:
Alexander Medwedew   Alexander Medwedew
Gazprom ist ein wichtiger Erdgaslieferant für den europäischen Markt, aber längst nicht der einzige. Russische Gasexporte nach Europa machten 2009 rund 25 Prozent allen verfügbaren Gases auf europäischen Märkten aus. Dieser Anteil dürfte Prognosen zufolge steigen. Grund ist vor allem Europas wachsende Importlücke, die durch steigende Gasnachfrage und sinkende Produktion im eigenen Land bedingt wird. Russland ist weit davon entfernt, eine Vormachtstellung im europäischen Markt einzunehmen. Selbst längerfristig werden mehr als zwei Drittel von Europas Gas aus anderen Ländern kommen. Diese Situation kann kaum als einseitige Abhängigkeit bezeichnet werden, denn hinzu kommt, dass Europa Gazproms wichtigster Auslandsmarkt ist: Mit Gasexporten nach Europa fahren wir den Großteil unserer Gewinne ein.
Deshalb behalten wir sehr genau im Auge, wie wir unsere Gaslieferungen nach Europa besser sichern können. Die Transitkrise mit der Ukraine 2009 war für alle ein Weckruf. Die Beziehungen Gazproms zur Ukraine haben sich inzwischen verbessert. Trotzdem bleibt Gazprom weiter fest der Strategie verpflichtet, seine Gastransitrouten nach Europa zu diversifizieren. Wir können nicht alles auf eine Karte setzen, wie wir es in der Vergangenheit im Fall der Ukraine getan haben. Das durch die Ostsee führende Pipelineprojekt Nord Stream wird enorm dazu beitragen, das Transitrisiko für Europa zu verringern. Und South Stream wird die Energiesicherheit in Europa weiter steigern.
Wir brauchen alle Pipelines
South Stream ist keine Bedrohung für die Ukraine, wie Fischer behauptet. Die Pipeline wird das überlastete ukrainische Gastransitsystem entlasten, aber niemals ersetzen. South Stream wird zudem neue Volumen Erdgas nach Europa bringen.
Fischer liegt falsch, wenn er Nabucco und South Stream als sich gegenseitig ausschließende Alternativen darstellt. Um der zunehmenden Energienachfrage gerecht werden zu können, benötigt Europa eine viel größere Infrastruktur für den Gasimport als diese beiden Gaspipelines. Schätzungen zufolge wird die Nachfrage der EU-Länder nach Erdgasimporten bis 2030 auf mindestens 250 Milliarden Kubikmeter pro Jahr anschwellen. Manche Analysten taxieren diese Nachfrage auf 300 Milliarden Kubikmeter.
Beide südlichen Pipelines, South Stream und Nabucco, werden umweltfreundliches Erdgas liefern und zur Verringerung der CO2-Emissionen beitragen. Dies sollte für den ehemaligen Grünen-Politiker Fischer eine gute Nachricht sein.
  • 11.08.2010
    © 2010 Financial Times Deutschland
Kommentare
  • 12.08.2010 13:54:57 Uhr   joki19: Wen berät Fischer - Nabucco?

    Fischer scheint wieder mal in einer seiner üblichen ideologisch gefärbte Betrachtungen zu stecken. Und der berät doch in Energiethemen Konzerne - WEN denn nur? Sicher nicht Gazprom (macht ja schon sein Spezi Schröder).

  • 12.08.2010 13:33:49 Uhr   Christian Nekvedavicius: JF hat recht
  • 12.08.2010 13:26:22 Uhr   Leo: South Stream
  • 12.08.2010 10:39:44 Uhr   k.bob.: Verklemmte Menschen...
  • 11.08.2010 20:45:54 Uhr   Zeitzeuge: Der russische Bär ist immer den gleiche
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