Montag, 4. April 2011

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"Anna Bolena": Krönung für die Königinnen

Anna Netrebko und Elina Garanca begeistern an der Staatsoper als Thron-Rivalinnen in Donizettis "Anna Bolena". Fazit: Ein Triumph.

Letztes Update am 03.04.2011, 17:09

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ORF/APA/Ali Schafler Fotostrecke: 19 Bilder Anna Netrebko in "Anna Bolena"

In diesem Werk des Viel- und Schnellschreibers Gaetano Donizetti geht es um die zweite und dritte Ehefrau des englischen Königs Heinrich VIII., der insgesamt sechs Mal verheiratet war. Er ist Anna Bolena überdrüssig und hat eine Affäre mit Giovanna Seymour.
Wie kann er nun diese neben sich als Königin auf den Thron setzen? Wie wird er die andere los? Durch eine Intrige: Er dichtet Anna Bolena eine Affäre mit ihrem Ex-Lover an und verurteilt sie zum Tode. Hat uns das heute, in einer Zeit, in der Scheidungen angeblich möglich sind, noch etwas zu sagen? Lohnt sich eine szenische Aufführung des Librettos von Felice Romani wirklich?
Naja ... Aber diese Skepsis ist bei den meisten Belcanto-Opern angebracht.
Im konkreten Fall ist das Duell um die Thronbesteigung allemal eine Neuproduktion wert. Weil die Wiener Staatsoper dafür zwei Protagonistinnen engagieren konnte, die zu den Königinnen der Opernwelt zählen.


Netrebko: Beeindruckt in ihrem Anna Bolena-Debüt

ORF/APA/Ali Schafler Die Sopranistin Anna Netrebko liefert bei ihrem Debüt als Anna Bolena eine beeindruckende Rollenstudie ab. Ihr Porträt der Herrscherin, deren Tochter später als Elizabeth I. zur Langzeitkönigin werden sollte, ist darstellerisch wie stimmlich phänomenal und voller Tiefgang. Mit ihrem dunklen Timbre zeichnet die Netrebko die Tragödie in jeder Phase glaubhaft. Sie hat die nötige Höhe für die Spitzentöne, bei den Verzierungen zeigt sie Präsenz, ohne sich aber mit den Koloraturmeisterinnen anlegen zu müssen.
Sie liegt sängerisch zwischen den großen Bolenas der Vergangenheit, Maria Callas und Edita Gruberova, findet aber ihren eigenen Weg. Anna Bolena ist - auf einer Höhe mit ihrer Darstellung der Adina ("Liebestrank") - auf Anhieb zu Netrebkos bester Belcanto-Partie geworden. Viel besser als ihre Lucia. Es ist auch erfreulich, dass eine Sängerin, die marketingmäßig derart strapaziert wird, auf der Bühne stets künstlerische Antworten gibt - sogar in einem Fach, das nicht zu ihrem Kernrepertoire gehört. Hut ab vor dieser Künstlerin!

Elina Garanča: Ihr liegt die Partie der Seymour perfekt. Mit ihrem warm-timbrierten, großen Mezzo berührt sie als Verführerin und als Dame voller Gewissensbisse. Gemeinsam bilden Netrebko und Garanča das denkbar beste Rivalinnen-Paar.
Am Samstag standen sie zum ersten Mal gemeinsam auf der Staatsopernbühne. Für Netrebko war es erst die zweite Premiere in Wien (nach Massenets "Manon"), für Garanča die dritte (nach Massenets "Werther" und der Adalgisa in Bellinis "Norma"). Schon allein deshalb war die Premiere ein Event, das die beiden künstlerisch zum Ereignis machten.
Wesentliches zum Sängerfest trugen auch der Tenor Francesco Meli als Annas Ex-Liebhaber Percy und Elisabeth Kulman als ihr Page Smeton bei. Ildebrando d'Arcangelo als Heinrich VIII. ist zu wenig bedrohlich, eigentlich zu fesch und stimmlich in den Tiefen zu wenig markant. Vielleicht wäre Dan Paul Dumitrescu (Rochefort) sogar der glaubhaftere König gewesen.

Das Dirigat von Evelino Pidò ist präzise, klanglich ausbalanciert, sehr differenziert. Er lässt mit dem Staatsopernorchester aber einiges an Dynamik und Tempo vermissen. Das liegt wohl auch an den Strichen, etwa von Cabalettas (den schnellen Schlusssätzen der Arien).
Die Inszenierung von Eric Génovèse ist enorm statisch. Zur historischen Geschichte wird kaum etwas erklärt. Immerhin haben die Protagonistinnen in den eleganten Kostümen (Luisa Spinatelli) aber Raum zur Entfaltung. Bei "Anna Bolena" stört eine Nicht-Regie jedenfalls viel weniger als bei Mozart-Werken, die eine Stellungnahme geradezu herausfordern.


Fazit: Ein Triumph mit Donizetti

Das Werk: "Anna Bolena" von Donizetti wurde 1830 in Mailand (Teatro Carcano) uraufgeführt. An der Staatsoper war das Werk Samstag erstmals zu hören.

Die Sänger: Anna Netrebko (Anna Bolena) und Elina Garanča ( Giovanna Seymour) agieren phänomenal. Auch Elisabeth Kulman und Francesco Meli überzeugen.

Der Dirigent: Pidò versucht Maximales aus der Partitur zu holen.

Die Regie: Extrem statisch.

Letztes Update am 03.04.2011, 17:09

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Artikel vom 02.04.2011 23:00 | KURIER | Gert Korentschnig | « zurück zu KULTUR


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