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  enable2start-Gründertagebuch: Yolk FTD-Serie: Zeiterfassung online

Zeiterfassungstools sind umständlich und schwer zu handhaben. Julia Soergel entwickelte zusammen mit Studienkollegen eine intuitiv zu bedienende, webbasierte Lösung. Mit ihr können Freelancer ihre Zeit deutlich einfacher abrechnen und verplanen.

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  12.08.2010, 07:00    

enable2start Gründertagebuch: Bitte einmal laut denken

11.08.2010 - Yolk: Gründerin Julia Soergel freut sich, dass ein wichtiges Update ihrer Zeiterfassungssoftware fertig ist. Fehlt nur noch ein kleiner Test. Und noch einer. Und noch einer. von Claus Hornung
Julia Soergel hat hörbar gute Laune, als sie über die neueste Entwicklung im Hause Yolk berichtet. Die Überarbeitung der Reports, in denen User ihre Arbeitszeiten künftig besser erfassen können, sind fertig. Aber damit sei die Arbeit noch nicht ganz abgeschlossen, sagt sie: "Jetzt heißt es testen, testen, testen."
Das heißt zum einen: Soergel und ihre Mitgründer Sebastian Munz und Gregor Martynus lassen die Reports über verschiedene Internet-Browser und über verschiedene Betriebssysteme laufen. "Standard ist für uns Firefox, Safari und Google Chrome", sagt Soergel. Auf allen anderen könnten noch Probleme auftauchen. "Das kann beispielsweise ein Button sein, der in der Ansicht verrutscht. Im schlimmsten Fall können aber auch Fehler auftreten."
Obendrein haben einige User dem Yolk-Team erlaubt, über ihre realen Accounts die neuen Reports auszuprobieren. Dafür hat Soergel gezielt "Grenzfälle" ausgesucht. Etwa User, die nur zwei Projekte verwalten oder gleich 200. Oder solche, die Kunden haben, deren Firmenamen aus sieben Worten bestehen - und diese Namen in Eingabefelder tippen müssen. "Das Design muss mit vier Buchstaben ebenso funktionieren wie mit 30", sagt Soergel.
Findest du noch Fehler? Die Yolk-Gründer Julia Soergel und ...   Findest du noch Fehler? Die Yolk-Gründer Julia Soergel und Sebastian Munz
Schließlich werden die Gründer auch Bekannte und Freunde einladen, die Yolk benutzen und sie dabei beobachten. "Das ist das System: Laut denken", sagt Soergel: "Wir stecken ja seit Wochen in der Entwicklung. Darum finden wir keine Stolpersteine mehr."
Gute Nachrichten gibt es auch bei den Finanzen. Genauer gesagt: bessere Nachrichten. Nachdem zwischen Mai und Anfang Juli die Userzahlen langsamer geklettert waren als in den Vormonaten, stiegen sie seit Mitte Juli wieder schneller an Am Monatsende erfüllte Yolk mit exakt 100 neuen Nutzern seine eigene Monatsvorgabe auf den Punkt.
"Noch reicht das nicht, um zu sagen, dass die Entwicklung vorher nur mit den Sommermonaten zusammenhing", sagt Soergel, "das können wir erst beurteilen, wenn der August um ist. Aber wird sind trotzdem erleichtert."
Die nächste Runde von enable2start beginnt
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Die Umsätze von Yolk entwickeln sich nicht wie gewünscht. Was heißt das genau?
Unser tagesaktuelles Reporting von Yolk beleuchtet unter anderem folgende Kennziffern: neue Probeaccounts, neue Kunden, Kündigungen sowie Zahl der Kunden insgesamt. Auf dieser Basis berechnet das System unseren theoretischen monatlichen Umsatz aus den Nutzungsgebühren von Mite samt Steigerung zum Vormonat. Theoretischer Umsatz, weil er immer etwas abweicht, beispielsweise aufgrund ausstehender Zahlungen.
Von Januar bis April wuchsen wir monatlich um mehr als 1000 Euro. Im Mai war das Wachstum gut, im Juni okay, in der ersten Hälfte des Juli jedoch für unseren Geschmack mit weniger als der Hälfte mies.
