FTD-Serie: Wissen, was die Märkte bewegt
Inflation oder Deflation, Rezession oder Depression? Setzen staatliche Hilfspakete an der richtigen Stelle an, wie wirken sie sich auf Devisen und Börsen aus? Sollte man auf Gold, Renten oder Aktien setzen? Welche Sektoren und Firmen sind vielversprechend, welche Fusionen überflüssig? "Das Kapital", die führende Kolumne für Finanzmarktthemen, gibt pointierte Antworten.
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Das Kapital: Amerika immer noch auf dem Holzweg
Es soll alles so werden wie vorher. Das war die Politik der Notenbank im Jahre 2007. Und danach trachtet die Fed auch 2010. Ab 2015 werden die US-Verbraucher dann vermutlich direkt mit Zentralbankgeld versorgt.Drei Jahre nach dem Ausbruch der Finanzkrise und ein gutes Jahr nach der Debatte um eine V-förmige Wirtschaftserholung startet die Fed die quantitative Lockerung Teil 1,5. So jedenfalls nennt die Deutsche Bank die jüngste Ankündigung der Fed recht treffend, ihren Bestand an Schrottpapieren und Staatsanleihen von 2000 Mrd. Dollar dadurch zu stabilisieren, dass sie Zuflüsse aufgrund von Tilgungen auf dem Markt für Staatspapiere reinvestiert.
Im Grunde ist dieses Vorgehen recht apart, denn nach der Entscheidung der Notenbank sind die Zinsen auf langlaufende US-Staatsanleihen schon deshalb weiter gesunken, weil die Markterwartung eines neuerlichen Monsterwertpapieraufkaufs der Fed durch diesen Schritt untermauert worden ist. Wenn die Fed Glück hat, könnte der Markt den Rest nun von selbst erledigen, denn solange die Zinsen sinken, wird das Ziel der Notenbank ja ohne ihr eigenes Zutun erreicht. Und falls nicht, kann die Fed ihr Versprechen, alles, einfach alles für die Konjunktur zu tun, immer noch einlösen.
Die Frage ist nur, inwiefern sinkende Zinsen auf Staatsanleihen der US-Wirtschaft noch helfen. Die Rendite auf zehn Jahre ist bereits auf 2,7 Prozent gesunken (manche wähnen schon eine Eins vor dem Komma), und trotzdem fühlt sich derselbe Notenbankpräsident, der am 21. Juli vor dem Kongress noch beteuert hat, seine Institution plane zunächst keine weiteren Lockerungsübungen, am 10. August wegen der überaus schwachen Konjunkturdaten bemüßigt, die nächste Runde der monetären Alimentierung der US-Wirtschaft einzuleiten. Ein Problem scheint in der negativen Korrelation zwischen den Kursen von Staatsanleihen und Risikoaktiva wie Aktien zu liegen. Mit Wochenschlusskursen gerechnet belief sich der Korrelationskoeffizient zwischen der prozentualen Veränderung der zehnjährigen Rendite und der prozentualen Veränderung des S&P 500 über die vergangenen drei Monate auf 0,83.
Mit anderen Worten: Wenn Staatsanleihen gesucht werden, geraten Risikoaktiva tendenziell unter Druck. Das ist aber nicht der monetäre Impuls, den die Fed vermutlich gerne hätte. Denn was helfen schon sinkende Staatsanleihenrenditen, wenn die Zinsaufschläge von Unternehmensanleihen gleichzeitig zunehmen, wenn die Aktienkurse fallen und damit die Eigenkapitalfinanzierung der Firmen erschweren und wenn sich so vielleicht sogar negative Vermögenseffekte ergeben? Viel wird daher davon abhängen, wie sich die Aktienmärkte über die kommenden Monate entwickeln. Gehen sie runter, wird die Fed garantiert eine neue Liquiditätszufuhr vornehmen, Liquidität, die sich wie 2009 auf alle Vermögensmärkte ergießen soll.
Mal angenommen ...
Doch nehmen wir an, dass die Fed erreicht, was sie seit der Öffnung des Diskontfensters 2007 beabsichtigt und seit Ende 2008 mit einer Nullzinspolitik verfolgt: dass die Schuldner die eingesparten Zinsen verprassen und sogar wieder mehr Kredit aufnehmen - auf dass sie Häuser bauen, die das Überangebot an Wohnraum noch erhöhen, Importgüter nachfragen, die mangels Kenntnissen in den USA längst nicht mehr hergestellt werden können, Einzelhandelsflächen und Vertriebseinrichtungen schaffen, die bereits vor Fertigstellung überflüssig sind und spätestens in der nächsten Rezession weitere große Löcher in die Bilanzen der beteiligten Banken reißen, oder Bürotürme hochziehen, die so lange zu einem Drittel belegt sind, wie Finanzheinis den entstehenden Kreditabfall in Hochglanzpapier verpackt an Landesbanken verkaufen können. Auf diese Weise könnte es gelingen, die nationale Nettoersparnis bei minus 1,5 Prozent des US-BIPs zu stabilisieren. So käme man vielleicht auch darum herum, die Reichen zu schröpfen, um Bildungs- und Infrastrukturausgaben solide finanzieren zu können.
Nehmen wir also an, dass es der Fed gelingt, mit Niedrigstzinsen über alle Laufzeiten Amerika für eine Weile in die Zeit vor der Kreditkrise zurückzuversetzen. Wie sollen monetäre Impulse dann in der nächsten Rezession aussehen, wenn die privaten Schulden noch größer geworden sind und der Staat längst ruiniert ist? Müssen die Schuldner dann Zinsgutschriften eingeräumt bekommen, um zu sie zu einer noch höheren Kreditaufnahme zu bewegen? Oder wie wäre es damit, wenn die Fed per Knopfdruck jedem Haushalt 10.000 Dollar überwiese, um auf eine etwas verständlichere Art und Weise zu zeigen, wie gut sie es doch meint?
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12.08.2010
© 2010 Financial Times Deutschland
14.08. 14:43 Uhr
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