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Textarchiv der Berliner Zeitung

Datum:
28.07.1999
Ressort:
Wissenschaft
Autor:
Frank Grotelüschen
Seite:
W1

Ein Universum aus Fädchen

Die String-Theorie soll die Quantenphysik und Einsteins Allgemeine Relativitätstheorie vereinen

Nach all den Medienberichten über die Konferenz "Strings 99" vergangene Woche in Potsdam mag es so scheinen, als sei Stephen Hawking die Koryphäe in diesem Wissenschaftszweig. Dieser Eindruck täuscht: Hawking ist auf dem Gebiet der String-Theorie nur eine Randfigur. Die wirklichen Stars der Tagung waren Forscher wie Michael Green, der als Miterfinder der String-Theorie gilt, und Edward Witten als ihr großer Innovator.

Die String-Theorie hält Fachkreise seit Jahren in Atem (siehe Kasten). Es könnte sein, daß sich mit ihrer Hilfe die beiden bedeutendsten Physiktheorien des Jahrhunderts zu einem einheitlichen Modell zusammenbauen lassen: Einsteins Allgemeine Relativitätstheorie sowie die Quantentheorie. Einsteins Gleichungen beschreiben den Aufbau des Universums im großen, die Quantenphysik erfaßt den Mikrokosmos, die Welt der Atome und Elementarteilchen.

Beide Theorien sind zwar in sich schlüssig. Doch sie haben einen grundlegenden Fehler: Sie lassen sich nicht miteinander in Einklang bringen. Um etwa Schwarze Löcher oder den Moment des Urknall mathematisch zu erfassen, versuchten Physiker bereits in den dreißiger Jahren, beide Theorien miteinander zu kombinieren. Sie stießen dabei auf große Widersprüche. Seither arbeiten die Forscher vergeblich an einer einheitlichen Theorie der "Quantengravitation". Eine der Folgen: Bis heute ist unklar, was sich in den ersten Sekundenbruchteilen des Urknalls vor etwa 15 Milliarden Jahren abspielte, als alle Materie und Energie des Universums zu einem winzigen Punkt zusammengeballt waren.

Mathematisch gesehen läßt sich das Problem buchstäblich "auf den Punkt" bringen. Die herkömmlichen Theorien der Physik gehen im Prinzip davon aus, daß die Elementarbausteine der Materie wie etwa das Elektron die Form von Punkten haben. Diese aber sind genau genommen unendlich klein. Das hat zur Folge, daß sich zwei dieser Elementarpunkte theoretisch beliebig nahe kommen können. Damit aber würde die Schwerkraft zwischen den beiden Partikeln ins Unendliche wachsen eine physikalische Absurdität, welche die Theoretiker bislang nur mit mathematischen Tricks zu umgehen vermögen.

Demgegenüber haben Strings eine bestimmte wenn auch extrem geringe Ausdehnung. Aus diesem Grund können sie einander niemals so nahe kommen, daß die Gravitationskräfte zwischen ihnen übermäßig groß werden. Eben diese Vorstellung scheint jedenfalls im Prinzip die Verbindung zwischen Quantentheorie und Einsteins Relativität möglich zu machen. Mit den Strings, so ihre Befürworter, sei man auf dem Weg zu einer "allumfassenden" Theorie der Physik, welche die Urbausteine der Materie beschreiben und sogar den Urknall in eine einzige Formel packen würde.

Ins Gespräch gebracht wurden die Strings in den Siebzigern insbesondere von Michael Green aus Cambridge. Damals aber scheiterten die Forscher an einem gravierenden Problem. Bei ihren Überlegungen stießen sie nicht wie gewünscht auf nur eine String-Theorie, sondern gleich auf sechs und keiner wußte, welche die richtige ist. Das änderte sich, als Edward Witten, Professor am Institute for Advanced Study in Princeton, vor drei Jahren die "M-Theorie" ins Spiel brachte. Diese hat den Vorzug, die sechs String-Varianten auf einen einzigen Ansatz zurückzuführen, den derzeitigen Kandidaten für eine allumfassende Theorie.