Wir haben drei Ursachen ausgemacht: erstens eine normale saisonale Schwankung - in den Sommermonaten wird schlichtweg nicht sonderlich viel gearbeitet. Zweitens reduzieren einige von den Kunden ihre Mitarbeiterzahl, die Accounts für komplette Teams abonniert haben. Drittens steigt die Zahl der Kündigungen an – wenn auch nicht in eklatantem Maße. Der zweite und dritte Punkt weisen – in Kombination mit Rücklastschriften mangels Kontodeckung – darauf hin, dass es bei einigen unserer Kunden aktuell wirtschaftlich schlecht aussieht. Sie müssen Kosten einsparen - oder brauchen im Extremfall keine Arbeitszeiterfassung mehr, weil sie keine Aufträge haben.
Schlaflose Nächte beschert uns die Lage jedoch definitiv nicht. Wir rechnen stets mit großzügigem Sicherheitspuffer und können problemlos einige schwierige Monate überstehen. Doch sind wir fraglos in Hab-Acht-Stellung: Wir möchten einen möglichen Umschwung frühzeitig erkennen und hinterfragen. So können wir ein mögliches Gewitter von vornherein umschiffen - wenn wir zu dem Schluss gelangen, dass tatsächlich ein Gewitter aufzieht und nicht nur der Wind ein wenig rauer bläst.
Nicht verunsichert: Sebastian Munz, Julia Soergel und Gregor ...   Nicht verunsichert: Sebastian Munz, Julia Soergel und Gregor Martynus (v.l.)
Wie wird Yolk dagegen angehen?
Wir sehen aktuell noch kein Gewitter aufziehen. Das Feedback sowohl von neuen Nutzern sowie der Bestandskunden ist weiterhin sehr positiv. Auch technologisch oder marktseitig haben wir keine grundlegenden Entwicklungen verpasst. Daher werden wir sicher nicht spontan in Panik verfallen und alles umwerfen, was sich bisher bewährt hat.
Stattdessen werden wir bis auf unsere Zahlen weiterhin sehr genau beobachten und hinterfragen und unsere aktuelle Strategie intensivieren: ein sehr gutes Produkt samt gutem Service an vorderster "Innovations-Front" weiterentwickeln. Sollte sich der Trend in den kommenden Monaten fortsetzen oder wir zu neuen Erkenntnissen gelangen, werden wir noch einmal diskutieren.
Welche Themen waren noch im Juli wichtig?
Die Weiterentwicklung von Mite stand für uns auch im Juli an erster Stelle. Wir möchten unseren Auswertungsbereich, in dem User beispielsweise sehen können, wie viel Stunden sie bereits an einem Projekt gearbeitet haben, ein grundlegendes Update spendieren. Die Auswahl der Zahlen soll aussagekräftiger werden. Wir möchten weniger Kladderadatsch, stattdessen mehr Fokus und mehr Gewichtung. Und wir möchten unseren Nutzern ein Plus an Flexibilität ermöglichen. Obendrauf sollen die Übersichtsreports nicht nur die Vergangenheit abbilden, sondern Entwicklungen und Trends aufzeigen.
Schwer zu lesen? Darum will das Yolk-Team die Schriftgröße der ...   Schwer zu lesen? Darum will das Yolk-Team die Schriftgröße der Reports ändern - und noch einiges mehr
Auf unserem Blog haben wir dazu eine ausführliche Vorschau veröffentlicht und unsere Nutzer um ein Feedback gebeten. Die Reaktionen waren sehr positiv, auch zahlreiche Anregungen wurden an uns herangetragen. Mit diesem Feedback im Hinterkopf haben wir unser Konzept noch einmal fein geschliffen. Anfang August soll das Update veröffentlicht werden.
Was ist die größte Herausforderung im kommenden Monat?
Die Optimierung unserer Promosite. Die Informationsseiten unter Yolk sollen mehr Interessenten davon überzeugen, einen Probeaccount zu erstellen - und so unsere Umsätze ankurbeln.
