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El Silbo zielt auf das Sprachzentrum

Wie die Gomera-Pfeifsprache auf das Gehirn wirkt

Matthias Kunert

Silbo Gomero, die ungewöhnliche Pfeifsprache der Hirten auf der Kanareninsel La Gomera, wird im Gehirn wie eine gesprochene Sprache verarbeitet. Das fanden spanische und US-Wissenschaftler heraus, als sie die Aktivität der Hirnregionen von Silbo-Sprechern im Kernspintomographen untersuchten. Die Ergebnisse ihrer Tests veröffentlichen Manuel Carreiras von der Universidad de La Laguna in Teneriffa und David Corina von der University of Washington in Seattle und ihre Kollegen im Forschungsmagazin Nature.

Die Ursprünge von Silbo Gomero oder El Silbo (der Pfiff) liegen im Dunkeln. Sicher ist, dass sich Berghirten auf Gomera schon im 15. Jahrhundert über Täler hinweg auf diese Weise verständigt haben - ähnlich wie es die Hirten in den Alpen mit Jodeln taten. Die Pfeifsprache ahmt die spanische Sprache nach, hat dafür aber nur 2 Vokale und 4 Konsonanten zur Verfügung.

Die Wissenschaftler spielten den Probanden Aufnahmen von Silbo-Pfiffen vor. Anschließend hörten die Testpersonen Wörter und Sätze in ihrer spanischen Muttersprache. Dabei registrierten die Forscher jeweils verstärkte Aktivitäten in den Stirn- und den unteren Schläfenlappen, dem Sprachzentrum des Menschen. Verstärkte Hirntätigkeit in diesem Bereich registrierten die Forscher auch, wenn die Probanden sprachen oder Silbo pfiffen. Die Kontrollgruppe bestand aus Menschen mit spanischer Muttersprache, die jedoch die Pfeifsprache nicht beherrschten. Bei ihnen wurde die Aktivität nur bei den spanischen Proben, nicht aber bei Silbo registriert. (mk.)

Nature, Bd. 433, S. 31