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  24.08.2010, 17:00    

Ende der Wehrpflicht: Schmerzvolle Lösung beim Freiwilligendienst

Leitartikel Mit freiwiligem Engagement der Bürger lässt sich Deutschlands künftiges Pflegeproblem nicht lösen. Dazu braucht es mehr Geld - oder mehr Einwanderer.
Loben Politiker das freiwillige Engagement ihrer Bürger, handelt es sich entweder um eine folgenlose Sonntagsrede - oder es gibt ein echtes Problem. Bei Bundesfamilienministerin Kristina Schröder trifft Letzteres zu. Falls die Bundesregierung tatsächlich die Wehrpflicht aussetzen sollte, würde automatisch auch der bisherige Zivildienst entfallen. Das stellt viele Organisationen vor echte Probleme. Wenn Schröder daher nun plötzlich das Hohe Lied auf den Freiwilligendienst singt, ist das nachvollziehbar. Doch sie greift damit viel zu kurz.
Denn das Problem, das der demografische Wandel in Deutschland vor allem im Pflegebereich aufwirft, ist mehrere Nummern zu groß, als dass man es mithilfe von Freiwilligen lösen könnte.
Das gilt selbst dann, wenn Schulabsolventen sich in nennenswerter Zahl für den neuen Dienst gewinnen ließen - was mehr als unsicher ist. Schließlich trichtern Politiker und Wirtschaftsverbände ihnen seit Jahren ein, wie wichtig es ist, schnell die Schule abzuschließen, schnell eine Ausbildung zu machen und dann jung ins Berufsleben einzusteigen. Und das übrigens aus dem gleichen Grund, der uns auch das Pflegeproblem beschert: weil in Deutschland die jungen Menschen und damit der Nachschub an Arbeitskräften knapp werden.
Das heißt nicht, dass es nicht trotzdem sinnvoll sein kann, den Freiwilligendienst zu bewerben und zu fördern - etwa durch eine großzügige Anerkennung bei der Rentenberechnung. Schließlich fördert ein solcher Dienst menschliche Qualitäten, die keine noch so gute fachliche Ausbildung vermitteln kann. Doch das wahre Problem muss auf anderer Ebene gelöst werden.
Die Debatte um die Freiwilligendienste lenkt das Augenmerk nun auf ein wichtiges Detail: Deutschland bekommt nicht nur ein Fachkräfte-, sondern ganz allgemein ein Arbeitskräfteproblem. Und das ignoriert die Bundesregierung bisher aus Leibeskräften.
Der Grund dafür ist simpel: Es gibt keine politisch schmerzfreie Lösung. Die Pflege alter und kranker Menschen ist ebenso wie die Begleitung und Betreuung Behinderter eine personalintensive, aufreibende, körperlich beanspruchende Arbeit, die sich nicht in Billiglohnländer verlagern lässt.
Damit bleiben zwei Möglichkeiten: Entweder man erhöht die Löhne so drastisch, dass Pflegedienste mit anderen, leichteren Dienstleistungsjobs konkurrieren können. Das würde teuer für Familien und Sozialsysteme - und damit für uns alle.
Oder man öffnet den Sektor für gering qualifizierte Zuwanderer, die zu geringeren Löhnen arbeiten. Das jedoch brächte die bestehenden Löhne unter Druck, Arbeitnehmer und Gewerkschaften gingen auf die Barrikaden.
Wenn sich Familien- und Arbeitsministerin an diese Themen heranwagen würden, würde das der Sache mehr helfen als schöne Worte über den Wert freiwilligen Engagements.
  • 24.08.2010
    © 2010 Financial Times Deutschland
Kommentare
  • 25.08.2010 09:59:06 Uhr   Nils: Jammern auf hohem Niveau

    Muss Wilhelm Robbel da 100% zustimmen.

    Da beschweren sich größtenteils gewinnorientierte Unternehmen darüber dass sie keine billigen Arbeitskräfte mehr bekommen. Es ist ja nicht so dass die Leistungen die Zivis erbringen auch für den Leistungsempfänger (Patienten, Alten usw.) kostenlos sind, wenn mich ein Zivi mit dem Krankenwagen abholt habe ich das zu bezahlen. Ich kann mir aber vorstellen dass sich die Träger dann bald im Pool der 1 Euro Jobber bedienen wollen.

    Zum Glück gibt es keine rechtliche Grundlage im Grundgesetz für einen anders gearteten Zwangsdienst wie er sicher bald gefordert wird. Wobei das Grundgesetz im Bezug auf den Wehrdienst bisher weder Regierung noch Bundesverfassungsgericht gestört hat.

  • 24.08.2010 22:09:52 Uhr   Wilhelm Robbel: Milchmädchenrechnung der Begünstigten
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