GEO WISSEN Nr. 45 - 05/10 - Was will ich? Seite 1 von 2
Artikel drucken   Artikel per E-Mail weiterempfehlen  Artikel bookmarken/vorschlagen
Artikel per E-Mail weiterempfehlen
[x]
[?]


Bitte geben Sie Ihren Namen an!


Bitte geben Sie Ihre E-Mail-Adresse an!
Die angegebene E-Mail-Adresse ist ungültig!


Bitte geben Sie eine Empfänger-Adresse an!
Die angegebene E-Mail-Adresse ist ungültig!




* Pflichtfeld

E-Mail versenden schließen [x]

Hinweis: Ihre E-Mail-Adresse und die E-Mail-Adresse des Empfängers werden ausschließlich zu Übertragungszwecken verwendet und nicht an Dritte weitergeben!



Text von Christian Heinrich

Intuition auf vier Pfoten

Manche Hunde können Epileptiker vor einem bevorstehenden Anfall warnen. Bis heute gibt es für solche Fähigkeiten von Tieren keine letztgültigen Erklärungen.


Mitten in der Nacht – es ist der Heilige Abend 2009 – kommt der Golden Retriever Angel ans Bett von Irene Heiner und legt einen orangefarbenen Sack mit dem Aufdruck „Hilfe“ neben sie. Dann stupst die Hündin die schlafende Frau an – solange, bis sie wach wird. Die Frau schlägt die Augen auf, bemerkt den Sack, und läuft unverzüglich ins Zimmer ihres 17-jährigen Sohnes Christian. Der liegt ruhig da. Doch nach wenigen Sekunden bemerkt Irene Heiner, dass bei ihm ein epileptischer Anfall einsetzt. Sie gibt dem Jungen krampflösende Tropfen und kurz darauf ist der Anfall vorüber.



Manche Tiere scheinen intuitive Fähigkeiten zu haben, die Menschen nicht zugänglich sind. So vermochten im Dezember 2004 einige Elefanten einen bevorstehenden Tsunami zu spüren - und sich in Sicherheit zu bringen (Foto von: GEO WISSEN Grafik)
© GEO WISSEN Grafik
Foto vergrößern
Manche Tiere scheinen intuitive Fähigkeiten zu haben, die Menschen nicht zugänglich sind. So vermochten im Dezember 2004 einige Elefanten einen bevorstehenden Tsunami zu spüren - und sich in Sicherheit zu bringen

„Niemals vorher hatte Angel mich so gezielt gewarnt“, sagt Irene Heiner. Ihr Sohn leidet seit seinem dritten Lebensjahr am Lennox-Gastaut-Syndrom, eine seltenen und schwer zu behandelnden Form von Epilepsie. Besonders bei Müdigkeit und nachts kommt es zu Anfällen. Die nimmt der Golden Retriever inzwischen fünf bis zehn Minuten vor Ausbruch wahr und meldet sie – früher, als selbst ein Arzt erste Anzeichen bemerken würde.

Thailand, Khao Lak, Ende 2004: Am Morgen des 26. Dezember werden die Elefanten des Touristenführers Wit Aniwat plötzlich unruhig und geben grollende und trompetende Laute von sich. Hunderte Kilometer entfernt hat vor etwa einer Viertelstunde der Meeresboden gebebt und löst einen gewaltigen Tsunami aus, der wenige Stunden später fast einer Viertelmillion Menschen an den Küsten des Pazifik den Tod bringen wird.

Nach einiger Zeit reißen sich die Elefanten von ihren Ketten los und rennen landeinwärts auf einen Hügel. Einige Menschen folgen ihnen – und retten sich damit vermutlich das Leben. Sie stehen wenig später nur Meter über den Fluten, die um sie herum alles mitreißen.

Haben Elefanten und Hunde einen sechsten Sinn?
Was spürten die Elefanten? Kann ein Hund tatsächlich epileptische Anfälle bei Menschen vorhersehen? Haben Tiere so etwas wie einen sechsten Sinn? Also besondere intuitive Fähigkeiten, die Menschen nicht zugänglich sind?

