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Der Abwehrkampf von Hochtief

Interview zur geplanten feindlichen Übernahme von Hochtief

Was bedeutet es, wenn der spanische Baukonzern ACS sein Übernahmeangebot für Hochtief vorlegt? Eine feindliche Übernahme, eine Chance? WDR-Wirtschaftsredakteur Jörg Marksteiner erklärt die Konsequenzen für Hochtief und die Belegschaft.

Die deutsche Wertpapieraufsicht Bafin hat bis zu drei Wochen Zeit, das Angebot von ACS zu prüfen. Gibt sie grünes Licht, kann ACS den Aktionären eine Frist von einigen Wochen setzen, um sich für oder gegen das Angebot zu entscheiden. Hochtief1, der größte Baukonzern Deutschlands, hingegen wehrt sich verzweifelt gegen die feindliche Übernahme, also den Kauf der Kapitalmehrheit des Unternehmens gegen seinen Willen.

WDR.de: Wie ist das Angebot von ACS einzuschätzen?

Jörg Marksteiner; Rechte: WDR/KianmehrBild vergrößern

Wirtschaftsredakteur Jörg Marksteiner

Jörg Marksteiner: Ich halte das Angebot für bewusst unattraktiv. ACS bietet acht eigene Aktien für fünf von Hochtief - ohne den sonst üblichen Aufschlag von 20 Prozent und ohne zusätzlich Bargeld draufzulegen. Das ACS-Angebot dürfte die Aktionäre wenig begeistern - allerdings muss der spanische Konzern momentan gar kein besseres Angebot machen, denn er braucht nur wenige Aktien, um über die Hürde von 30 Prozent an Hochtief zu kommen. Momentan liegt der ACS-Anteil bei knapp unter 30 Prozent. Hat der spanische Konzern diese Hürde erst einmal überwunden, kann er in den kommenden Monaten bequem und relativ unbemerkt am freien Aktienmarkt Hochtief-Aktien zukaufen oder ganze Aktienpakete zum Beispiel von Fonds übernehmen, bis er die Mehrheit erreicht hat.

WDR.de: Als die Spanier bei Hochtief eingestiegen sind, sagten sie noch, sie planten gar keine Übernahme. Jetzt haben sie ihre Strategie geändert - ist Hochtief denn gerade jetzt besonders günstig zu haben?

Marksteiner: Für ACS ist die Übernahme zum jetzigen Zeitpunkt sinnvoll. Hochtief kann das eigentlich nicht überraschen. Der Essener Konzern ist sehr profitabel, hat lukrative Tochterfirmen im Ausland und viel Bargeld in der Kasse. Die Spanier dagegen sind hoch verschuldet. Wenn sie die Mehrheit an Hochtief übernehmen, können sie ein gesundes, profitables Unternehmen in ihre Bilanz aufnehmen und so ihr eigenes Verhältnis von Schulden zu Vermögenswerten in der Bilanz verbessern. Außerdem ist der Bauboom auf dem spanischen Markt zu Ende, und durch die Übernahme von Hochtief könnten die Spanier internationaler werden.

WDR.de: Was bedeutet eine eventuelle Übernahme für die Arbeitsplätze bei Hochtief, vor allem in Deutschland?

Hochtief-Baustelle; Rechte: HochtiefBild vergrößern

Über 4.000 Mitarbeiter hat der Konzern in NRW

Marksteiner: Der Betriebsrat fürchtet einen massiven Stellenabbau und dass ACS Teile des Unternehmens verkaufen könnte, denn die einzelnen Konzernteile von Hochtief sind mehr wert als der Konzern zusammengenommen. ACS sagt aber, man wolle die Marke Hochtief und sogar die Essener Konzernzentrale erhalten - die Frage ist, inwieweit das glaubhaft ist. Ich vermute allerdings nicht, dass ACS Hochtief komplett zerschlagen will. Ich könnte mir eher vorstellen, dass ACS vielleicht Vermögenswerte abzieht, beispielsweise über Sonderausschüttungen, die an die Aktionäre und vor allem an ACS als Mehrheitsaktionär gezahlt werden müssten.

WDR.de: Was kann Hochtief noch tun, um die Übernahme noch zu verhindern?

Marksteiner: Im Moment sehe ich nicht viele Möglichkeiten. Ein so genannter "weißer Ritter", also ein Finanzinvestor, der sich an Hochtief beteiligt, so dass es nicht mehr übernommen werden kann, ist derzeit nicht in Sicht. Der Essener Konzern kann noch eine Kapitalerhöhung durchführen, also zusätzliche, eigene Aktien ausgeben. Das verwässert jedoch auch die prozentualen Anteile der bisherigen Aktionäre. Zudem kann man mit dieser Taktik höchstens Zeit gewinnen. Dann bleiben noch die so genannten "Giftpillen": Das bedeutet, dass ein Unternehmen sich selbst für eine Übernahme unattraktiver macht. Deshalb sind sie nicht unumstritten. Eine "Giftpille" könnte die australische Hochtief-Tochter Leighton sein: So stellte Hochtief bei der australischen Börsenaufsicht den Antrag, dass ACS auch sämtlichen Leighton-Aktionären ein Übernahmeangebot machen muss. Falls die australische Börsenaufsicht zugunsten von Hochtief entscheidet, könnte das Ganze für ACS zu teuer werden. Das könnten die Spanier eventuell nicht stemmen.

WDR.de: Könnte eine eventuelle Übernahme auch Vorteile für Hochtief haben?

Marksteiner: Es ist ja oft so, dass aus feindlichen Übernahmen, die nicht abgewendet werden konnten, irgendwann freundliche Übernahmen werden und die Unternehmen sogar nach einiger Zeit gut zusammenarbeiten. Die beiden Baukonzerne würden gut zusammenpassen. ACS hat Zugang zu den spanischen und lateinamerikanischen Märkten, Hochtief dagegen ist in Deutschland und zahlreichen anderen Auslandsmärkten stark. Beide zusammen wären der drittgrößte Baukonzern der Welt und sicher ein wichtiger Ansprechpartner bei internationalen Großprojekten.

Das Interview führte Petra Blum.

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1 Hochtief

Hochtief ist der größte deutsche Baukonzern, der Konzernsitz steht in Essen. Von den rund 70.000 Mitarbeitern sind nur knapp 11.000 in Deutschland beschäftigt, davon rund 4.200 in Nordrhein-Westfalen. Im Krisenjahr 2009 setzte das Unternehmen mehr als 18 Milliarden Euro um, was nur knapp unter dem Vorjahreswert lag. Der Gewinn vor Steuern betrug 2009 rund 600 Millionen Euro. Der größte Aktionär von Hochtief ist das spanische Unternehmen ACS. ACS ist der führende Baukonzern in Spanien mit 146.000 Mitarbeitern in aller Welt und einem Umsatz von 15,6 Milliarden Euro im Jahr 2009.

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