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  FTD-Serie: Die Top-Ökonomen

Es gibt kaum eine heiße wirtschaftspolitische Debatte oder kluge ökonomische Analyse, in der ihr Name nicht fällt. Joseph Stiglitz, Kenneth Rogoff und Jagdish Bhagwati bilden gemeinsam mit gut einem Dutzend weiterer Top-Ökonomen einen einzigartigen Think Tank. So konträr ihre Ansichten bisweilen sein mögen, eines verbindet sie: Sie schreiben für eine exklusive Serie, die die Financial Times Deutschland in Zusammenarbeit mit der internationalen Public-Benefit-Organisation 'Project Syndicate' veröffentlicht.

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Merken   Drucken   07.02.2011, 19:11 Schriftgröße: AAA

   

Top-Ökonomen: Jagdish Bhagwati - Ost und West im Freihandel vereint

Historisch betrachtet tauchte Feindlichkeit gegenüber der Globalisierung zuerst in Entwicklungsländern auf. Heute hat sie den Westen erreicht, wogegen der Osten auf Freihandel setzt. Jetzt besteht die Chance auf einen globalisierungsfreundlichen Konsens.
© Bild: 2010 FTD/Marco Urban
Historisch betrachtet tauchte Feindlichkeit gegenüber der Globalisierung zuerst in Entwicklungsländern auf. Heute hat sie den Westen erreicht, wogegen der Osten auf Freihandel setzt. Jetzt besteht die Chance auf einen globalisierungsfreundlichen Konsens. von Jagdish Bhagwati 
Bei einem Symposium der Financial Times zu den Aussichten der Globalisierung 2011 bemerkte kürzlich der Kolumnist Gideon Rachman: "Als Barack Obama jüngst Indien besuchte, warnte der US-Präsident seine Gastgeber, dass die Debatte über die Globalisierung im Westen neu eröffnet sei" und dass sich "in den hoch entwickelten Volkswirtschaften ... eine wachsende Gegenbewegung ... herausbilde".
Doch Rachmans Schwarzseherei ist fehl am Platz. Die Furcht im Westen vor der Globalisierung ist nichts Neues. Ausdrucksgewandte Intellektuelle, aber auch Gruppen wie Gewerkschaften und Umweltschutzorganisationen geben in den hoch entwickelten Volkswirtschaften seit mindestens einem Vierteljahrhundert globalisierungsfeindlichen Ängsten und Stimmungen eine Stimme.
Historisch gesehen begann die Angst vor der Globalisierung freilich im Osten, nicht im Westen. Nach dem Zweiten Weltkrieg baute der Westen Handelsschranken und Barrieren gegen Investitionsströme ab, bemühte sich, Devisenkontrollen zu beseitigen, und arbeitete auf eine Konvertibilität der Währungen hin. Auf der Tagesordnung stand, was manchmal als die "liberale Weltwirtschaftsordnung" bezeichnet wurde, und auch die öffentliche Meinung nahm diese begeistert an.
Im Gegensatz dazu machte sich der Osten im Allgemeinen die ängstliche Ansicht zu Eigen, dass, wie der chilenische Soziologe Oswaldo Sunkel es formulierte, die Integration in die Weltwirtschaft zum Zerfall der nationalen Volkswirtschaft führen würde. Viele Intellektuelle teilten diese düstere, globalisierungsfeindliche Vision, und die Politiker in einem großen Teil der östlichen Welt sahen die Dinge nicht viel anders.
Tatsächlich akzeptierte der Westen die Sichtweise, dass die Globalisierung (wie beim Handel) zu gegenseitigen Vorteilen führen würde, und übernahm, was ich 1997 als die Vorstellung "wohlwollender Untätigkeit" bezeichnete. Im Falle ausländischer Investitionen und Hilfsströme ging der Westen noch weiter; er betrachtete diese als altruistisch motiviert - auf "wohlmeinender Absicht" beruhend -, während der Osten meinte, in einer Welt armer und reicher Nationen impliziere die Globalisierung "bösartige Auswirkungen". In einigen Analysen verwandelten sich diese bösartigen Auswirkungen in eine finsterere "bösartige Absicht"; Auslandshilfen wurden daher als Komplott betrachtet, um die armen Nationen in einer neokolonialen Umklammerung gefangen zu halten.
Als nächstes passierte etwas, was ich als "ironische Verkehrung" bezeichnet habe. Als die Vorteile der Globalisierung offenkundig und zugleich die durch die Autarkiepolitik verursachten Schäden deutlich wurden, erkannten die Politiker im Osten, dass ihre globalisierungsfeindliche Haltung ein Fehler gewesen war.
Aber nun verlagerte sich die Angst vor der Globalisierung in den Westen. Der Osten hatte befürchtet, dass er keine Vorteile aus dem Handel mit dem Westen würde ziehen können, der eine überlegene Infrastruktur und bessere Personalressourcen hatte; nun fürchtete der Westen, dass er beim Handel mit dem Osten mit seinen vielen billigen Arbeitskräften schlecht wegkommen würde. Man führte die anhaltende Stagnation bei den Löhnen ungelernter Arbeiter auf die billigen, arbeitsintensiven Importe zurück, vergaß dabei jedoch die Begleiterscheinung, dass der Konsum der arbeitsintensiven asiatischen Waren durch die westlichen Arbeiter die Auswirkungen auf die Reallöhne ausglich.

Teil 2: "Oh, Ost ist Ost, und West ist West, und niemals treffen sich die beiden"

  • FTD.de, 07.02.2011
    © 2011 Financial Times Deutschland
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