„Man kann durchaus sagen, dass Tiere einen sechsten Sinn haben“, sagt der Zoologe Helmut Kratochvil von der Universität Wien, ein Experte für Kommunikation und Wahrnehmung bei Tieren. Viele Vögel verfügen etwa über einen Magnetsinn; mit dessen Hilfe sie sich am Erdmagnetfeld orientieren und der ihnen hilft über Tausende Kilometer Entfernung ihr Winterquartier zu finden. Knorpelfische, wie die Haie besitzen Sinneszellen zur Wahrnehmung elektrischer Felder; auf diese Weise spüren sie kurz vor dem Zubeißen, wo genau sich ihre Beute befindet.

„Abgesehen davon sind uns Tiere auch bei den herkömmlichen Sinnen mitunter überlegen“, sagt Kratochvil. „Einer Tsunamiwelle etwa eilt eine viel schnellere Infraschallwelle voraus, die sich erst durch das Wasser und dann durch die Luft fortbewegt. Dass Elefanten sie wahrnehmen können, ist inzwischen experimentell nachgewiesen.“ Möglich sei es auch, dass die Elefanten über ihre empfindlichen Fußsohlen die seismischen Aktivitäten des Seebebens gespürt haben, die den Tsunami verusacht haben.

Bei Vögeln spekulieren Forscher, ob sie womöglich eine Veränderung der Luftzusammensetzung durch aufsteigende Gase wie Kohlendioxid oder Radon wahrnehmen können. Denn die geht größeren Beben häufig voraus. Eine weitere Erklärung hat der deutsche NASA-Astrophysiker Friedemann Freund ins Spiel gebracht: „Kurz vor einem Erdbeben ist die Luft über dem entsprechenden Gebiet positiv geladen, ähnlich wie bei einem Gewitter.“

Diesen Effekt konnte er im Labor nachweisen: Durch mechanischen Druck auf das eine Ende eines Felsbrockens wurden an dessen anderem Ende elektrisch geladene Teilchen freigesetzt. Diese Teilchen, so Freund, bewirken im Gehirn vieler Tiere eine Ausschüttung des Botenstoffs Serotonin, was wiederum Aufregung und Angst auslöst.

Tiere müssen sich mehr auf ihre Intuition verlassen als Menschen
An übersinnliche Fähigkeiten glauben die meisten Forscher nicht. „Auch bei Tieren resultiert die Intuition aus Sinneswahrnehmungen und Erfahrungen, die unter Umgehung des Bewusstseins erfolgen“, sagt Helmut Kratochvil. Da bewusste Denk- und Entscheidungsprozesse bei Tieren keine große Rolle spielen, müssten sie sich allerdings mehr als Menschen auf ihre Intuition verlassen.

Wenn Tiere dann scheinbar wie von selbst richtig handeln, ist das für den US-Biologen Marc Bekoff ein Zusammenspiel von Intuition und Instinkt. Während Intuition auf einer unbewussten Analyse vergangener Erfahrungen beruht, gilt Instinkt als eine angeborene Verhaltensweise, die für bestimmte Situationen überlebenswichtig ist.

Bekoff erwähnt das Beispiel seines Schäferhundes: Ob draußen ein Auto laut hupt oder er klassische Musik hört, in der plötzlich ein Trommelwirbel ertönt – das Tier lässt sich nicht aus der Ruhe bringen. Bisweilen beginnt es jedoch unvermittelt hin und her zu laufen und zwängt sich unter das Sofa. Dann weiß Bekoff, ohne dass er auch nur ein fernes Grummeln vernommen hätte: Ein Gewitter rückt näher. „Mein Hund hat noch niemals gesehen, wie jemand vom Blitz getroffen wurde – und doch tut er das einzig richtige: er sucht Schutz unter einer Überdachung“, sagt Bekoff. Der Hund hat den Donner dank seiner feinen Ohren einfach früher gehört als jeder Mensch.


zurück zur Hauptseite



Seite 1 von 2



Lesezeichen für den Artikel "Intuition auf vier Pfoten" setzen bei...

BlinkList del.icio.us Folkd Furl Google Linkarena Mister Wong OneView Webnews YiGG Yahoo MyWeb

art, Reise auf BRIGITTE.de, Reise auf Eltern.de, Kinder auf GEOlino, Reisen auf GEO-Reisecommunity, Laender auf NATIONAL GEOGRAPHIC, Tipps auf PM Online, Reise auf stern.de

G+J Glossar
Partner-Angebote