Erste Auftritt: Der sehr bescheidene Herr Doktor Rösler
Philipp Rösler will als Gesundheitsminister für die FDP punkten. Doch der erste große Auftritt als Partei-Chef nach der Bewerbung geht schief.An diesem Tag lässt Philipp Rösler einem anderen den Vortritt. Stefan Grüttner, dem hessischen Gesundheitsminister und Verhandlungsführer der Länder. Grüttner darf erklären, wie in den kommenden Jahren die vielen Millionen Patienten auf dem Land besser versorgt werden sollen. Grüttner ist ein Kenner der Materie, und das ist heute ein Problem. Denn die Materie ist kompliziert: Er spricht über Beteiligungs- und Initiativrechte der Länder, er spricht über eine kleinräumige Bedarfsplanung und eine sektorübergreifende Versorgungsplanung.
Der Bundesgesundheitsminister steht neben ihm und atmet einmal ganz tief ein und wieder aus. Als Grüttner fertig ist, gibt Rösler das Wort an Malu Dreyer, der Amtskollegin aus Rheinland-Pfalz. Sie sagt noch einmal das, was auch schon ihr Kollege aus Hessen gesagt hat. Und dass sie sich größere Fortschritte bei den ärztlichen Delegationsmöglichkeiten gewünscht hätte. Nun dürfe man Fragen stellen, sagt Rösler anschließend.
So sieht er also aus, der erste offizielle Termin des Bundesgesundheitsministers, der bald FDP-Vorsitzender werden will. Und der dafür nach eigenen Angaben auch sein Ministeramt als Chance und Bereicherung begreift. Röslers Versorgungsgesetz, um das es heute geht, wäre wie gemacht für den ersten großen Auftritt des designierten Parteichefs. Ein Thema, das den Menschen unter den Nägeln brennt - der Kampf gegen den Ärztemangel -, eine große Bühne in Berlin und ein Riesenauflauf der Hauptstadtpresse. Aber Rösler und seine Berater haben sich offensichtlich entschieden, den FDP-Vorsitzenden heute lieber noch draußen zu lassen.
Die Oberstrategen in der Parteizentrale sind da schon viel weiter. Generalsekretär Christian Lindner zum Beispiel hat bereits ein fertiges Kommunikationskonzept für den neuen Parteichef: Rösler sei jung, sympathisch, berufstätig, habe zwei kleine Kinder und seine Frau arbeite ebenfalls, schwärmt Lindner am Tag nach Röslers offizieller Bewerbung für den Parteivorsitz. Themen wie die Arztversorgung auf dem Land, die Sorgen der Patienten: Das aufrichtige Interesse an sozialen Themen bringe Rösler über sein Ministeramt mit. Alltagsprobleme wie Betreuung der Kinder oder Vereinbarkeit von Familie und Beruf kenne er von zu Hause.
Damit rücke die FDP wieder näher an die "Lebenswirklichkeit der Menschen", sagt Lindner. Biografie und Hintergrund des neuen Vorsitzenden seien "wichtig für die strategische Ausrichtung der Partei". Rösler sei eine "Einladung an die Wähler, die FDP noch einmal neu zu bewerten".
Auch Rösler hatte gleich nach seiner Kandidatur am Dienstag erklärt, das Gesundheitsministerium mache ihm "viel Freude". "Es gilt, neue Antworten auf die Alltagsfragen der Menschen zu finden", sagte er. Dabei werde ihm auch sein Amt helfen.
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- © 2011 Financial Times Deutschland
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