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Merken   Drucken   05.04.2011, 20:51 Schriftgröße: AAA

   

Neuer FDP-Chef: Zum Glück kein Alphatier

Leitartikel Noch nicht einmal im Amt und schon die erste Schlappe - Rösler hätte kaum einen schlechteren Start als kommender FDP-Chef hinlegen können. Doch langfristig lässt der Neubeginn hoffen.
Denn der Kandidat für die Nachfolge von Guido Westerwelle  hat dadurch einen unrühmlichen ersten Eindruck hinterlassen: Der Jungspund konnte sich im Ringen um das Wirtschaftsministerium nicht einmal gegen seinen alten Parteifreund Rainer Brüderle durchsetzen. Wie soll das dann erst mit dem politischen Gegner werden?
Bundesgesundheitsminister Philipp Rösler   Bundesgesundheitsminister Philipp Rösler
Doch so holprig der Auftakt zum Führungswechsel wirken mag, langfristig kann er sich sogar als richtig erweisen, für die FDP wie für die Regierung.
Schon dass Brüderle sein Amt behält, sollte die Liberalen freuen. Der landesweit bekannte Pfälzer ist ein nötiger Gegenpol zu den Nachwuchskräften in der neuen Parteiführung. Er vertritt eine für die FDP wichtige und große Klientel, den wirtschaftsliberalen Mittelstand aus der Provinz. Akademisch kühle Charaktere wie Christian Lindner, Daniel Bahr oder Rösler können dort weniger punkten als der hemdsärmelige Brüderle.
Röslers verunglückter Auftakt bestätigt aber auch den Eindruck, den er bisher als Gesundheitsminister abgegeben hat: Ein Alphamännchen ist er offensichtlich nicht. Er bevorzugt die bescheidenen Auftritte und sucht Kompromisse abseits der Öffentlichkeit, anstatt mit lauten Forderungen auffallen zu wollen.
Westerwelle gibt den FDP-Vorsitz ab. Das ist

 

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Da muss es nicht mal ein Schaden sein, dass bislang kaum jemand weiß, für welche Inhalte der neue FDP-Chef eigentlich steht. Wenn er sich mal nicht durchsetzt, wird das nicht gleich als Niederlage verstanden.
Solch einen Politikertyp kann die Koalition gut gebrauchen. Schwarz-Gelb fiel seit Amtsantritt schließlich hauptsächlich dadurch auf, dass sich die Führungsköpfe auf Kosten der anderen profilieren wollten. Vor allem CSU und FDP gönnten einander keinen einzigen politischen Erfolg - man erinnere sich an Schmähungen wie "Gurkentruppe" oder "Wildsau".
Die Koalition muss den Wechsel an der FDP-Spitze nutzen, um sich aus ihrer Selbstbezogenheit zu lösen. Die Sachlichkeit Röslers kann wichtigen Politikprojekten wie der Energiewende und der Euro-Rettung dienen. Die Koalitionspartner sollten ihre ganze Kraft darauf konzentrieren, wofür sie gewählt wurden: regieren.
  • FTD.de, 05.04.2011
    © 2011 Financial Times Deutschland
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Kommentare
  • 07.04.2011 03:43:29 Uhr   Peter Köhler: Muppetshow der jungen Milden

    Menschlicher Faktor und kognitiv rhetorische Fähigkeit von Rösler sind zu loben, jedes durch seine CDU-Führungsdamen gezielt dosiertes Anerkennungsleckerli freut ihn wie den Schneekönig.
    Das alles und sein mangelndes Charisma prädestinieren ihn jedoch nur dazu, bald mit Haut und Haaren gefressen zu werden. Genauso wie bei vorherigen "A..karte" Gesundheitsministerium, wird er als rein gut meinender, aber ahnungsloser Minenhund und Lobby-Erfüllungsgehilfe benutzt. So benutzt ihn Westerwelle, um den Abgang zu verzögern und statt im Büßergewand nach Compostela zu pilgern, doch ein Weilchen um die Welt zu jetten und Weiwei-Kerkermeistern ihre Blutflossen zu drücken und so doch noch FDP-Mentor Genscher als Ehrenvorsitzenden auf Lebenszeit zu beerben und wie Müntefering in der durch ihn halbierten SPD bis zum Sargnagel der Partei die Strippen aus dem Dunkeln zu ziehen. Auch GS Lindner bleibt bislang in seinem nun wieder schnell mit Persil auf Hochglanz gewaschenen Schafspelz wohlüberlegt drin stecken und benutzt mit Westerwelle Rösler als empathischen Puffer zur Partei, zur CDU/CSU und zum Wähler. Geht's bei nächsten Landtagswahlen in nächsten 15 Monaten alles doch gut aus, dann sind alle fairen Teamspieler und Erfolg hat dann wie immer viele Väter. Sonst wird der Sündenbock mit Kopfschütteln der gerechten Bestürzung in die Wüste gejagt, um ihn dann in der schweren Stunde selbstlos zu beerben. Auch alle sonstigen Opportunisten wie Homburger und Brüderle, die spätestens jetzt geteert und gefedert gehörten, verstecken sich nun mit großem Pathos hinter Rösler und Westerwelle, um noch eine Zeitlang am Versorgungstropf zu verweilen und die Weichen für die Versorger weiter günstig zu stellen. Und für Merkel und ihre Lenkungskombo ist Rösler der gern lancierte Lieblingszombie mit geringster Widerstandskraft, der nur noch bis zu Wahlen 2013 den zunehmend unangenehm riechenden untoten FDP-Kadaver noch möglichst dauerhaft geschwächt gerade so pro forma erhalten soll. So kann CDU dann 2013 die mit Schaum vor Mund willigen Grünen graziös aufsatteln und kann so alles selbst Verbockte dann noch der FDP zum Abschied in Schuhe schieben. Die verspätete Intervention Genschers, mit personellem Umbau der FDP weiter zu machen und Wähler statt die Partei im Auge zu haben, ehrt ihn doch noch sehr. Aus Erfahrung ist aber sicher, dass auch dieser Mahnruf nur mit Nebelkerzen enden wird und nach dem Selbsterfahrungs-Kuschelparteitag sich alle „FDP-Realos“ wieder gelassen am großen Fresstopf niederlassen werden, bis die Partei endgültig implodiert. Es bleiben dann aber immer noch bekannte Versorger in Wirtschaft und Finanz, weshalb also eigene Selbstversorgerparty mit Stress trüben?

  • 06.04.2011 08:33:56 Uhr   Warriorcat: Alphatier
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