Die Antworten gab Yolk-Gründerin Julia Soergel
So schwierig hatte sich Julia Soergel das nicht vorgestellt. Seit gut zwei Jahren erledigt sie fast den gesamten Support für Yolk. Sie beantwortet Kundenanfragen in Mails und am Telefon, hilft bei technischen Problemen, erklärt, wie Abrechnungen zustande kommen und kümmert sich um Beschwerden und Anregungen.
Zunehmend soll Gregor Martynus - seit knapp acht Wochen dritter Mann im Yolk-Team – sie dabei unterstützten. Und Soergel stellt fest: "Das war das erste Mal, das ich versucht habe, das in Worte zu fassen, was ich mache. Das ist mir enorm schwer gefallen."
Vor allem, weil sie dabei den Anspruch habe, konkret zu sein. "Natürlich geht es um Höflichkeit, Hilfsbereitschaft und Geduld – aber ich will ja nicht nur Plattitüden von mir geben." Obendrein existieren viele Sachen nicht in einer Datenbank. Etwa, über welche Themen Soergel bereits mit einem Kunden in einem früheren Telefonat geredet hat. "Das ist oft nur in meinem Kopf."
Support im Doppelpack: Julia Soergel und Gregor Martynus   Support im Doppelpack: Julia Soergel und Gregor Martynus
Letztlich verlegte sie sich auf folgende Vorgehensweise: Martynus las vom ersten Tag an sowohl die Fragen der User als auch Soergels Feedback darauf. Später begann er, selbst Antworten zu formulieren - die Soergel noch einmal las, bevor sie abgeschickt wurden. Dabei kamen automatisch Details zur Sprache, die sich Soergel angewöhnt hatte. Etwa, exakt den Beispielfall zu benutzen, um etwas zu erklären, den auch der Kunde benutzt hat. Oder, die Wortwahl des Kunden anzunehmen. Spricht der Kunde etwa von "Jobs", obwohl die bei Yolk "Projekte" eigentlich Projekte heißen, benutzt Soergel im Antwortschreiben das Wort "Jobs". "Da kann man mit sehr wenig Aufwand sehr große Wirkungen erzielen", sagt sie.
Was Soergel nicht beabsichtigte war allerdings, dass anfangs auch Martynus ihre Wortwahl übernahm, beispielsweise genau wie sie ein "Salut" statt ein "Hallo" oder "Sehr geehrter" in der Anrede benutzte. "Ich sagte ihm, dass es unnatürlich wirke, wenn er alles übernimmt", sagt Soergel. Besser wäre, wenn jeder seinen eigenen Stil präge: "Der Nutzer soll merken, dass ihm ein Mensch antwortet und nicht eine Maschine."
Ja, das Yolk-Team hat eine Weile diskutiert. Die Frage, die sich Julia Soergel, Sebastian Munz und Gregor Martynus stellten, lautete: "Zeigen wir den Nutzern eine Vorschau unserer neuen Übersichtsreports?"
In diesen Reports können die User der Yolk-Zeiterfassungssoftware Mite unter anderem ihre Arbeitszeiten überblicken. Erfasst werden nur die gesamten Zeiten, seit ein Nutzer zum Mite-Abonennten wurde.
Jetzt will das Team um Soergel neue Funktionen anbieten. Und stellte sich oben erwähnte Frage. Letztlich hieß die Antwort "Ja - wir stellen eine Vorschau online". Im Yolk-Blog ist seit vergangener Woche zu sehen, was geplant ist.
Dafür gebe es mehrere Gründe, sagt Soergel: Zum einen sollten die User schlichtweg mitbekommen, dass sich etwas Größeres tut. "Und wir nehmen ja auch ein paar jetzt noch angezeigt Infos weg", sagt Soergel. "Im Internet reagieren User dann oft spontan sehr ablehnend." Entscheidendster Punkt aber ist, dass die Gründer Feedback haben wollen: Sagt den Leuten die Stoßrichtung grundsätzlich zu?
Sagen ihren Usern, was sie planen: Sebastian Munz, Julia Soergel ...   Sagen ihren Usern, was sie planen: Sebastian Munz, Julia Soergel und Gregor Martynus (v.l.)
