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Merken   Drucken   12.03.2011, 08:06 Schriftgröße: AAA

   

Pakt beim Sondergipfel: Wie der Euro gerettet werden soll

Die 17 Länder der Eurozone haben überraschend ihr Gesamtpaket zur Stabilisierung des Euro in den Grundzügen beschlossen. Kanzlerin Angela Merkel bekommt ihren Wettbewerbs-Pakt und strenge Bedingungen für Hilfen, die Griechen niedrigere Zinsen für ihre Hilfspakete - und alle zusammen einen flexibleren und gestärkten Rettungsfonds. von Peter Ehrlich  Brüssel
Es waren die Portugiesen, die schon am Freitagfrüh die Weichen in Richtung Einigung stellten. Es waren die Iren, die bis in den Samstagmorgen hinein für Verzögerung sorgten. Dann aber gab es doch den Durchbruch für ein Gesamtpaket. „Die Grundschneise ist heute geschlagen worden“, sagte Kanzlerin Angela Merkel bei einer Pressekonferenz, um 01.30 Uhr in der Nacht zum Samstag begann. In zwei Wochen soll alles endgültig abgesegnet werden.
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Portugal vermeidet einen Gang zum Rettungsschirm, weil es weitere Einsparungen und Strukturreformen angekündigt hat. Damit, so bescheinigten die Europäische Zentralbank (EZB) und die EU-Kommission dem Land, wird eine Lücke in der Haushaltsplanung geschlossen und Portugal kann planmäßig 2013 sein Defizit unter drei Prozent des Bruttoinlandsprodukts senken.
Griechenland muss künftig weniger Zinsen für seine Hilfskredite zahlen. Der Zinssatz wird um einen Prozentpunkt auf deutlich unter fünf Prozent für fünfjährige Anleihen gesenkt. Im Gegenzug verkauft das Land Staatsbesitz für 50 Mrd. Euro und senkt so seine Schuldenlast.
Irland, das Hilfen vom Rettungsfonds EFSF erhält, bekommt diese Erleichterung noch nicht. Die anderen Euro-Länder, allen voran Frankreich, verlangten, dass Irland seine Unternehmenssteuern erhöht. Irlands Ministerpräsident Enda Kenny, gerade einmal drei Tage im Amt, wollte aber nach längerem Streit mit den anderen Chefs sein Wahlversprechen nicht brechen. Er bekommt nun einige Tage Zeit, mit seiner Koalition zu diskutieren. Bis zum nächsten offiziellen EU-Gipfel am 24. und 25. März könnte er sich bewegen. „Irland möchte die 100 Basispunkte Ermäßigung schon haben“, sagte Merkel voraus.
Die anderen Punkte der Einigung
Die 17 Euro-Staaten vereinbarten ihren „Pakt für den Euro“, der für mehr Wettbewerbsfähigkeit und Kohärenz der Wirtschaft in der Eurozone sorgen soll. Der Pakt wurde allerdings gegenüber ersten Überlegungen des Kanzleramtes deutlich abgeschwächt. Jedem Mitgliedsland bleibt die Umsetzung selbst überlassen.
Der aktuelle Rettungsfonds EFSF soll bis spätestens 2013 tatsächlich die 440 Mrd. Euro verleihen können, die im Mai 2010 versprochen wurden. Derzeit stünden im Notfall nur rund 250 Mrd. Euro zur Verfügung. Die Aufstockung bedeutet, dass Deutschland seine Garantiesumme um mindestens 100 Mrd. Euro erhöhen muss. Merkel will die Erhöhung, die der Bundestag per Gesetz beschließen muss, zusammen mit den anderen nötigen Gesetzesbeschlüssen wie der Änderung des Lissabon-Vertrages in den Bundestag einbringen. Die Vertragsänderung ist nötig, um den ab 2013 geplanten dauerhaften Krisenlösungsmechanismus ESM juristisch abzusichern.
Der ESM soll 500 Mrd. Euro ausleihen können. Er soll auch tatsächlich eingezahltes Kapital erhalten und nicht nur Garantien. Die Einzelheiten sollen die EU-Finanzminister klären. Langfristig sollen auch private Gläubiger an Krisenlösungen beteiligt werden.
Neu und bisher in der Öffentlichkeit kaum diskutiert ist die jetzt beschlossene Idee, dass EFSF und später ESM nicht nur Kredite an notleidende Staaten vergeben dürfen, sondern auch selbst Anleihen kaufen. Allerdings nicht wie die EZB Anleihen am Sekundärmarkt – also bereits im Umlauf befindliche Anleihen. Sie dürfen aber einem Staat im Rahmen eines Hilfsprogramms mit strengen Bedingungen neue Anleihen abkaufen. Dies mache keinen großen Unterschied zu Krediten, sagte Merkel.
Die Idee für die Primärmarktkäufe hatte Finnland eingebracht. Das Modell würde ermöglichen, dass auch private Gläubiger wie Banken sich beteiligen, wenn ein in die Krise geratenes Land Anleihen verkauft. Der Fonds garantiert dabei, dass die Anleihen tatsächlich verkauft werden, indem er alle übernimmt, für die sich kein anderer Käufer findet. Dieses Modell könnte zum Beispiel attraktiv sein, um ein Land schrittweise wieder an den Markt zurückzubringen.
Am Montag und Dienstag wollen die EU-Finanzminister außerdem die Reform des Stabilitätspaktes beschließen. Vergangene Woche waren noch zehn Punkte offen, aber es zeichnete sich zu allem bereits Zustimmung ab. Italien lenkte jetzt auch ein, seine öffentliche Gesamtverschuldung in vorher festgelegten Schritten zu reduzieren.
Mit Spannung wird nun die Reaktion der Finanzmärkte erwartet, wo die Spreads, also der Abstand zwischen den Zinsen für deutsche Bundesanleihen und denen für Staatsanleihen aus Griechenland, Portugal und Spanien in der vergangenen Woche weiter gestiegen waren.
In Deutschland dürfte es kontroverse Diskussionen geben, da viele Abgeordnete gar keine Anleihekäufe der Fonds wollten. Für die Steuerzahler bedeuten die Beschlüsse keine Belastung, wenn das Rettungsprinzip funktioniert. Die staatseigene KfW-Bank verdient zwar etwas weniger Geld an den Griechenland-Krediten, dafür werden sie aber sicherer. Die möglichen Gewinne aus der EFSF werden gespart und sind der Grundstock für den ESM.
  • FTD.de, 12.03.2011
    © 2011 Financial Times Deutschland
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