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Merken   Drucken   01.03.2011, 11:04 Schriftgröße: AAA

   

Solvency II: Allzu enge Grenzen für die Versicherer

Kommentar Die neuen Eigenkapitalregeln nach Solvency II sollen die Risiken des Assekuranzgeschäfts entschärfen. Doch sie rauben der Branche wichtige Funktionen. von Werner Görg
Werner Görg ist Vorstandsvorsitzender der Gothaer Versicherung
Klammheimlich machen sich die Folgen von Solvency II allerdings bereits jetzt, vor Inkrafttreten der Regeln, bemerkbar. Überraschend ist dabei, dass die Politik auf nationaler und europäischer Ebene diesen schleichenden Wandel nicht diskutiert.
Die deutsche Assekuranz war - ebenso wie ihre Counterparts in den anderen großen europäischen Versicherungsmärkten - stets die starke, ruhige Hand, die als langfristiger Investor einen ganz wesentlichen Finanzierungsbeitrag für die deutsche Industrie leistete. So hielt die deutsche Versicherungsindustrie noch vor zwölf Jahren über 40 Prozent der Aktien im deutschen Aktienindex. Gleichzeitig kauften Versicherungsunternehmen traditionell auch Schuldscheindarlehen von Banken, um so zur Refinanzierung der Mittelstandskredite beizutragen. Schließlich war die Assekuranz ein wesentlicher Immobilieninvestor. Ihre volkswirtschaftlich sinnvolle, stabilisierende Funktion wurde allseits geschätzt. Was ist im Vorfeld von Solvency II hieraus geworden?
Dem Solvency-II-spezifischen Systemzwang folgend, hat sich die Assekuranz von ihrem Aktienbesitz nahezu vollständig getrennt und den Immobilienanteil stark reduziert. Die Folge: Größere Kapitalmaßnahmen deutscher Aktiengesellschaften wurden in den letzten Monaten nahezu vollständig aus dem Ausland geschultert. Dies mag in Teilbereichen gerechtfertigt sein, wenn man das Ziel verfolgt, die Risiken der Kapitalanlage stärker zu streuen. Es muss indessen bezweifelt werden, ob es volkswirtschaftlich sinnvoll ist, den mit Abstand größten Finanzier der deutschen Industrie und des deutschen Immobilienmarktes ohne Not zu verprellen.
Auch in anderen potenziellen Geschäftsfeldern der Assekuranz zeichnen sich die Folgewirkungen von Solvency II ab. Wenn man akzeptiert, dass dem über 100 Jahre alten Generationenvertrag durch die Bevölkerungsentwicklung und weitere demografische Faktoren die Geschäftsgrundlage entzogen ist, dann werden Themen wie Altersarmut, Pflegebedürftigkeit, Krankheitsvorsorge zukünftig zunehmend der privaten Absicherung zufallen. Eine solche Verschiebung geht üblicherweise mit einer strengen Reglementierung der Produktinhalte einher. Spätestens seit der Riester-Rente wissen wir, dass diese Reglementierung die Ertragschancen der Versicherer stark beschränkt. Gleichzeitig wird der Staat zu einer solchen Delegation von Daseinsfürsorge zur Versicherungsindustrie nur bereit sein, wenn die privaten Versicherungsbausteine nennenswerte lebenslange Garantien beinhalten.
Nun lernen wir aber von Solvency II, dass solche lebenslangen Garantien mit Eigenkapital zu unterlegen sind, das wiederum für Zwecke der positiven Unternehmensentwicklung verzinst werden muss. Damit könnte die private Versicherungsindustrie irgendwann vor dem Dilemma stehen, dass neue Geschäftsfelder nicht bearbeitet werden können, weil sich die Ertragsanforderungen aus Solvency II und die Ertragsbegrenzungen durch andere Regulierungen nicht einmal ansatzweise in Übereinstimmung bringen lassen. Der Staat selber hätte dann Rahmenbedingungen geschaffen, die eine partielle Privatisierung von Sozialversicherungskomponenten unmöglich machen.

Teil 2: Politische Grundsatzentscheidung notwendig

  • Aus der FTD vom 01.03.2011
    © 2011 Financial Times Deutschland
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