Thema: Bildung

Neue Wege zum Wissen

Neue Mittelschule: In Markt Allhau wird das innovative System seit Jahren gelebt. Kritik an Lehrer-Gewerkschaft und Politik

Letztes Update am 20.03.2011, 08:34

Schüler
Die Gemäuer sind vielleicht schon in die Jahre gekommen, die Fassade hat merklich bessere Tage gesehen, doch der Spirit, der durch Gänge, Klassenräume, Direktorenkammerl und Lehrerzimmer weht, ist ein wahrlich innovativer.

Schauplatz ist die Neue Mittelschule im südburgenländischen Markt Allhau. 1978 als Hauptschule bezogen, ab 2003 ein Vorreiter im Verbund der Innovativen Schulen, seit drei Jahren offiziell eine NMS.

Eines hat sich jedoch auch in dieser langen Zeit nicht verändert und weckt Erinnerungen: Die große Pause ist noch immer die schönste Zeit des (Schul-)Tages. Genüsslich wird ins Pausenbrot gebissen, die Mädchen reden über die neueste Boy-Band, die Burschen diskutieren die Fußball-News aus aller Welt.

Mit dem Glockengeläut ist die kurze Idylle auch schon wieder vorbei, schnurstracks wird zum Unterricht geschlendert. Dort wartet eine Überraschung für das ungeschulte Auge, zwei Lehrer stehen in der Klasse. Alltag.

"Man ist nicht mehr Alleinunterhalter. Die Umstellung ist relativ leicht gefallen, Teamteaching ist eine Bereicherung für beide Seiten", erklärt Elfriede Fink. Deutsch, Geschichte und Geografie sind ihre Fächer, seit 38 Jahren steht sie im Schuldienst. "Es funktioniert, wenn man miteinander redet und für Neues offen ist." Und dieser Punkt trifft haargenau auf die 58-Jährige zu, ist sie doch vor Kurzem unter die Autoren gegangen - ein Deutschbuch für die NMS ist entstanden, ab 2011/2012 im Einsatz.

"Im Fokus sollte das beste für das Kind stehen und in meinen Augen ist die Neue Mittelschule das beste", sagt Fink. "Eines wird sich aber nie ändern - Lernen ist Arbeit, auch im neuen System."

Eine Selbstverständlichkeit für Hannah Reichart und Matthias Jelencits. An die doppelte Dröhnung Pädagogen haben sich die Elfjährigen längst gewöhnt. "Der eine trägt vor, den anderen kann man fragen, wenn man etwas nicht verstanden hat", sagt Hannah.

Mit der Eigenverantwortung und dem selbstständigen Lernen kommt Matthias bestens zurecht: "Das ist doch gut, denn später in der HTL muss man auch viel allein erarbeiten, da steht auch nicht ständig ein Lehrer neben dir."

Lernkultur

Die Neue Mittelschule ist das Metier von Direktor Alfred Lehner, ein Verfechter der innovativen Lernkultur. "Im Vordergrund steht nicht mehr Wissen zu vermitteln, sondern die Wege zum Wissen." Das beinhalte auch die Nutzung moderner Technologien, jeder Schüler könne schon mit einem iPhone umgehen. "Niemand braucht heutzutage mehr eine Jahreszahl auswendig lernen, diese Daten sind überall abrufbar, unsere Aufgabe ist es, die historischen Zusammenhänge zu erklären und greifbar zu machen."

Die einzige Schwachstelle ortet Lehner bei seinen Kollegen: "Das Problem im System sind manche Lehrer und die Gewerkschaft, die sich auf nichts Neues einlassen."

Auch die Politiker bekommen ihr Fett ab: "Sie können jetzt leicht sagen, dass sie die Neue Mittelschule öffnen wollen. Aber das geht gar nicht, denn in Österreich gibt es gar nicht genug Personal für dieses Vorhaben. Das ist nur Schönrederei."

In Markt Allhau wurde das Konzept zur Leistungsbeurteilung an NMS entwickelt, in sechs Bundesländern kommt dieses zur Anwendung. "3500 Pädagogen haben uns bisher besucht oder an Vorträgen teilgenommen", betont Lehner. "Politiker war aber kein einziger darunter."

Letztes Update am 20.03.2011, 08:34

Artikel vom 20.03.2011 08:00 | KURIER | Manfred Imre | « zurück zu Burgenland

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