Das heiße nicht, dass man etwa mehrere mögliche Versionen zur Abstimmung gibt: "Das würde nur aussagen, dass wir selbst nicht von unserem Design überzeugt sind", sagt Soergel. Und es bedeutet nicht, dass jeder einzelne Vorschlag umgesetzt würde. Zum einen, weil dadurch ein Grundprinzip von Mite auf Dauer aufgeweicht würde: die Beschränkung aufs Wesentliche.
Zum anderen seien Kritikern oft gar nicht alle Möglichkeiten der Software bekannt. Da gab es beispielsweise einen User, der schrieb, er trage nie geplante Budgets ein. Und nun plane Yolk ausgerechnet, eine Warnfunktion, die eine Budgetüberschreitung anzeigt, prominenter zu gestalten. Seine Frage: Könne man Usern wie ihm nicht alternative Ansichten bieten?
Kann man. Und zwar jetzt schon. "Wer keine Budgets einträgt, bekommt gar nichts angezeigt", sagt Soergel. Auch das zeige, dass sich die Veröffentlichung gelohnt habe, sagt sie "Offensichtlich haben wir das schlecht kommuniziert."
Was ist da los? Schon eine Weile lang verfolgt Gründerin Julia Soergel die Umsatzentwicklung von Yolk mit erhöhter Aufmerksamkeit. "Die Zahlen sind nicht so, wie wir uns das wünschen", sagt sie.
Einbrüche? Minus auf dem Konto? So schlimm ist es nicht. Die Nutzerzahlen und Umsätze steigen sogar. Aber: Das Tempo, in dem sie steigen, hat deutlich abgenommen. So wuchs beispielsweise im März der Umsatz im Vergleich zum Vormonat um 1500 Euro. Im Juni waren es nur noch 750 Euro im Vergleich zum Mai.
Insgesamt seien die Umsatzzuwächse seit Mai kontinuierlich zurückgegangen, sagt Soergel. "Ein Grund ist, dass viele in Sommerpause sind." Aber das reicht ihr als Erklärung nicht. Soergel hat analysiert und drei negative Entwicklungen ausgemacht.
Grübelt über die Geschäftszahlen: Yolk-Gründerin Julia Soergel   Grübelt über die Geschäftszahlen: Yolk-Gründerin Julia Soergel
Erstens: Die Konversionsrate sinkt, also die Zahl der User, die nach Ablauf eines kostenlosen Probeabos zu zahlenden Nutzern werden. Zweitens: Viele Nutzer, die Accounts für mehrere Mitarbeiter eingerichtet haben, haben die Zahl ihrer Mitarbeiter reduziert. Drittens: Die Zahl der Kündigungen steigt.
Der letztgenannte Punkt macht Soergel am wenigsten Sorgen. Statt bisher 20 kündigten derzeit durchschnittlich 25 User pro Monat ihren Account. "Das ist statistisch nicht relevant", sagt sie. Wegen der beiden anderen Punkte fragte sie bei Nutzern nach. Als häufigste Antworten hörte sie: "Ich wechsele ins Angestelltenverhältnis", häufiger aber: "Ich habe derzeit zu wenig Aufträge." Oder: "Ich muss meine Kosten senken."
"Wir können daraus natürlich keine gesamtwirtschaftliche Entwicklung ableiten", sagt Soergel, "aber ich habe den Eindruck, dass sich die wirtschaftliche Lage bei vielen unserer Nutzer ändert." Dafür spräche auch, dass immer häufiger Rücklastschriften kommen, weil die Konten von Kunden nicht gedeckt waren. "Für mich fühlt es sich an, als ob das überproportional zum Kundenwachstum zugenommen hat."
Keine Zweifel am Produkt
Eines jedoch scheint sicher, sagt Soergel: Es liegt nicht am Produkt. Zwar läge der Gedanke nahe, dass eine Software wie Mite, die sich durch ihre Schnörkellosigkeit auszeichnet, durch neue Features ihr Alleinstellungsmerkmal aufgibt. "Wir müssen aufpassen, dass wir da keine Grenze überschreiten", sagt Soergel. "Aber bislang hat vielleicht mal einer unter 50 Nutzern gesagt, das sei ihm zuviel. Da mache ich mir keine Sorgen."
