FTD.de » Finanzen » Aktien + Märkte » Marktberichte Aktien » Im Rückblick die große Krise meistern
  FTD-Serie: Neustart der Ökonomie

Von der Krise wurde die Zunft der Wirtschaftswissenschaftler mit wenigen Ausnahmen überrollt. Jetzt spüren einige Theoretiker wieder festeren Boden. Die FTD stellt die neuen Denker von nun an jeden Dienstag vor - in Kooperation mit dem Institute for New Economic Thinking.

3 Bewertungen  Schriftgröße: AAA

  28.07.2010, 06:00    

Neue Denker (19): Im Rückblick die große Krise meistern

Als Griechenlands Schulden noch niemanden interessierten, warnte Ken Rogoff, dass der Bankenkrise bald Staatscrashs folgen. Das lehre die Geschichte der Finanzkrisen, so der US-Ökonom, der für seine Zunft ein Revival historischer Vergleiche fordert. von Thomas Fricke  Berlin
Seit Ausbruch der Krise vergeht kaum ein Halbjahr, in dem der Harvard-Professor nicht vor neuen Krisenschüben warnt - und dabei auf vergangene Krisen verweist. Rogoff prophezeite, dass die Rezession, die dem US-Crash folgte, überdurchschnittlich lang dauern wird. Und er warnte vergangenen Sommer, dass Finanzkrisen eine zweite Welle mit sich ziehen, in der die Staatsfinanzen kriseln.
Kenneth Rogoff, Professor für Ökonomie an der Harvard Universität   Kenneth Rogoff, Professor für Ökonomie an der Harvard Universität
Der penetrante Verweis auf die Geschichte kommt in den Wirtschaftswissenschaften einer (Konter-)Revolution gleich. "Die Erforschung der Wirtschaftsgeschichte ist marginalisiert worden", sagt Rogoff. Seit die Zunft vom Glauben an rationales Verhalten gepackt wurde, setzten die Ökonomen auf abstrakte Modelle mit der Annahme, dass wirtschaftliche Prozesse immer ähnlichen Prinzipien folgen.
Die Idee Nach Rogoffs Diagnose hat dieses Vorgehen nicht die Krise erkennen geholfen, auch lasse sich nicht die Annahme halten, dass sich Finanzmärkte über das Auf und Ab von Preisen vernünftig selbst regulieren. Das Problem sei, dass sich die Wirtschaft nur dann in Modelle passen lasse, wenn die Menschen stets ähnlich reagieren. In einer Finanzkrise komme es aber zu ungewöhnlichen Ereignissen und überproportionalen Reaktionen. "Selbst mit einem Modell, das in Normalzeiten perfekt funktioniert, lässt sich da wenig erklären." Dann gibt es zu wenige Vergleichswerte, um systematische Formeln abzuleiten.
Für Rogoff liegt ein Ausweg im historischen Vergleich. Zusammen mit Carmen Reinhart von der Universität Maryland fing der frühere Chefvolkswirt des Internationalen Währungsfonds schon vor rund acht Jahren an, Daten zu sammeln - und stellte fest, dass Finanzkrisen eine große Konstante sind. Seit 1800 gab es weltweit 70 Krisen, die dem Ausufern von Inlandsschulden folgten - und mehr als 250 Auslandsschuldenkrisen.
Rogoff und Reinhardt fanden heraus, dass es ein paar unzweideutige Phänomene gibt, die vor fast jeder Finanzkrise auftreten und als Warnsignal meist übersehen werden: eine Welle an Finanzmarktliberalisierungen, hohe Kapitalzuflüsse, eine hohe private Verschuldung, ein starker Anstieg von Immobilienpreisen und eine abflauende Konjunktur - wie in den USA 2007/08. Die Ökonomen berechneten auch, dass dann lange Rezessionen folgten und sich die Staatsschulden im Schnitt anschließend fast verdoppelten.
Was Praktiker daraus lernen
Rogoff schlägt vor, ein Frühwarnsystem aufzubauen, das sich an historisch üblichen Warnsignalen orientiert. Aus den Forschungen lässt sich ableiten, dass die Griechenland-Krise Teil der zweiten Welle der Finanzkrise ist - weil weltweit plötzlich ein stärkerer Wettbewerb um Staatsanleihen herrscht. Was im Umkehrschluss vermuten lässt, dass die Krise nicht mit griechischem Sparen allein zu beheben ist. Aus der erfahrungsgemäßen Länge von Rezessionen leitete die US-Regierung auch ab, dass ihr Konjunkturpaket längerfristig angelegt sein sollte.
Nach Rogoffs Auswertung gilt umgekehrt die Regel, dass Staatsschulden zum ernsten Wachstumshemmnis werden, wenn sie bei mehr als 90 Prozent des Inlandsprodukts liegen - danach ließe sich urteilen, wer noch Kredite aufnehmen kann und wer nicht.
Ökonom und Schachmeister
Topforscher
Nach Stationen in Berkeley und Princeton ist Kenneth Rogoff derzeit Professor an der Harvard University. Von 2001 bis 2003 war er zudem Chefökonom des Internationalen Währungsfonds.
Topstratege
Neben seiner Karriere als Ökonom war Rogoff auch als Schachspieler erfolgreich. Er bekam 1978 vom Weltschachverband den Titel eines Internationalen Großmeisters verliehen.
  • 28.07.2010
    © 2010 Financial Times Deutschland
markets - Das Finanzinformationsportal
  DAX 5951,17  [38.59 +0,65%
  Dow Jones 10150,95  [165.14 +1,65%
  Euro 1,274 USD  [-0.0014 -0,11%
  Euro Stoxx 50 2630,65  [26.99 +1,04%
  Bilderserie Ökonomen-Vorhersagen Die geschwätzigen Orakel

