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Vokabeln lernen mit Rammstein

Deutsche Redakteure geben in Sibirien eine Jugendzeitschrift für Russen heraus

Katja Hübner

My govorim po nemeckij - wir sprechen deutsch." Eine Million Jugendliche in Russland können das von sich sagen. Sie hören Rammstein, lesen Sven Regener und schauen sich "Good bye, Lenin" an. Wenn sie wissen wollen, was aktuell in Deutschland los ist, blättern sie in "vitamin de".

"Vitamin de" ist ein modernes Deutschlernprogramm für Jugendliche Osteuropas. Ein Magazin mit Texten über die neuen Platten deutscher Popbands, über Soldatinnen in der Bundeswehr, multikulturelle Ehen in Deutschland oder Modetrends in Berlin. Auf Deutsch geschrieben balanciert die Zeitschrift zwischen Bravo und Neon, mit dem kleinen Unterschied, dass sie in Omsk, Russland, produziert wird.

Der Chefredakteur ist aus Berlin. 1999 kam Robert Teschner in die westsibirische Millionen-Metropole. Dort gründete er zusammen mit seinem Kollegen Tillman Heß "vitamin de", damals noch eine Schüler- und Studentenzeitschrift mit 1 000 Exemplaren Auflage. Bald schon stellte Teschner fest, dass in der Zeitschrift mehr Potenzial steckt.

Aus dem schwarz-weiß-kopierten Heft entwickelte der studierte Kulturwissenschaftler ein Farbmagazin. Ein Jugendjournal, das ein modernes Bild von Deutschland vermittelt und gleichzeitig Sprache verständlich lehrt. Seit 2002 erscheint es vier Mal im Jahr - mittlerweile in Russland, in der Ukraine, in Kasachstan, Weißrussland und Polen, Auflage 13 000. Die Artikel sind kurz und übersichtlich. Viele Fotos und Grafiken bestimmen das Layout. In so genannten Slowariks, kleinen wörterbuchähnlichen Einträgen, sind die wichtigsten Vokabeln ins Russische übersetzt.

"Unsere Strategie ist: Deutsch lesen, soll Spaß machen, Deutsch lernen, eine unterhaltende Ergänzung zum Unterricht sein", erklärt der Chefredakteur. Die Themen orientieren sich an den Interessen der russischen Jugendlichen für Deutschland. Darin liegt der Erfolg des Magazins. Unterstützt wird "vitamin de" von der Robert-Bosch- Stiftung, dem Institut für Auslandsbeziehungen und dem Goethe-Institut in Moskau. Institutionen, die bekannt dafür sind, deutsche Kultur in Osteuropa populär zu machen. Mit einer Zeitschrift gelingt das vielleicht am besten: Deutschland bekommt ein Gesicht.

Ein festes Team von drei deutschen Redakteuren sitzt seit Januar dieses Jahres in einem eigenen Omsker Büro. Die Texte werden zum großen Teil von freien deutschen und russischen Autoren geliefert. Fast 40 Seiten hat jedes Heft. Vorerst liegt es nur in Bibliotheken, an Universitäten und Schulen aus. Wenn es nach Robert Teschner ginge, kämen Kiosk und Abonnement dazu. Denn die Nachfrage ist groß und mit 45 Rubel (etwa 1,20 Euro) ist "vitamin de" nicht teurer als ein russisches Magazin.

Für eine größere Verbreitung will er nun die Unterstützung deutscher Organisationen in Russland gewinnen. Er verhandelt auch mit einem deutschen Verlag. ",Vitamin de' ist so weit, dass man das Produkt weiter führen kann", sagt Robert Teschner. Litauen, Lettland und Estland hat er im Blick.

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Foto: Im aktuellen Heft geht es um die Lust der Deutschen am Extremsport.