Überhaupt bestünde noch kein Grund zur Sorge, sagt Soergel. Schließlich sei genug Geld für die Gehälter der drei Teammitglieder vorhanden. Und selbst, wenn die Umsätze auf dem derzeitigen Level blieben, reichte dies, um am Jahresende das selbst gesteckte Ergebnis für 2010 zu erreichen, sagt sie: "Jetzt zahlt sich aus, dass unsere Zahlenplanungen immer sehr moderat sind."
Was war der größte Erfolg für Yolk im Juni?
Mite zu schrumpfen, das war uns das Größte. Unsere Zeiterfassung ist jetzt so klein, dass man sie auch in die Hosentasche packen kann. Im Juni veröffentlichten wir eine sogenannte Beta-Version - also eine erste Testversion - von Mite für eine breite Palette an Smartphones. Somit steht nicht mehr nur eine Version für das iPhone zur Verfügung, sondern es werden nun auch Android-Smartphones unterstützt, etwa Palms unter WebOS und alle anderen Smartphones, die Mite via Opera Mobile ansteuern.
Was war die größte Überraschung?
Bei Yolk hieß es im Juni: Tabula Rasa. In unserem Ticketingsystem fanden sich erstmals keine offenen To-dos mehr. Eine Stunde später sah dies natürlich schon wieder anders aus - an Ideen mangelt es uns auf Jahre nicht - doch dieser kurze Augenblick kam doch freudig überraschend.
Yolk-Gründerin Julia Soergel   Yolk-Gründerin Julia Soergel
Das Zauberwort lautet: Trio. Dank unseres Teamzuwachses hat sich unsere Geschwindigkeit deutlich erhöht. Viele kleine Verbesserungen warteten schon lange auf Umsetzung – sowohl an Mite selbst, wie auch an der Administration der Applikation. Dank des Plus an Ressourcen konnten wir diese nun abarbeiten - um uns nun mit klarem Kopf und voller Energie auf größere, kreativere Vorstöße stürzen.
Welche Herausforderungen stehen in Zukunft an?
Wir werden den Reports, also dem Bereich von Mite, in die erfassten Zeiten ausgewertet werden, ein grundlegendes Update spendieren.
Gab es auch Niederlagen?
Glücklicherweise keine spürbaren.
Die Antworten gab Yolk-Gründerin Julia Soergel
Wie gestaltet macht man ein Produkt so, dass es genau das erfüllt, was der Kunde wünscht? Man kann dafür eine Marktforschungsstudie in Auftrag geben. Oder man könnte tun, was Yolk-Gründerin Julia Soergel tat: Man fragt den Kunden einfach.
Zumindest, wenn es sich ohnehin anbietet. So wie vergangene Woche. Da traf Soergel in Berlin bei einem Kaffee Oliver. Der ist nicht nur Mite-User der ersten Stunde, chattet seitdem regelmäßig mit Soergel und war gerade für ein paar Tage in der Stadt. Nein, er betreibt darüber hinaus auch selbst ein kleines Unternehmen, das Software as a Service anbietet, sprich: er ist nicht nur Kunde, sondern gleichzeitig Experte.
Eigentlich, so erzählte er Soergel, habe er von Mite auf eine Projektmanagementsoftware wechseln wollen. Bei der war eine Zeiterfassung bereits integriert. Aber die sei nur "drangeklatscht" erzählte er Soergel. "Und dann erwähnte er so nebenbei, dass wir ja dieses Killer Feature haben", sagt Soergel, "da habe ich aufgehorcht."
Will wissen, was ihre User wollen: Gründerin Julia Soergel   Will wissen, was ihre User wollen: Gründerin Julia Soergel
Was Oliver meinte, war ein Budgetauslastungsbalken. Der zeigt, wie viel Zeit ein User noch auf sein Projekt verwenden darf, um im finanziellen Rahmen zu bleiben, den er sich selbst gesetzt hat. "Er sagte, dass er erst rentabel arbeiten würde, seit er dieses Tool nutzt", sagt Soergel.
