14 Bewertungen Schriftgröße: AAA
Verfassungsgerichtsurteil: Homo-Ehe - ein Paar, ein Recht
Leitartikel Die Union heuchelt, wenn sie Privilegien der klassischen Ehe mit möglichen Kindern rechtfertigt. Sie sollte ihren ideologischen Balast in der Familienpolitik endlich abwerfen.Das Urteil an sich ist eigentlich kein Grund zur Aufregung. Wenn das Bundesverfassungsgericht fordert, homosexuelle Lebenspartnerschaften bei der Erbschaftsteuer nicht mehr zu benachteiligen, vollzieht es nur eine Lebenswirklichkeit nach, in der sogar viele Politiker längst angekommen sind. Schließlich hat die Regierung schon vor der Sommerpause einen entsprechenden Gesetzentwurf beschlossen.
Dass es in der Koalition nun trotzdem mal wieder gewaltig knarzt, liegt an der Frage, die das Urteil implizit aufwirft: Wenn Homo-Ehe und klassische Ehe bei der Erbschaftsteuer gleich behandelt werden sollen, warum dann nicht auch im übrigen Steuerrecht?
Diese logisch zwingende Frage wird in der Regierung nur von der FDP gestellt. Weite Teile der CDU und die komplette CSU wollen sie dagegen am liebsten gar nicht hören.
Kein Wunder, müssten sie bei ehrlicher Beantwortung doch zugeben, dass es keinen vernünftigen Grund gibt, eingetragene Lebenspartnerschaften von Homosexuellen zu diskriminieren - wie zum Beispiel beim Ehegattensplitting. Während heterosexuelle Paare ihr Einkommen auf beide Partner verteilen können und so weniger Steuern zahlen, bleibt diese Möglichkeit homosexuellen Paaren verwehrt.
Das alte Argument, aus der Homo-Ehe könnten keine Kinder hervorgehen, zieht da nicht. Denn auch viele klassische Ehen bleiben gewollt oder ungewollt kinderlos. Niemand würde deswegen aber auf die Idee kommen, den Ehepartnern ihre steuerlichen Privilegien zu streichen - erst recht nicht in der Union.
So ähnlich argumentieren im Übrigen auch die Verfassungsrichter. Sie haben bereits 2009 in ihrem Grundsatzurteil zur Hinterbliebenenrente eindeutig festgestellt, dass allein die Möglichkeit, Kinder zu bekommen, nicht ausreicht, zwischen Ehe und Lebenspartnerschaft zu unterscheiden.
Wenn es den Unionspolitikern - inklusive der sonst so aufgeschlossenen Familienministerin Kristina Schröder - wirklich darum ginge, die Kindererziehung steuerlich zu belohnen, wie sie vorgeben, dann dürften sie diese Belohnung nicht an die Ehe koppeln.
In der Realität sind viele Konstellationen heute so bunt, dass die Politik Familien nicht mehr nach Trauschein und sexueller Orientierung fördern sollte, sondern danach, wo Erwachsene dauerhaft und verlässlich für Kinder sorgen. Das geht zum Beispiel durch höhere Kinderfreibeträge, wie sie die Bundesregierung laut Koalitionsvertrag anstrebt, oder durch die Einführung eines Familiensplittings, wie es in Frankreich gilt. Dort wird das Einkommen auf alle Köpfe verteilt, was kinderreichen Familien besonders hilft.
In den vergangenen Jahren hat die Union in der Familienpolitik bereits einige ideologische Standpunkte aufgegeben, die längst nicht mehr zeitgemäß waren. Nun sollte sie auch die verbliebenen räumen und sich nüchtern überlegen, was sie wirklich fördern will.
-
17.08.2010
© 2010 Financial Times Deutschland
Kommentare
- 18.08.2010 19:15:04 Uhr Nils: Steuerpriviliegien für Eheleute
- 18.08.2010 14:33:30 Uhr Siegfried Heinzeroth: Gleichstellung im Beamtenrecht
- 18.08.2010 11:56:52 Uhr BetterWorld: Gleichstellung
- 17.08.2010 22:37:45 Uhr Frank Marco: Gleichstellung auch in der Einkommenssteuer
- 17.08.2010 21:40:02 Uhr William Tell: Warum immer "Ehe"
Home |
Unternehmen |
Finanzen |
Börse |
Politik |
Management+Karriere |
IT+Medien |
Wissen |
Sport |
Auto |
Lifestyle |
zum Seitenanfang
© 1999 - 2010 Financial Times Deutschland
Aktuelle Nachrichten über Wirtschaft, Politik, Finanzen und Börsen
Börsen- und Finanzmarktdaten:
Bereitstellung der Kurs- und Marktinformationen erfolgt durch die Interactive Data Managed Solutions AG. Es wird keine Haftung für die Richtigkeit der Angaben übernommen!
Über FTD.de | Impressum | Datenschutz | Disclaimer | Mediadaten | E-Mail an FTD | Sitemap | Hilfe | Archiv
Mit ICRA gekennzeichnet
VW | Siemens | Apple | Gold | MBA | Business English | IQ-Test | Gehaltsrechner | Festgeld-Vergleich | Erbschaftssteuer
G+J Glossar
Partner-Angebote
© 1999 - 2010 Financial Times Deutschland
Aktuelle Nachrichten über Wirtschaft, Politik, Finanzen und Börsen
Börsen- und Finanzmarktdaten:
Bereitstellung der Kurs- und Marktinformationen erfolgt durch die Interactive Data Managed Solutions AG. Es wird keine Haftung für die Richtigkeit der Angaben übernommen!
Über FTD.de | Impressum | Datenschutz | Disclaimer | Mediadaten | E-Mail an FTD | Sitemap | Hilfe | Archiv
Mit ICRA gekennzeichnet
VW | Siemens | Apple | Gold | MBA | Business English | IQ-Test | Gehaltsrechner | Festgeld-Vergleich | Erbschaftssteuer
G+J Glossar
Partner-Angebote
Warum überhaupt wird die Ehe steuerlich gefördert? Man kann dann auch in die gleiche Kerbe schlagen und als unverheiratetes Paar Privilegien einfordern, insbesondere wenn ein Partner nicht arbeitet. Der Staat gleicht hier nur eine Einkommensdifferenz aus, mit Kindern hat das garnichts zu tun. Für Kinder gibt es Steuerfreibeträge und Kindergeld. Aus welchem Recht leitet sich diese Begünstigung ab? Welche Ungerechtigkeit wird damit ausgeglichen?
Man darf diesen Gedanken jetzt noch mal weiterspinnen, warum werden nur monogame Beziehungen gefördert? Wenn der Staat schon Partnerschaften fördert warum nicht auch die Anbahnung einer Partnerschaft?
Eine ganz einfache steuerliche Betrachtung sähe so aus: Helfe ich einem Hilfsbedürftigen der finanziell von mir abhängig ist kann ich das steuerlich geltend machen. Das betrifft Kinder ohne eigenes Einkommen und Partner die nicht arbeiten.