Das "M" steht für Membran. "Man stellt sich vor, daß Strings an Membranen angeklebt sind, auf denen sie dann schwingen können", erläutert Jan Louis von der Universität Halle. "Das sind ganz neue Entwicklungen, die noch nicht hundertprozentig verstanden sind." Ähnlich abstrakt klingt die Vermutung von Michael Green. "Es könnte sein, daß nicht nur die Fundamentalteilchen die Gestalt winziger Saiten haben. Die Raumzeit selbst könnte eine string-ähnliche Struktur aufweisen."

Ob an derlei Spekulationen tatsächlich etwas dran ist, müssen weitere Berechnungen zeigen. Aber selbst, wenn sich dabei herausstellen sollte, daß die Strings tatsächlich die Urbausteine aller Materie sind direkt beobachten wird man sie wohl kaum können. Denn der Theorie zufolge mißt ein String gerade mal zehn hoch minus 33 Zentimeter (siehe Kasten). Die Fädchen sind also derart klein, daß selbst die Mikroskope und Beschleuniger der fernen Zukunft sie höchstwahrscheinlich nicht sichtbar machen werden.

Von dieser niederschmetternden Erkenntnis lassen sich die String-Befürworter nicht entmutigen. "Die wichtigste Entdeckung, die wir im nächsten Jahrzehnt zu machen hoffen, ist die Supersymmetrie", sagt Witten. "Die Supersymmetrie ist ein wichtiger Teil der String-Theorie. Sie wird hoffentlich am LHC gefunden werden, einem Großbeschleuniger in der Nähe von Genf." Vereinfacht gesagt, bringt die Supersymmetrie Materieteilchen und Naturkräfte in einen engen Zusammenhang. Ihre Entdeckung würde die Existenz der kleinen Saiten zumindest untermauern.

Eine andere Beobachtung würde nicht nur die String-Protagonisten in Aufregung versetzen. Sie hat damit zu tun, daß Strings der Theorie zufolge nicht in den gewohnten vier Dimensionen herumschwirren, in den drei Raumdimensionen und der Zeit, sondern in insgesamt elf Dimensionen. Die sieben Zusatzdimensionen machen sich deswegen nicht im Alltagsleben bemerkbar, weil sie sich im unmeßbar kleinen Mikrokosmos irgendwie ineinanderstülpen und zusammenrollen wie ein Murmeltier. Aber: "Es gibt ganz neue Ideen, daß die Zusatzdimensionen, die man in der String-Theorie voraussetzt, viel weniger eng zusammengerollt sein könnten, als wir zunächst angenommen hatten", spekuliert Michael Green. "Sollten sich diese Ideen bewahrheiten, könnten wir diese Extradimensionen tatsächlich mit künftigen Beschleunigern beobachten." Auch die Entdekkung von Extradimensionen würde die String-Theorie zwar nicht beweisen, aber stützen.

Schließlich ist da noch ein weiteres ominöses Phänomen, durch das sich die Strings verraten könnten. In wenigen Jahren dürften die Forscher mit kilometerlangen Spezialdetektoren in der Lage sein, aus den Tiefen des Weltalls sogenannte Gravitationswellen zu empfangen. Die String-Theorie legt gewisse Abweichungen von den erwarteten Meßwerten nahe. "Leider sind wir im Augenblick von der Meßgenauigkeit, die dazu notwendig wäre, weit entfernt", schränkt Jan Louis ein. "Aber es kann natürlich unvorhergesehene Entwicklungen in der Meßtechnik geben." Sollte man das Experiment eines Tages tatsächlich machen können, würde es zur Nagelprobe für die String-Theorie werden.

Noch ist ungewiß, ob die String-Theorie experimentell bewiesen werden kann. Trotzdem gilt sie bei vielen Fachleuten als aussichtsreicher Kandidat für eine einheitliche Theorie der Physik. Wie lange es allerdings dauern wird, sie auszuarbeiten, wagt auch Stephen Hawking nur ungefähr vorherzusagen. "1980 dachte ich, die Chancen, bis zum Ende des Jahrhunderts eine allumfassende Theorie zu finden, stehen 50 zu 50." Seither habe man zwar "große Fortschritte gemacht", aber dem Ziel scheine man "noch nicht viel näher zu sein", so Hawking. "Dennoch glaube ich, daß die Chancen, die Lösung innerhalb von 20 Jahren zu finden, 50 zu 50 stehen von heute an gezählt."

11. Februar 2006
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