Plagiatsaffäre: Guttenbergs letzter Streich
Natürlich ist an diesem Abend noch einmal alles eine ganz große Show. Karl-Theodor zu Guttenberg steht auf einem roten Podium auf dem Paradeplatz des Bendlerblocks, vor ihm haben sich 243 Soldaten des Wachbataillons aufgebaut, ihre Fackeln kämpfen gegen den Wind. Es ist der große Abschied des Verteidigungsministers a. D., 450 Gäste sind zum Großen Zapfenstreich gekommen, dem höchsten Zeremoniell der Bundeswehr. Die militärische Spitze ist da, Bundeskanzlerin Angela Merkel und Guttenbergs Nachfolger Thomas de Maizière. Auch der eine oder andere Minister sieht zu, wie der einstige Kabinettsstar am Ende der Zeremonie das letzte Mal in eine gepanzerte Limousine steigt und wegfährt.
Doch weil so ein Zapfenstreich auch immer der letzte Eindruck ist, der von dem Geehrten bleibt, ist auch interessant, wer nicht da ist - gerade nach den dramatischen Wochen, in denen Guttenberg wegen seiner Plagiatsaffäre noch schneller abgestürzt ist, als er vor zwei Jahren aufgestiegen war. Und es fällt auf, dass auf der eigens aufgebauten Tribüne nicht nur die Spitzen der Opposition fehlen, sondern auch zwei prominente Vertreter der Union, die vor Guttenbergs Rücktritt die vernehmlichste Kritik aus den eigenen Reihen geübt haben - und die seine Fans nun als mitverantwortlich für den Sturz betrachten.
Bundestagspräsident Norbert Lammert und Bildungsministerin Annette Schavan gehören zu jenen Gästen, die ihre Einladung erst am Vortag des Zapfenstreichs erhalten haben und jetzt lieber andere Termine wahrnehmen. Die Mail kommt am Mittwoch um 17.35 Uhr, da steht der Termin für die Zeremonie schon tagelang fest. Im Adressverteiler finden sich neben Lammert und Schavan auch Parlamentarier wie Grünen-Fraktionschef Jürgen Trittin und SPD-Chef Sigmar Gabriel, die in der Plagiatsaffäre vonseiten der Opposition die schärfsten Ankläger gaben. Aber auch FDP-Verteidigungspolitiker erhalten erst jetzt ihre Einladung - verbunden mit der Entschuldigung, dass "aufgrund der Kurzfristigkeit und technischer Probleme" keine "elegantere Möglichkeit der Einladung" bleibe. Von Unionsabgeordneten hört man dagegen, dass sie schon vorher informiert wurden - per Post.
In der Protokollabteilung des Ministeriums weist man eilig darauf hin, dass es sich bei der Einladungspraxis selbstverständlich nicht um einen Ausdruck der "Wertigkeit der Abgeordneten" handele. Dass die Angelegenheit mehr als unangenehm ist, geht aber auch aus der Einladungsmail hervor, die mit der nochmaligen Bitte um Entschuldigung für die "stillose Form der Einladung" versehen ist. Und dass die Ministerin Schavan, die sich nach eigenem Bekunden "nicht nur heimlich" für Guttenbergs Doktorarbeit geschämt hat, im Adressverteiler an letzter Stelle weit hinter normalen Abgeordneten der Linken auftaucht, zerstreut auch nicht gerade den Verdacht, dass hier nachgekartet wurde.
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FTD.de, 11.03.2011
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