FTD-Serie: Wissen, was die Märkte bewegt
Inflation oder Deflation, Rezession oder Depression? Setzen staatliche Hilfspakete an der richtigen Stelle an, wie wirken sie sich auf Devisen und Börsen aus? Sollte man auf Gold, Renten oder Aktien setzen? Welche Sektoren und Firmen sind vielversprechend, welche Fusionen überflüssig? "Das Kapital", die führende Kolumne für Finanzmarktthemen, gibt pointierte Antworten.
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Renten und Devisen: Bundzinsen fallen ins Bodenlose
Anleger in Sorge reißen sich um sichere Staatspapiere. Die Renditen für Staatspapiere rutschen auf Rekordtiefststände ab.Der Markt für Bundesanleihen stößt in bislang ungekannte Dimensionen vor: Die deutsche Finanzagentur, die die Schulden des Bundes verwaltet, musste Investoren am Mittwoch bloß einen Minikupon von 2,37 Prozent bieten, um zehnjährige Papiere im Wert von 6 Mrd. Euro loszuwerden. Zugleich sank die Rendite für Staatsanleihen mit 30 Jahren Laufzeit erstmals auf weniger als drei Prozent. Ein Analyst sprach von einem "Wahnsinnsniveau, das wir hier erreichen".
An den Märkten kursieren derzeit im Wesentlichen zwei Lesarten, um den Boom zu erklären. Nach der einen übertreiben es die Investoren derzeit mit ihrer Flucht in Anleihen solider Schuldnerländer wie Deutschland oder auch Frankreich, die noch immer als sicher gelten. Demnach könnten die Kurse absacken, sobald sich die globalen Konjunkturaussichten wieder verbessern. Der anderen Lesart zufolge ist das niedrige Zinsniveau Ausdruck der Angst vor einer langfristigen wirtschaftlichen Stagnation mit geringem Wachstum und niedriger Inflation.
"Vielleicht müssen wir uns dann auf ein ganz neues Zinsniveau einstellen", sagte Kornelius Purps, Anleiheanalyst der Unicredit. Am Markt werde darum die Frage gestellt, ob 2,30 Prozent für Papiere, die bis 2020 laufen, nicht doch eine akzeptable Verzinsung seien. "Bei drei Prozent hatten wir das Gefühl, dass das schon sehr niedrig ist, bei 2,75 Prozent und 2,5 Prozent auch. Wer weiß, wo das noch hingeht", sagte Purps.
Auch die bis 2015 laufenden Anleihen fielen mit 1,317 Prozent auf ein Rekordtief. Für zehnjährige Papiere boten Investoren am Sekundärmarkt nur noch 2,312 Prozent - auch das hatte es zuvor noch nie gegeben.
"Offenkundig gibt es auch bei diesem tiefen Renditeniveau Nachfrage nach Qualitätspapieren. Das spiegelt den derzeitigen Grad der Unsicherheit wider", sagte Zinsstratege Orlando Green von Crédit Agricole. Der von der zehnjährigen Bundesanleihe abgeleitete Bund-Future stieg um bis zu 62 Stellen auf ein Rekordhoch von 132,31 Zählern.
Die Rendite für Bundesanleihen mit 30-jähriger Laufzeit lag am Mittwoch zwischenzeitlich bloß noch bei 2,986 Prozent. Schon in den vergangenen Tagen waren die Zinsen für die extremen Langläufer stark gesunken. "Seit den Aussagen der US-Notenbank haben die Märkte bei diesen Papieren eine Eigendynamik entwickelt", sagte David Schnautz, Rentenmarktanalyst der Commerzbank.
Die Notenbank hatte zuletzt vor einem Abflauen der US-Konjunktur gewarnt. Zudem kündigten die Währungshüter an, binnen einem Monat für rund 18 Mrd. Dollar amerikanische Staatsanleihen zu kaufen, um die Wirtschaft des Landes zu stützen.
Während der Euro im Vergleich zur US-Währung kaum verändert bei knapp 1,29 Dollar notierte, legte das britische Pfund im Vergleich zu vielen wichtigen Währungen zu. Für 1 Euro gab es zeitweise nur noch 82,22 Pence nach 82,67 Pence am Vortag. Hintergrund war das am Mittwoch veröffentlichte Protokoll der Sitzung der Bank of England von Anfang August. Es dämpfte Spekulationen, dass die Notenbank der Wirtschaft mit weiteren Maßnahmen zur Hilfe eilt - was die Währung belasten würde. "Angesichts der hohen Inflation ist das erst mal kein Thema", hieß es bei den Devisenstrategen der UBS.
Tatsächlich stimmte mit Andrew Sentance sogar ein Notenbanker erneut für eine sofortige Zinserhöhung. Zudem hieß es, es bestehe die Gefahr, dass die Inflationserwartungen aus dem Ruder laufen - worauf die Währungshüter mit einer Anhebung des Satzes von aktuell 0,5 Prozent reagieren könnten.
Insgesamt aber bestätigte das Protokoll das Bild, dass die Bank of England derzeit neutral eingestellt ist. Außer Sentance stehe die Notenbank bereit, falls nötig "in jede Richtung zu reagieren", hieß es in dem Protokoll - also je nach Lage ihre Politik zu straffen oder aber erneut zu lockern.
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18.08.2010
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