FTD-Serie: Wolfgang Münchau - Die Kolumne
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Kolumne: Wolfgang Münchau - Schwere Gleichgewichtsstörungen
Die globalen Leistungsbilanzdefizite gelten als wichtigster Grund für die Finanzkrise. Der weltweite Abschwung hat sie nur vorübergehend gemindert. Sie kommen wieder - und zwar mit Macht.In den ersten beiden Teilen der Serie ging es um Blasenbildung: jene an den Immobilienmärkten in den USA und Europa sowie jene in China, wo der Häusermarkt und die Banken vom Kollaps bedroht sind.
Die tiefe Ursache dieser Blasen und der Krise sind jedoch die globalen Ungleichgewichte.
Wie kommt man zu dieser Aussage, wenn wir es doch offensichtlich mit einer Finanzkrise zu tun haben? Die Kehrseite von Ungleichgewichten in den Warenströmen sind Ungleichgewichte in den Finanzströmen. Ein starker Leistungsbilanzüberschuss, wie ihn Deutschland erwirtschaftet, bedeutet nichts anderes, als dass ein Land mehr spart als investiert und dass es die überschüssigen Ersparnisse im Ausland anlegen muss. Es ist daher kein Wunder, dass Deutschlands Banken so stark von der Subprime-Krise in den USA betroffen sind - der Bankensektor musste das überschüssige Geld im Ausland investieren.
Ohne diese enormen Finanzströme wäre es nie zur Krise gekommen. Während die Leistungsbilanzdefizite und -überschüsse früher innerhalb einer relativ engen Bandbreite schwankten, waren kurz vor der Krise Überschüsse und Defizite von um die zehn Prozent des Bruttoinlandsprodukts vielerorts gang und gäbe.
Diese Ungleichgewichte führten zu Zahlungsströmen in einen nicht regulierten globalen Finanzmarkt. Für diesen Markt bestehen zwar einige Vereinbarungen, die in einzelnen Ländern umgesetzt werden, etwa Eigenkapitalrichtlinien. Aber weder wird der Markt auf globaler Ebene reguliert, noch gibt es eine Institution, die sich um diese Zahlungsströme kümmerte.
Auf zu neuen Rekorden
Im Krisenjahr 2009 haben die Ungleichgewichte zwar abgenommen (siehe Grafik). Man sollte aber vorsichtig sein, daraus einen Trend ablesen zu wollen. Dabei hilft simple Mathematik, wie sie der US-Handelsökonom Kevin O'Rourke anschaulich angewandt hat*: Angenommen, ein Land erwirtschaftet Exporte von 100 und Importe von 80 in einer beliebigen Währung, also einen Überschuss von 20. Wenn nun sowohl Exporte als auch Importe um die Hälfte einbrechen - was ja während der Krise beinahe geschehen ist -, exportiert das Land nur noch 50 und importiert nur noch 40. Damit allein ist der Leistungsbilanzüberschuss von 20 auf zehn gefallen, also um 50 Prozent.
Erholt sich der Welthandel aber wieder, kommen auch die alten Leistungsbilanzdefizite zurück. Wer also anhand der Zahlen von 2009 glaubt, der Rückgang der Defizite sei ein Trend, der lässt sich durch Zahlenspielereien blenden. Der starke Rückgang der Defizite im vergangenen Jahr spiegelt lediglich den Einbruch des Welthandels wider.
Teil 2: Auch die Lohnzurückhaltung in Deutschland ist schuld
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19.08.2010
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Kommentare
- 20.08.2010 10:59:52 Uhr Thomas Müller: @ Newcomer
- 20.08.2010 00:07:47 Uhr Newcomer: Amerika und das Gleichgewicht
- 19.08.2010 12:53:27 Uhr Robert: Gute Kolumne
- 19.08.2010 11:07:32 Uhr Volkswirt: Überschüse und Defizite
- 19.08.2010 10:21:42 Uhr Thomas Müller: Profiteur Deutschland?
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Also die USA exportieren nach wie vor mehr Waren als fast alle anderen Länder, berücksichtigt man auch die Dienstleistungen liegen sie weiterhin auf Platz 1. Aus den USA stammen z.B. pharmazeutische Produkte, Flugzeuge, Software, aber auch Maschinen. Dass es dennoch einen relativen Rückgang gab, liegt sicherlich auch an den USA. Es liegt aber auch an unterbewerteten asiatischen Währungen, die die preisliche Wettbewerbsfähigkeit der dortigen Unternehmen erhöhen. Der so erzielte Leistungsbilanzüberschuss führt unweigerlich zu rückläufigen Marktanteilen der US-Unternehmen (das gleiche in der Eurozone bezüglich DE/ES). Ist ein Unternehmen jedoch erstmal vom Markt verschwunden, verotten auch die Maschinen, geht nach und nach das Know-How verloren. Vielleicht hätten die USA hier mehr unternehmen können, um sich dagegen zu wehren, die Lösung kann jedoch nicht alleine von dort kommen.