Jetzt überlegt sie, wie sie den Balken prominenter darstellen kann. Obendrein schickte User Oliver am folgenden Tag ihr eine Mail, in der er vorschlug, dass Mite über eine Schnittstelle, die es ohnehin schon gibt, die erwähnte Projektmanagementsoftware anbindet. Und er beließ es nicht beim Vorschlag, sondern skizzierte ausführlich, wie man eine solche Verknüpfung idealerweise programmieren könnte. Soergel ist baff: "Da kriegt man so ein Konzept einfach geschenkt." Reden kann halt nie schaden.
Gutes, Schlechtes, Überraschendes: Ein Quartal Yolk
Was zwischen Februar und April beim Zeiterfassungs-Start-up passierte, steht in der 2. Quartalsreportage über Yolk, inklusive aller wichtigen Zahlen wie Ausgaben, Einnahmen, Schulden- und Kapitalstand.
Das gab's in zwei Jahren noch nie. Die To-do-Liste von Yolk ist leer. Besser gesagt: die To-do-Liste war leer. Für eine theoretische Sekunde.
Der Reihe nach: Weil das Team wesentlich effektiver arbeitet, seit Gregor Martynus als dritter Mann hinzu stieß, sind alle Arbeiten abgeschlossen, die sich im Laufe der Zeit angesammelt haben. Aber dafür kamen natürlich gleich neue hinzu. Grundlegende Aufgaben. Solche, die die Gründer Julia Soergel und Sebastian Munz früher erst gar nicht auf die Liste draufgeschrieben hatten. Oder, wie Soergel sagt: "Die großen Brocken."
Der erste davon heißt: Überarbeiten des Reportsbereich. In dem können User der Yolk-Zeiterfassungssoftware Mite schon jetzt Statistiken einsehen. Nur: Mit denen können sie oft nichts anfangen. So könnte ein User im Reportbereich beispielsweise sehen, wie viel Prozent seiner Arbeitszeit er für eine bestimmte Tätigkeit verwendet, etwa fürs Telefonieren. Allerdings würden dafür immer alle Daten ausgewertet, die der Nutzer angesammelt hat, sagt Soergel: "Wenn jemand Mite seit zwei Jahren nutzt, kann er nur die durchschnittliche Arbeitszeit von zwei Jahren ermitteln. Das ist nicht wirklich interessant."
Wer will das wissen? Gründerin Julia Soergel überarbeitet den ...   Wer will das wissen? Gründerin Julia Soergel überarbeitet den Reportingbereich
Eine Unterteilung nach Wochen oder Monaten sei natürlich sinnvoller, sagt Soergel. Ein anderes Tool, das die Yolk-Macher anbieten wollen, ist die Möglichkeit, dass Mite automatisch anzeigt, bei welchen Projekten das Budget um einen bestimmten Betrag überschritten wurde.
Waren es User, die solche Änderungen wünschten? "Teilweise", sagt Soergel, "aber es ist auch unser Anspruch, so etwas anzubieten. Motto: Wenn man schon die Kapazitäten hat, kann man auch komplett aufräumen. Darum werden einige Diagramme überhaupt nicht mehr scheinen. Denn während viele Daten zu unspezifisch sind, gebe es gleichzeitig im Reportingbereich insgesamt zu viel. "Noch ballern wir die Leute ein bisschen zu", sagt Soergel: "Das ist ein bisschen wie: Hier sind deine Daten. Mach was draus."
Yolk steht endgültig auf eigenen Beinen. Jedenfalls finanziell. Ja, das Start-up von Julia Soergel, Sebastian Munz und Gregor Martynus erwirtschaftet schon seit längerem Gewinne. Aber ein bisschen externe Förderung gab's bislang auch.
18 Monate lang hatte Soergel von der Gründerwerkstatt der Beuth-Hochschule in Berlin monatlich 2000 Euro erhalten. Um das Gehalt von 2500 Euro zu finanzieren, das sich die Gründer auszahlen, brauchten sie im Falle von Soergel daher nur 500 Euro monatlich von ihrem Konto entnehmen. Die ist nun ausgelaufen.
