Aufstand in Libyen: Französischer Irrläufer
Leitartikel Wahrscheinlich muss Nicolas Sarkozy gerade ein paar seiner Komplexe kompensieren. Das Minderwertigkeitsgefühl etwa, bei den Revolutionen in Tunesien und Ägypten als Staatsmann mit Weltgeltung versagt zu haben.Anders sind die jüngsten Äußerungen des französischen Präsidenten nicht zu erklären: Luftangriffe auf das libysche Gaddafi-Regime zu fordern und die Rebellenregierung anzuerkennen hat mehr mit seinem Testosteronspiegel als mit logischem Denken zu tun. Solche Vorschläge nutzen niemandem etwas. Weder der Europäischen Union noch den Libyern und schon gar nicht ihm selbst.
Die Franzosen werden sich an sein widersprüchliches und unverantwortliches Verhalten erinnern, wenn im nächsten Jahr Präsidentschaftswahlen anstehen. Nicolas Sarkozy tut derzeit alles, um die Erwartungen an ihn als Führer der Grande Nation zu enttäuschen. Sein Verhalten schadet aber auch der EU: Briten und Franzosen fordern nun den Einsatz des Militärs in Libyen, während Portugiesen und Griechen weiter Gaddafis Emissäre empfangen, und Malta wie Italien blockieren alle Kompromissversuche.
Am vernünftigsten sind da noch die Deutschen, die auf die Uno und die arabischen Partner in der Region setzen. Damit die EU aber Druck auf den Diktator in Tripolis erzeugen kann, muss sie mit einer Stimme sprechen. Sonst ist es für Gaddafi ein Leichtes, die Staaten gegeneinander auszuspielen. Und: Es stärkt nicht gerade die Glaubwürdigkeit der Union in anderen Krisenregionen, wenn der Staatschef des zweitwichtigsten Mitgliedsstaates diplomatisch Amok läuft.
Seine Vorschläge sind schlicht ungeeignet, die Lage in Libyen zu befrieden. Eine diplomatisch fragwürdige Anerkennung des Rebellenrats setzt diesen dem Vorwurf Gaddafis aus, vom Ausland gesteuert zu sein. Und mit Luftschlägen würde der Westen Teilnehmer in einem unübersichtlichen und womöglich langen, blutigen Bürgerkrieg, bei dem er nur verlieren kann. Ein Krieg lässt sich leichter beginnen als beenden. Das sollten Afghanistan und der Irak gelehrt haben.
Die Europäer tun deshalb gut daran, den wild gewordenen Sarkozy in seine Schranken zu weisen und auf wirksamere Maßnahmen zu setzen: schärfere Sanktionen und die Unterbindung aller Geldflüsse an Gaddafi. Das wird schon schwer genug.
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FTD.de, 10.03.2011
© 2011 Financial Times Deutschland
Kommentare
- 12.03.2011 14:10:00 Uhr
menssana: Cojones
Cojones scheint nur Sarko zu haben; verbunden mit dem einschlägigen Mut ein völkerrechtliches Verbrechen zu beenden und nicht am grünen Tisch so lange zu diskutieren bis Herr Gaddafi seine ihm konvenierenden Tatsachen geschaffen hat. Frau Merkel - die Zauderangie - hat schon bei den Staatsschuldenhilfsmaßnahmen den Griechen die Anleihenrenditen in kaum bewältigbare Höhen getrieben und es war auch damals Sarko, der dem unbilligen Schauspiel ein Ende bereitet hat. Kein unbegrenztes Lob auf Herrn Sarkozy, aber Hirn und vor allem Herz dürfte er noch behalten haben. Der Schreiber des Leitartikels aus dem wichtigsten!!! EU-Mitgliedsland ist hier mit seiner Feder Amok gelaufen. Ab nach Libyen mit ihm.
- 12.03.2011 03:25:19 Uhr Paul Reiser: Konkurrenz F vs USA vs R / China
- 11.03.2011 23:59:03 Uhr geronimo: kommentare
- 11.03.2011 20:59:40 Uhr weissbart: Demokratie??
- 11.03.2011 20:58:13 Uhr Dr. P. Nassehi: Unruhen in oelländer
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