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Hitze macht weiblich

Nicht nur die Chromosomen entscheiden über das Geschlecht australischer Bartagamen

Matthias Kunert

Wenn die Eier von Reptilien der Gattung Bartagamen großer Hitze ausgesetzt werden, schlüpfen daraus mehr Weibchen als bei mittleren Temperaturen. Das berichten australische Biologen der University of Canberra im Fachblatt Science.

Alexander Quinn und seine Kollegen hatten im Labor Eier von Bartagamen der Art Pogona vitticeps bei unterschiedlichen Temperaturen ausgebrütet. Zwischen 22 und 32 Grad Celsius schlüpften aus den Eiern ungefähr ebenso viele Männchen wie Weibchen; zwischen 34,5 und 37 Grad entwickelten sich fast nur weibliche Reptilien.

Das Geschlecht eines Lebewesens wird normalerweise durch die Geschlechtschromosomen in seinem Erbgut festgelegt. So verfügen weibliche Säugetiere über zwei X-Chromosomen, männliche über ein X- und ein Y-Chromosom. Bei Vögeln und Reptilien hingegen haben die Männchen zwei Z-Chromosomen, Weibchen ein Z- und ein W-Chromosom.

Alexander Quinn und seine Kollegen wiederholten ihre Versuche mit Agamen-Eiern, bei denen die Forscher zuvor die Geschlechtschromosomen bestimmt hatten. Das Testergebnis: Nach dem Ausbrüten bei 28 Grad Celsius stimmte in 29 von 30 Fällen das Geschlecht der Tiere mit der genetischen Veranlagung überein. Bei Temperaturen zwischen 34 und 36 Grad war das nur bei 18 von 35 Tieren der Fall. Alle 17 anderen Echsen verfügten zwar über ein ZZ-Chromosomenpaar, schlüpften aber als Weibchen. Die Forscher vermuten, dass sich bei wechselwarmen Tieren wie Reptilien entwicklungsgeschichtlich die Herausbildung des jeweiligen Geschlechts von einer wärmebedingten zur genetischen Steuerung verändert hat. (mk.)

Science, Bd. 316, S. 411

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Foto: Ob aus einem Ei der Streifenköpfigen Bartagame (Pogona vitticeps, Foto) eine weibliche oder männliche Echse schlüpft, hängt auch von der Brutwärme ab.