Einmal zuvor hatte bereits Sebastian Munz eine Förderung erhalten. Auch durch gutes Timing: Nachdem er und Soergel die Diplomarbeit abgeschlossen hatten, aus der Mite hervorging, arbeitete er zunächst als Angestellter. Exakt nach einem Jahr kündigte er, meldete sich arbeitslos - und hatte dadurch Anspruch, für neun Monate einen Gründerzuschuss zu beziehen.
Stehen auf eigenen Füßen: Die Yolk-Gründer Julia Soergel und ...   Stehen auf eigenen Füßen: Die Yolk-Gründer Julia Soergel und Sebastian Munz
"Die Förderungen haben uns viel Unsicherheit genommen", sagt Soergel. Und auch die Kontakte zu anderen Gründern, die sich bei Treffen der Gründerwerkstatt ergaben, hätten viel gebracht. "Aber es ist auch gut, dass wir uns jetzt allein beweisen müssen."
Da passt gut, dass die Gründer gerade den 15.000sten Probeaccount seit Mite-Gründung verzeichnen können. Besser als die Gesamtzahl ist daran die so genannte Konversionsrate: Rund 20 Prozent der Probenutzer werden anschließend zu Mite-Kunden. "Ich kenne zwar keine offizielle Studie dazu", sagt Soergel, "aber nachdem, was man so hört, liegt der branchenübliche Wert eher bei fünf Prozent."
Woran das liegt? Nun, wohl auch am sparsamen Marketing der Gründer, meint Soergel: "Wenn wir Wettbewerbe oder ähnliches veranstalten würden, würden viele das wohl einfach mal so ausprobieren", sagt sie, "aber bei den Leuten, die auf unsere Seite kommen, besteht eine hohe Bereitschaft, unsere Software tatsächlich zu nutzen."
Es hat sich gelohnt. Der neue dritte Mann Gregor Martynus im Yolk-Team mache sich schon jetzt positiv bemerkbar, sagt Yolk-Gründerin Julia Soergel: "Seit er da ist, merken wir spürbar ein Plus an Geschwindigkeit." Klar, vorher überarbeiteten sie und ihr Mitgründer Sebastian Munz auch ständig ihre Zeiterfassungssoftware Mite. Aber dabei gab es eine klare Prioritätenliste, sagt Soergel: "Als erstes haben wir uns immer um Dinge gekümmert, die die Kunden sehen." Das "zweitens", sprich: Neuerungen, die den Gründern die Arbeit erleichterten, wurde meist auf unbestimmte Zeit zurückgestellt.
Jetzt können Munz und Martynus sich die Aufgaben aufteilen. Und - zack - ist der etwa der langersehnte farbige Warnhinweis "Kreditkarte eines Nutzers ist abgelaufen" innerhalb weniger Stunden eingebaut.
Kapazität haben die Gründer nun auch für ein zunehmend wichtiger werdendes Thema: Die Zahl der Requests - also Anfragen - ist zunehmend größer geworden. Und das liegt nicht vorrangig an Mite: Über eine Schnittstelle können freie Entwickler selbst gebaute Applikationen an Mite anbinden, etwa 20 Applikationen gibt es inzwischen. "Von denen kommt inzwischen mehr als die Hälfte aller Anfragen", sagt Soergel. Und das bindet Server-Kapazitäten.
Sorgt für Entlastung: Der neue Mite-Mitarbeiter Gregor Martynus   Sorgt für Entlastung: Der neue Mite-Mitarbeiter Gregor Martynus
Dabei ließe sich die Zahl der Requests manchmal reduzieren. Die Applikation eines Entwickler fragte beispielsweise alle drei Sekunden beim Server an: "Läuft die Stoppuhr zum Messen von Zeiteinträgen noch?" In einem Gespräch konnten sich die Gründer mit dem Entwickler darauf verständigen, dass eine halbminütliche Abfrage – die die Zahl der Requests auf ein Zehntel verringert - ausreichend sei.
Um solch klärende Gespräche besser zu koordinieren, hat Martynus nun alle freien Entwickler angeschrieben und gebeten, einen "Identifikator" einzubauen, sagt Soergel: "Dann wissen wir, von wem welche Anfragen kommen und können schneller eine Lösung finden, wenn die Zahl problematisch wird."
  • 12.08.2010
    © 2010 Financial Times Deutschland
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