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Arzneipflanzen - heute
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Einleitung

Die folgenden Darstellungen sollen vor allem eins bewirken: Interesse am Gebiet der Arzneipflanzen wecken und Grundlage für eine weitergehende Beschäftigung bieten.

Die Forschungsbemühungen im Bereich Arznei-, Gewürz- und Aromapflanzen haben in den letzten Jahrzehnten wesentlich dazu beigetragen, das Bild längst überkommener Vorstellungen zu wandeln. Das seit langem bestehende Bild einer Wald- und Wiesenapotheke, der man kaum ernsthaft Beachtung schenken muß, hat sich überlebt. Zahlreiche Medikamente, zahlreiche Strukturen, zahlreiche neue Therapieansätze stammen aus dem Bereich der modernen Forschung um Arzneipflanzen. Forscher aus den Bereichen der Naturstoff-Analytik, der pharmazeutischen Biologie, der Ethnobotanik, der Pflanzenzüchtung und des Pflanzenbaus haben in den letzten Jahren eine solide Basis für die naturwissenschaftliche Anwendung von Arzneipflanzen im Human- und auch Veterenärbereich geschaffen. Basierend auf bisher meist unbeachteten Überlieferungen, stellt sich immer wieder heraus, daß traditionelle Anwendungen durchaus ihre Begründung in der Wirkung der enthaltenen Pflanzenstoffe besitzen. Klosterbüchereien werden systematisch in ihrem Arzneischatz erfaßt, Wissenschaftler begehen die Märkte aller Herren Länder, um neue Arzneipflanzen zu finden, Eingeborenenvölker in den entlegensten Gegenden werden aufgesucht und versucht medizinisches Wissen, das dem Untergang geweiht ist, zu erhalten. Selbst zu Wasser wird die Suche nach Wirkstoffen in Algen, Schwämmen und anderen marinen Organismen intensiviert. Pflanzen haben in ihrer Millionen Jahre langen Evolution die unterschiedlichsten Antworten auf die sich ihnen entgegen stellenden Probleme gefunden. Parasiten, Pilzbefall, Mikroben, Viren, Fraßfeinde, Konkurrenz, wechselnde äußere Bedingungen - auf alles müssen Pflanzen eine Antwort entwickeln, wollen sie überleben. Hunderttausende von Substanzen wurden von Pflanzen entwickelt, um sie bei ihrem Gang durch die Zeit zu unterstützen. Substanzen, die auch für den Menschen nützlich sein können - nimmt er die Vorschläge vor ihm liegend an.

Gerade in den letzten beiden Jahrzehnten erfuhr das Gebiet der Arzneipflanzen eine sehr wechselhafte Geschichte. Von der "Grünen Welle" Mitte der 90-er Jahre, in der alles und jedes, was nach Blattgrün aussah mancherorts als heilbringend verkauft wurde, bis zur Erstellung sogenannter "Schwarzer Listen" zwischen 1990 und 2000, die bei niedergelassenen Ärzten kursierten. Diese beinhalteten vor allem Medikamente auf pflanzlicher Basis, die über einen Kamm geschoren als wirkungslos und damit als nicht verschreibungswürdig abgestempelt wurden. Eine zwar gesetzeswidrige, aber offensichtlich akzeptierte Praxis, um den Kollaps eines defizitär geführten Gesundheitssystems zu verzögern.

Die Bewertung von Arzneipflanzen - vor allem durch fachlich inkompetente Kreise - erfuhr so ein stetiges Auf und Ab. Es gibt weiterhin Unternehmer, die das Ziel haben sogenannte Wunderpflanzen mit unseriösen Methoden auf den Markt zu bringen. Lobbyisten unterschiedlichster Couleur hingegen versuchen seit langem, pflanzliche Arzneimittel als unwirksam zu verteufeln, um diese aus der Erstattungspflicht der Krankenkassen zu entlassen und dadurch Einsparungen im Gesundheitssystem zu bewirken. Nun ist es soweit: 2004 werden rezeptfreie Arzneimittel von der ärztlichen Erstattung auf Kassenrezept ausgeschlossen. Dies betrifft nahezu sämtliche Phytopharmaka auf dem Markt.
Rezeptpflichtig sind Medikamente, wenn der freie Zugang mit einem zu großen Risiko für den Patienten verbunden wäre. Das Ziel der Phytotherapie, wirksame Arzneimittel mit möglichst geringen Nebenwirkungen zu etablieren, wird somit ad absurdum geführt: die kostspielige Entwicklung nebenwirkungsarmer, pflanzlicher Arzneimittel wird von der Politik dadurch "belohnt", aus den gesetzlich festgelegten Kassenleistungen gestrichen zu werden.
Jahrzehnte lange Anstrengungen von Wissenschaft und mittelständischer Wirtschaft brachten die Bundesrepublik an die Weltspitze der Phytopharmakaentwicklung und - produktion - um nun von Bürokraten ausgehebelt zu werden. Und wofür?:

die jährlichen Gesamtausgaben für sämtliche auf Rezept verordnete, pflanzliche Arzneimittel umfassen nicht einmal die Kosten für ein einziges block-buster-Medikament aus der chemisch-pharmazeutischen Großindustrie!

