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Merken   Drucken   12.03.2011, 14:00 Schriftgröße: AAA

   

Integration: Der Kaffee ist ein Teil von Deutschland

Kulturell ist der Islam in unserem Land fest verankert - das lässt sich auch historisch belegen. Doch in der Debatte um Integration hilft uns der Verweis auf die Geschichte nicht weiter. Er ist weltfremd. Ein Essay
© Bild: 2011 Roberto Pfeil/dapd
Kommentar Kulturell ist der Islam in unserem Land fest verankert - das lässt sich auch historisch belegen. Doch in der Debatte um Integration hilft uns der Verweis auf die Geschichte nicht weiter. Er ist weltfremd. Ein Essay von Marco Schöller
Marco Schöller ist Professor für Islamische Geschichte an der Universität Münster. Er weiß, wo die islamische Welt uns beeinflusst hat und wo nicht. Für Einwanderung und Integration sollte das seiner Meinung nach aber keine große Rolle spielen.
Gehört der Islam zu Deutschland? Bundesinnenminister Hans-Peter Friedrich hat diese Debatte neu entfacht, kaum dass er im Amt war. Es lasse sich auch (!) historisch nicht belegen, dass der Islam zu Deutschland gehöre, sagte er. Damit positionierte Friedrich sich gegen Bundespräsident Christian Wulff . Der hatte zum Jahrestag der deutschen Einheit im Oktober festgestellt, der Islam gehöre wie Christentum und Judentum zu Deutschland. Beide Politiker beschreiben formell einen Istzustand. Der Ausdruck "gehören zu" kann allerdings auch als Forderung verstanden werden. Der Islam soll oder soll nicht zu Deutschland gehören.
Friedrich fügte dem noch die geschichtliche Dimension hinzu. Seine Feststellung macht es auf den ersten Blick einfach, ihm zuzustimmen - und man darf annehmen, dass das beabsichtigt war. Eigentlich aber lässt sich die Frage nach der Historie des Islam in Deutschland gar nicht beantworten. Erstes Problem ist die Rede von "dem Islam": Die islamische Welt - samt ihrer Religionen, Kulturen, Ethnien und Sprachen - ist die einzige Großregion auf unserer Erde, die üblicherweise nach der dort herrschenden Mehrheitsreligion benannt wird. Das rührt daher, dass "die islamische Welt", kurz "der Islam", weder mit einem Erdteil deckungsgleich noch sprachlich oder ethnisch homogen ist.
Bundespräsident Christian Wulff (l.) ernennt Hans-Peter Friedrich ...   Bundespräsident Christian Wulff (l.) ernennt Hans-Peter Friedrich zum neuen Bundesinnenminister
Diese religiöse Benennung der islamischen Welt hat schon viel Unheil angerichtet, weil sie nahelegt, die Religion besitze dort eine größere Bedeutung oder habe zu einer stärkeren Vereinheitlichung als anderswo geführt. Beides ist falsch. Die islamische Welt ist vielgestaltig, polyglott und multiethnisch. Aber diese Vielfalt wird durch das bequeme Kürzel "der Islam" bis zur Unkenntlichkeit übertüncht, ja ins Gegenteil verkehrt.
Ebenso vielgestaltig wie die islamische Welt sind die historischen Einflüsse des Islam auf Deutschland. Zahlreiche Objekte, Materialien und Kulturpflanzen, aber auch Techniken und Wissenschaften hat Europa - und damit auch Deutschland - in den letzten 1400 Jahren aus der islamischen Welt importiert. Die eigentliche Religion des Islam spielte bei diesen Übernahmen so gut wie keine Rolle. Wichtig waren vor allem praktische Aspekte.
Mit dem Kompass der arabischen Indiensegler ließ sich besser navigieren, und das Papier, das die Araber ab dem neunten Jahrhundert von Zentralasien in den Mittelmeerraum brachten, hatte etliche Vorteile gegenüber dem Pergament. Kaum einer weiß, dass die Seife über al-Andalus nach Südfrankreich und von dort in deutsche Bäder wanderte. Oder dass die Kaffeebohne dem arabischen Wort al-bunn, "die Beere", entstammt. So bezeichneten islamische Mystiker im Jemen des 16. Jahrhunderts ein Gebräu, das sie nächtelang wachhielt - zur Anrufung Gottes.
Christlich beerdigt in persischer SeideIn der mittelalterlichen Philosophie gab es kaum eine Auseinandersetzung mit der Religion des Islam, das blieb der Neuzeit vorbehalten. Thomas von Aquin, der in Köln studierte, rezipierte den islamischen Philosophen Averroes nicht als Muslim, sondern als Kommentator von Aristoteles. Ebenso wenig sollte Herzog Rudolf IV. im Jahr 1365 muslimisch beerdigt werden, als man ihn in Wien in persischer Seide bestattete.

Teil 2: Islam als Religion gehört nicht zu Deutschland

  • FTD.de, 12.03.2011
    © 2011 Financial Times Deutschland
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Kommentare
  • 13.03.2011 14:25:29 Uhr   Benedikt der 17te: Kaffee, Islam, Computer, KKW etc.

    Kaffee, Computer, Islam und KKWs hängen doch weltweit zusammen !
    Jetzt die richtigen Schlüsse aus FUKUSHIMA ziehen….jetzt handeln !

    1) Kernkraftwerke sind notwendig, müssen jedoch in Erdbebenregionen mit doppelter Sicherheit ausgelegt werden. Für Fukushima heisst das: Kühlsysteme und alle betriebswichtigen Anlagen müssen auf Erdbeben und Tsunamis doppelter Stärke (mehr als 15 statt 9 Richter-Werte) ausgelegt werden. Die Kühlwasser- Ansaugkanäle im Meer vor Fukushima müssen “Tsunamigerecht“ und verstopfungssicher konstruiert werden (ist machbar).

    2) Der Endlagerprozess muss weltweit organisiert werden, da sollten sich auch Merkel und Obama endlich engagieren: gemeinsamer Fonds aller Industrieländer zur Finanzierung und Entwicklung von Konzepten und Best-Practice-Lösungen weltweit umsetzten.

    3) Der Planet Erde ist nun mal nicht nicht für 6 Milliarden Menschen, die in Wohlstand leben wollen, geeignet. Beispielsweise können in Japan nur ca. 40 statt 120 Millionen Menschen geo- und ökologiegerecht leben. Deshalb muss die Weltbevölkerung in allen Kontinenten “öko- und geologie-gerecht“ durch Geburtenkontrolle nach einem Programm der Vereinten Nationen ausgedünnt werden. Tun wir das jetzt nicht gerade noch rechtzeitig “human“ und geplant, tut es die Natur analog der “Erdbeben-Folgen-Kette“ in Japan, Haiti und Indonesien. Beispiel Deutschland: Ökologiegerecht könnten hier ca. 40 Millionen in Wohlstand leben. Heute leben hier aber ca. 90 Millionen – auch Islamanhänger - zusammengepfercht in dichtestbesiedelten Ghetto- Regionen. Fangen wir endlich damit an, gemäß dem beschriebenen Programm der Vereinten Nationen diesen Wahnsinn abzustellen.

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