Solvency II: Versicherer werfen Aufsicht Schlamperei vor
Zum ersten Mal hat der Gesamtverband der Deutschen Versicherungswirtschaft die neuen EU-Eigenkapitalregeln scharf kritisiert. Den jüngsten Probelauf hält er für gründlich misslungen. Der Verband macht die EU-Überwachungsbehörden dafür verantwortlich.Der Gesamtverband der Deutschen Versicherungswirtschaft (GDV) hat massive Kritik am letzten Testlauf für die neuen EU-Eigenkapitalregeln Solvency II geübt. „Diese Generalprobe ist nicht gelungen“, sagte Jörg von Fürstenwerth, Vorsitzender der Hauptgeschäftsführung. „Solvency II ist auf dieser Basis nicht machbar.“
Die GDV-Führung hatte Solvency II lange gegen interne Kritiker verteidigt. Jetzt zwingt die Unzulänglichkeit der Umsetzung und Empörung vieler Unternehmen den Verband zu der vernichtenden Stellungnahme. Fürstenwerth kündigte an, der GDV werde mit französischen, spanischen und weiteren Versicherern für Änderungen eintreten. Ende 2011 will die EU die endgültige Umsetzung festlegen. Wenn Brüssel klar sei, dass Solvency II in der jetzigen Form die Versicherer als Kapitalanleger schädige, werde die Kommission das System ändern.
Die ab 2013 geltenden Regeln sehen vor, dass künftig alle Versicherer in Europa einheitlich beaufsichtigt werden. Zudem gibt es neue Kapital- und Veröffentlichungsregeln. Die EU hat das System in bislang fünf Testläufen geprüft, zuletzt von August bis November 2010. „Die Unterlagen waren fehlerhaft und unverständlich, die endgültigen Texte kamen erst zwei Wochen vor Ende der Abgabefristen“, monierte von Fürstenwerth. Zahlreiche Formeln in Excel-Sheets seien falsch gewesen. Verantwortlich für den Fehlschlag sei die Vorbereitung durch Ceiops, den Ausschuss der europäischen Versicherungsaufseher, aus dem zum Jahreswechsel die EU-Aufsichtsbehörde EIOPA hervorging.
Übergangsfristen lösten das Problem nicht. Der GDV kritisiert auch inhaltliche Kernpunkte: Die Zinsannahmen führten zu heftigen Fluktuationen im Eigenkapitalbedarf bei jeder kleinen Zinsänderung. Dann könnten deutsche Lebensversicherer weder Zinsgarantien für Jahrzehnte geben, noch langfristig anlegen. Die Standardformel zur Risikoberechnung sei „nicht handhabbar“, sagte GDV-Geschäftsführer Axel Wehling. „Sie führt zu Chaos.“ Viele Messgrößen für Risiken seien ungeeignet.
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Aus der FTD vom 03.02.2011
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