Hier stellt sich zurecht die Frage, ob die verantwortlichen Politiker noch wissen, was sie anrichten!?

Gestreute Vorurteile von Vertretern des Pharma- und Politiklobbyismus gegenüber pflanzlichen Arzneimitteln einerseits und Heilsversprechungen übereifriger Geschäftemacher andererseits, können nur eins: desinformieren und damit den Verbraucher und Patienten letztendlich täuschen und missbrauchen. Unqualifizierte Veröffentlichungen schaden so einem gesamten interdisziplinären, medizinischen Wissenschafts- und Wirtschaftsbereich. Ein Markt der Milliarden abwirft. Und ein Markt, der dazu beitragen kann das gewaltige soziale und wirtschaftliche Gefälle zwischen sogenannten entwickelten und gering entwickelten Ländern zu lindern -  und der in der Lage ist, mit Nachhaltigkeit Wirtschaftsräume und -beziehungen zu fördern.

Mit den folgenden Darstellungen wird ein anfänglicher Überblick über das umfangreiche Thema Arzneipflanzen geboten. Fragen nach Wirkung, Qualität, Anbau, Inhaltsstoffe, Zulassung, Apothekenware, Züchtung, Sorten und einigen weiteren Aspekten werden angeschnitten. Wozu Pflanzen für den Menschen verwertbare Arzneistoffe produzieren, wird in einem eigenen Kapitel "Sekundärstoffe" erklärt. Kleine Ausflüge in Bereiche der Schädlingsabwehrstrategien ergänzen und erhellen die Sinnzusammenhänge der pflanzlichen Stoffproduktion.

In keinem Fall soll diese Veröffentlichung einen ärztlichen Ratgeber darstellen oder Anleitung zur Selbstmedikation mit pflanzlichen Arzneimitteln geben. Bei Erkrankungen ist der Arzt mit entsprechend fundierter Zusatzausbildung zuständig. Es soll ein Eindruck über den Wert und die Leistungsfähigkeit von Arzneipflanzen entstehen, von ihren frühen Anfängen ausgehend hin zur heutigen modernen Phytomedizin mit ihren zugelassenen Arzneimitteln und interessanten Ausblicken in die Zukunft. Gerade in der jetzigen Zeit, in der ein zum Kollabieren gebrachtes Gesundheitssystem die verantwortlichen Entscheider eher dazu veranlasst kurzfristige Notlösungen zu ergreifen, muß in mancherlei Hinsicht eine Richtigstellung der Bedeutung von Naturstoffen für die Medizin erfolgen. Bisher hat dem Menschen das Wissen um so manche Arzneipflanze jahrtausendelang über viele Krankheiten hinweg geholfen und dies sollte aus Gründen der medizinischen Effektivität, wie auch aus Gründen der wirtschaftlichen Nachhaltigkeit weiterhin so bleiben.
Die intensiver werdenden Forschungen über Naturstoffe, Arzneipflanzen und deren Inhaltsstoffe belegen Jahr für Jahr die medizinische Potenz von Pflanzen, Mikroorganismen, Schwämmen, Algen, und anderen Organismen. Eine schier kaum mehr zu übersehende Menge an Publikationen zu den verschiedensten Arten und deren Inhaltsstoffen, Wirkungen und Wirksamkeiten lagern in den Datenbanken, die von Fachleuten gesichtet und zusammengefaßt werden wollen. Tausende Veröffentlichungen kommen Jahr für Jahr hinzu. Es gibt Hunderte von Empfehlungen zur Anwendung von Arzneipflanzen, zusammengestellt von Fachkommissionen, national, wie international.
 
Zu wünschen wäre, dass dieses Wissen wieder in den Ausbildungsplan für Ärzte an den Universitäten aufgenommen würde; vielleicht läßt sich mit Wissen zukünftig die künstlich errichtete Kluft zwischen der sogenannten klassischen Medizin und der Phytotherapie - jahrtausendelang zusammengehörig - zum Wohle des Patienten überbrücken.


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