Bilderserie

 



Meine FTD.de
FTD.de als Startseite

Starten Sie automatisch. Es geht ganz einfach. mehr


Alex - der Comic aus der FTD
Thilo Sarrazins Deutschland-Analyse ist...

 

Thilo Sarrazins Deutschland-Analyse ist...

Zum Ergebnis Alle Umfragen

Börsenglossar

Begriffe rund um das Thema Börse und Geldanlage. mehr

Boersenglossar
 FTD-Wirtschaftswunder

Alles über Konjunktur und Economics mehr

FTD-Chefökonom Thomas Fricke
Sonderbeilagen

Trends und Themen gebündelt mehr

Weekend - Out of Office
Weekend - Out of Office
  •  
  • blättern
FTD-Mobil

Aktuelle Nachrichten und Börsenkurse rund um die Uhr. mehr FTD-Mobil

Das Wetter heute

weitere Städte

30.08.2010

Regen 15°C

9°C

80 %

31.08.2010

wolkig 18°C

10°C

20 %

01.09.2010

wolkig 19°C

8°C

20 %

02.09.2010

wolkig 21°C

10°C

20 %

powered by wetter.com

Who's who?

Die umfassende FTD-Personendatenbank mehr Testen Sie ihr Wissen!

Who is who?: Mathias Döpfner
Welches Amt übt Mathias Döpfner aus?
markets - Das Finanzinformationsportal

Kurssuche in markets

Sudoku

Lösen Sie das Zahlenkniffel mehr

leicht mittel schwer

Sudoku - Lösen Sie das Zahlenkniffel
AKTIEN + MÄRKTE
  •  
  • blättern
IMMOBILIEN
  •  
  • blättern
GRÜNES GELD
  •  
  • blättern
DERIVATE
  •  
  • blättern
ALTERNATIVE ANLAGEN
INVESTMENTFONDS
FINANZCHECK
  •  
  • blättern
 
Home | Unternehmen | Finanzen | Börse | Politik | Management+Karriere | IT+Medien | Wissen | Sport | Auto | Lifestyle | zum Seitenanfang

© 1999 - 2010 Financial Times Deutschland
Aktuelle Nachrichten über Wirtschaft, Politik, Finanzen und Börsen

Börsen- und Finanzmarktdaten:
Bereitstellung der Kurs- und Marktinformationen erfolgt durch die Interactive Data Managed Solutions AG. Es wird keine Haftung für die Richtigkeit der Angaben übernommen!

Über FTD.de | Impressum | Datenschutz | Disclaimer | Mediadaten | E-Mail an FTD | Sitemap | Hilfe | Archiv
Mit ICRA gekennzeichnet

VW | Siemens | Apple | Gold | MBA | Business English | IQ-Test | Gehaltsrechner | Festgeld-Vergleich | Erbschaftssteuer
G+J Glossar
Partner-Angebote