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Merken   Drucken   07.02.2011, 14:25 Schriftgröße: AAA

   

Geplanter Befreiungschlag: Berlusconi flüchtet in Aktionismus

Der italienische Regierungschef ist angezählt. Gegen ihn wird demonstriert, es laufen Ermittlungen. Als Befreiungsschlag will Berlusconi Medienberichten zufolge ein Wirtschaftsprogramm auflegen - und das Kabinett vergrößern. von Andre Tauber  Mailand
Der angeschlagene italienische Premierminister Silvio Berlusconi wird Zeitungsberichten zufolge auf einer Kabinettssitzung am Mittwoch ein umfassendes Programm präsentieren, mit der die stagnierende Wirtschaft des Landes angetrieben werden soll. Damit will Berlusconi sein politisches Überleben sichern. Das ist bitter nötig, denn die Skandale ihres Regierungschefs werden selbst den leidgeprüften Italienern allmählich zu viel. Umfragen zufolge schenken ihm derzeit nur noch 35 Prozent der Italiener Vertrauen. Am Wochenende fanden mehrere Demonstrationen gegen ihn statt. In Mailand forderten zahlreiche Intellektuelle, darunter der Schriftsteller Umberto Eco, auf einer Großveranstaltung den Rücktritt Berlusconis.
Silvio Berlusconi   Silvio Berlusconi
Im vergangenen Jahr hatte der Regierungschef nach dem Austritt früherer Verbündeter aus der Regierung nur knapp ein Misstrauensvotum im Parlament überstanden. Nun wird gegen ihn wegen Amtsmissbrauchs sowie Förderung der Prostitution Minderjähriger ermittelt. In der laufenden Woche will die Staatsanwaltschaft entscheiden, ob sie gegen ihn einen Prozess im Eilverfahren beantragt.
Der Regierungschef braucht also Erfolge und versucht nun, sich als Garant der wirtschaftlichen Erholung nach der Krise zu positionieren.
Die Wirtschaftsreform soll vor allem Maßnahmen enthalten, die den Staatshaushalt nicht zusätzlich belasten. Das hat Finanzminister Giulio Tremonti bereits vergangene Woche klargemacht. So wird Berlusconi wohl einen Plan reaktivieren, schneller Baugenehmigungen für den Ausbau von Häusern zu erteilen. Die Regierung hatte bereits 2008 einen solchen Versuch eingeleitet, der allerdings wenig Wirkung gezeigt hatte. Darüber hinaus wird die Regierung vermutlich eine Verfassungsreform einleiten, um bürokratische Hemmnisse für Unternehmen abzubauen.
Berlusconi hatte bereits vergangene Woche versucht, die Aufmerksamkeit auf die Wirtschaftspolitik seiner Regierung zu lenken. Er hatte der Opposition schriftlich Zusammenarbeit angeboten. Gemeinsam solle man das Wirtschaftswachstum in fünf Jahren auf drei bis vier Prozent hochschrauben - ein optimistisches Ziel. Italien leidet unter chronischer Wachstumsschwäche, wozu vor allem die mangelnde Produktivität der Arbeitnehmer beiträgt. Zwischen 2000 und 2010 sind weltweit nur Simbabwe, Eritrea und Haiti weniger stark gewachsen als Italien. Das Land hat zudem einen der höchsten Schuldenberge der Euro-Zone angehäuft.
Eine knappe Regierungsmehrheit im Parlament dürfte allerdings jeden Reformkurs erschweren. Vergangene Woche erst war die Regierung mit einer Finanzreform im Parlament gescheitert. Sie wollte den Regionen mehr Autonomie einräumen sowie die ausufernden Kosten im Gesundheitswesen unter Kontrolle bringen. Die rechtspopulistische Lega Nord macht ihren Verbleib in der Regierung vom Erfolg des Programms abhängig. Es soll deshalb nun erneut ins Parlament eingebracht werden.
Berlusconi möchte Neuwahlen allerdings unter allen Umständen vermeiden. Erst am Samstag hatte er vor den "gravierenden Schäden" gewarnt, die ein Urnengang verursachen würde. Er spielt damit auf eine mögliche Verunsicherung an den Anleihemärkten an. Berlusconis Partei Volk der Freiheit (PDL) ist zwar nach wie vor die stärkste Kraft im Land, doch es gibt erhebliche Zweifel daran, dass seine Koalition in beiden Häusern des Parlaments ihre Mehrheit wahren kann.
Der Regierungschef arbeitet deswegen intensiv daran, die knappe Parlamentsmehrheit auszuweiten. Berichten zufolge plant er unter anderem, vakante Regierungsposten neu zu besetzen sowie neue Ämter zu schaffen, mit denen Überläufer von der Opposition belohnt werden könnten. Bestätigt ist, dass künftig die rechtsextreme Partei La Destra ein Regierungsamt erhalten soll. Berlusconi bestritt Spekulationen, dass Neubesetzungen auch im Justiz- und Kulturministerium anstünden.
  • FTD.de, 07.02.2011
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