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Thema: Family-Coach

Das Wunder Baby

Es ist faszinierend, was sich Säuglinge allein im ersten Lebensjahr alles aneignen und womit sie fertig werden.

Letztes Update am 04.12.2010, 14:19

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Kleinkind spielt mit Bauklötzen Entwicklung: Babys sind an allem interessiert. Durch ihren unermüdlichen Forschungsdrang entdecken sie Stück für Stück ihre Umwelt.

Babys sind wie Schwämme, sie saugen sich voll mit Informationen. Und es langweilt sie, wenn es keine neuen Infos gibt. "Babys saugen nicht nur an der Mutterbrust, sie saugen an der Welt", sagt der deutsche Hirnforscher Manfred Spitzer, Neurobiologe an der Universität Ulm. "Das Baby kommt auf die Welt und ist lernbereit. Mit dem Schauen fängt das Lernen an."

Das Gehirn eines neugeborenen Kindes verfügt bereits über etwa 125 Milliarden Nervenzellen (gleiche Anzahl wie bei Erwachsenen), die aber noch klein und wenig vernetzt sind. Dementsprechend beträgt das Gewicht seines Gehirns nur ein Viertel von dem eines Erwachsenen (siehe Hintergrundbericht). Die Gehirnzellen bilden das Kapital für die künftige intellektuelle Entwicklung. Die Verknüpfungen der Nervenzellen untereinander entstehen zum größten Teil erst nach der Geburt. Die Gehirnzellen bilden nach und nach Synapsen aus, das sind Verbindungsstellen von einer Nervenzelle zur nächsten. Ähnlich wie bei den Schaltkreisen eines Computers machen erst die Verbindungen untereinander die Leistungsfähigkeit des Gehirns aus. Das Gehirn eines neugeborenen Kindes ist frei in seinen Entwicklungsmöglichkeiten, deshalb ist es auf Stimulation und Reize von außen angewiesen.


Gedächtnisspuren

Grafik Grafik: Die Entwicklung der Gehirnfunktionen"Es ist ein gutes Gefühl für Mütter, wenn sie anfangs unentwegt von ihren Babys angeschaut werden. Aber Babys können noch gar nicht anders", so Spitzer. In den ersten drei Monaten nehmen dann die Verbindungen zu. Jeder Impuls (Lächeln, Streicheln, Worte, Wiegen, Lieder) sorgt für stärkere Verbindungen. So entstehen Spuren im Gehirn. Gedächtnisspuren." Viele Spuren entstehen dann, wenn der Säugling ein hohes Maß an Zuwendung und Zuneigung erhält. Wenn ihm seine Eltern die Welt der Gefühle, Gerüche, Töne, Dinge, Bewegungen eröffnen. Das Baby lernt und lernt. "Beim Lernen verändern sich Synapsen. Diese erzeugen Schaltkreise, die Gedanken, Muster, Bilder, Fakten widerspiegeln. Bei Babys vermehrt sich die Zahl der Synapsen während bestimmter Zeiträume geradezu explosionsartig", so der Hirnforscher. "Einige Jahre später - im Volksschulalter - werden überschüssige Synapsen wieder abgebaut." Das sei kein Verlust, sondern eine Art Feinschliff. "So entsteht konkretes Wissen über die Welt."

Mit der Zeit entstehen immer mehr Leitungen, ein Areal nach dem anderen schaltet sich dazu (siehe Grafik). Durch ständige Wiederholungen werden diese Verbindungen gefestigt und behalten. Die ersten drei Lebensmonate sind der Entwicklung der Sinne gewidmet. Schon bald arbeitet das Kleine an der Überwindung der Schwerkraft und wird das Köpfchen heben. Und es wird lernen, was ein Baum oder ein Tisch ist und wie sich verschiedene Gegenstände anfühlen. Im Alter von vier bis sechs Monaten wird das Baby auf seinen Namen reagieren, den es ja immer wieder hört.

"Man braucht keine großartige Babyförderung", sagt Spitzer, "wichtig ist, mit dem kleinen Knirps etwas zu machen, das Freude bereitet. Denn welche Entwicklungen gerade vor sich gehen, weiß man nicht. Ist der Input interessant genug, wird das Kind etwas lernen." Gleichgültig, was es ist - ob Sie ein Lied singen, Grimassen schneiden oder Kant vorlesen - wenn Mütter und Väter Spaß dabei haben, hat auch das Baby seine Freude - und entwickelt sich dadurch weiter.

Im Alter zwischen sieben und neun Monaten geht es rund in Babys Köpfchen. Die Nervenverbindungen, die gebraucht werden, verstärken sich, die nicht Benötigten werden abgebaut. "Damit entstehen Trampelpfade, die immer besser genutzt werden. Wir benutzen die Vorerfahrungen zusammen mit dem, was jetzt geschieht, um uns in der Welt zurechtzufinden. Und all das lernt das Baby im ersten Lebensjahr", so Spitzer.

Mit sieben Monaten fängt es an, Grammatik zu lernen, obwohl es noch gar nicht reden kann. Alles wird gespeichert, um dann mit sechs Jahren die Sprache zu beherrschen.

Auch das Gefühl der Angst wird jetzt wahrgenommen, weil ein neuer Gehirnteil online geht. Trennungsangst und Gefühle spielen eine Rolle. Und innerhalb weniger Wochen lernt das Kind zu gehen. Immer wieder hat es probiert, sich auf den Beinen zu halten, nach jedem Plumpser aufs Neue. Keine Frustration hat es davon abgebracht, von allein zu gehen. "Jetzt beginnt es, auf andere Menschen zu achten und wird Teil der Gruppe", sagt Spitzer. Und macht alles nach, was es sieht, weil nach und nach die Spiegelneuronen aktiv werden. Und es will alles selber machen und seinen Willen durchsetzen. Die Persönlichkeit entwickelt sich.


Experimentierfreude

Die kommende Zeit ist geprägt von Versuchen. Beliebt ist das Runterwerfen von Gegenständen. "Das löst bei Erwachsenen oft Ärger aus. Das Kleinkind jedoch entdeckt die Funktionsgesetze und Dimensionalitäten der Welt. Es muss das alles erst begreifen - im wahrsten Sinne des Wortes", sagt KURIER-Family-Coach Martina Leibovici-Mühlberger. Deswegen stellen Kinder die Fallversuche an, lutschen am Zeitungspapier oder zerreißen Bücher. "Das Kind plant nichts Böses. Hier ist angezeigt, milde zu sozialisieren. Dinge, die kaputtgehen oder Verletzungen hervorrufen könnten, sollten aus dem Zugriff geräumt werden", meint die Psychotherapeutin. "Geben Sie dem Kind Gegenstände, mit denen es experimentieren kann." Im alltäglichen Erforschen der Umwelt ist die eigentliche Förderung des Kindes angesiedelt. Und nicht, indem man es vor den Fernseher setzt (mehr darüber am nächsten Sonntag).

Ich will das haben - und zwar sofort. Eltern kennen das Geschrei ihrer Sprösslinge. Leibovici-Mühlberger: "Das Verschieben von Bedürfnissen ist fürs Kleinkind noch nicht möglich, weil es im Moment lebt." Der Vorteil: Es ist leicht ablenkbar. Das berühmte "Schau, da fliegt ein Vogerl" hilft weiter.

INFO: Family-Coach-Telefonsprechstunde: Montag, 13 bis 15 Uhr, Tel.: 01/526 5760.

Letztes Update am 04.12.2010, 14:19

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Artikel vom 04.12.2010 13:00 | KURIER | Ingrid Edelbacher | « zurück zu NACHRICHTEN


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