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Merken   Drucken   12.03.2011, 13:42 Schriftgröße: AAA

   

Euro-Rettung: Ein deutscheres Europa

Das beim Sondergipfel vereinbarte Euro-Gesamtpaket ist trotz mancher Schwächen ein großer Fortschritt für die Währungsunion. Die deutschen Finanztugenden sind dabei unverkennbar. Allerdings muss man in der Eurozone übers Sparen hinauskommen.
© Bild: 2010 AFP
Kommentar Das beim Sondergipfel vereinbarte Euro-Gesamtpaket ist trotz mancher Schwächen ein großer Fortschritt für die Währungsunion. Die deutschen Finanztugenden sind dabei unverkennbar. Allerdings muss man in der Eurozone übers Sparen hinauskommen. von Peter Ehrlich  Brüssel
Die Staats- und Regierungschefs der Eurozone haben sich am Freitagabend für fünf Stunden ohne Berater in den achten Stock des Brüsseler Ratsgebäudes zurückgezogen - und plötzlich war das Gesamtpaket fertig. Es kommt gerade noch rechtzeitig, um wieder für etwas Ruhe an den Anleihemärkten zu Sorgen, auch wenn manche Details noch kritischer Nachfragen bedürfen.
Das Paket ist ein klassischer europäischer Kompromiss, den jeder zu Hause irgendwie als Erfolg verkaufen kann. Nehmen wir erst einmal das ganz große Bild: Vor einem Jahr, auf dem Höhepunkt der Griechenland-Krise, war nicht einmal ganz klar, ob sich die EU wirklich zu Hilfsaktionen für einzelne Staaten durchringen würde. Ein Jahr später, das ist für die EU ein beachtliches Tempo, haben wir drei wichtige Punkte erreicht:
1. Kurz- und langfristige Rettungsmechanismen für von Zahlungsunfähigkeit bedrohte Euro-Staaten
2. Einen neuen und verschärften Stabilitätspakt, der auch Strukturprobleme wie die hohe Gesamtverschuldung angeht
3. Eine nie gekannte wirtschaftspolitische Koordination
Europa ist damit erneut "deutscher" geworden. In den 80er und 90er Jahren wurde zunächst die Geldpolitik der Bundesbank von den Nachbarstaaten übernommen, später von der Europäischen Zentralbank. Nun orientiert sich auch die Wirtschaftspolitik an den deutschen Traditionen. Das birgt aber auch eine Gefahr: Nur Sparen und Kürzen im öffentlichen Sektor kann auch dem Wachstum insgesamt schaden. Produktivität ist nicht nur eine Sache niedriger Lohn- und Lohnnebenkosten, sondern auch von Kreativität und Vermarktung, von Forschung und Entwicklung. Immerhin lässt der abgeschwächte Wettbewerbspakt jetzt Raum für andere Ideen als nur die des CDU-Wirtschaftsrates.
An den Märkten dürfte Erleichterung herrschen
Für die Märkte wichtiger sind die kurzfristigen Maßnahmen und die Konstruktion der Rettungsschirme. Bei der Aufstockung des Fonds EFSF hat man verdächtig unpräzise formuliert: Es ist nicht klar, ob die Ertüchtigung auf 440 Mrd. Euro Ausleihkapazität erst bis 2013 verwirklicht werden oder möglichst bald eingeführt und dann bis dahin gelten soll. Da man das Geld aber vorerst ohnehin nicht braucht, zumal Portugal spart ohne den Fonds anzuzapfen, muss das nicht entscheidend sein.
Griechenlands Deal
Griechenland hat ein Geschäft gemacht: Privatisierungen gegen niedrigere Zinsen. Wenn das Land wirklich Staatsbesitz in Höhe von 50 Mrd. Euro verkauft und dafür Anleihen zurückkauft, sinken auch die Gesamtschulden. Die Nachhaltigkeitslücke bei Griechenland verkleinert sich. Die Iren bekommen für ihre Hilfskredite ebenfalls niedrigere Zinsen, sobald sie einer Erhöhung der Körperschaftsteuer zustimmen.
Eine weitere Hürde für die Stabilität des Euro sind die Banken-Stresstests im Frühjahr. Und dann ist da noch die Frage offen, ob auch alle Staaten die Vertragsänderung für den dauerhaften Krisenmechanismus akzeptieren. Andererseits zeigt sich seit März 2010 auch: Bei aller manchmal konfusen Debatte und bei manchem fragwürdigen Detail muss man um den Euro keine Angst haben.
  • FTD.de, 12.03.2011
    © 2011 Financial Times Deutschland
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Kommentare
  • 14.03.2011 10:48:04 Uhr   Ant-iPod: Wem ist geholfen?

    Nun, einige Kommentatoren haben schon drauf verwiesen, dass Deutschland de Facto in die Zahlungsverpflichtung eingetreten ist, wenn es zum Äußersten kommt - dafür aber nur Absichtserklärungen, ohne jegliche Verbindlichkeit oder gar Sanktionierung im Gegenzug erhält.
    Das kann man bewerten, wie man will - aber ist unsere Kanzlerin einfach nur dumm, oder mag es Gründe für diesen Kompromiss zu lasten des Steuerzahlers geben?
    Ich denke schon - denn wem zahlen die überschuldeten Staaten denn ihre Schulden zurück? Zu einem Großteil sind es doch deutsche Geldinstitute, deren Investments hierdurch geschützt werden und dahinter stehen im Wesentlichen deutsche Investoren - das sind diejenigen, die ohnehin genügend Geld haben, um etwas zu sparen.
    Insofern bürgen alle Europäer dafür, dass ein Großteil deutschen Investments nicht verloren geht - bsw. haben wir dem Pleitestaat Griechenland erst das Geld geliehen, mit welchem es sich in Deutschland Uboote gekauft hat.
    Das wir dann den Großteil unseres Investorenschutzes (aber nicht alles) auch selbst tragen, ist rein prinzipiell akzeptabel.
    Was ich weniger akzeptabel finde ist, dass Hartz IV-Empfänger mit Ihren Steuern die Geldanlagen der reichen absichern, die eigentlich ein Investitionsrisiko selbst tragen müssten.

  • 13.03.2011 21:40:30 Uhr   Odilo Burton: Eine kleine Geschichte zum Thema
  • 13.03.2011 17:45:03 Uhr   Politikverdruss: Zum x-ten Mal eingeknickt!
  • 13.03.2011 10:03:01 Uhr   Journalistenschelter: Typisch
  • 13.03.2011 08:08:44 Uhr   JayJay: Alles findet irgendwann sein Ende
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