Regierungschef vor Gericht: Vier Verfahren gegen den Cavaliere
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2011 AFP
Silvio Berlusconi steht vor Gericht - wieder einmal. Italiens Ministerpräsident hat bereits 16 Prozesse überstanden. Wegen Korruption und Steuervergehen war er angeklagt, verurteilt wurde er bislang nicht. Die Verfahren endeten mit Freisprüchen oder Einstellungen. Auch per Gesetz schützte sich Berlusconi vor den Nachstellungen der Justiz.
Aber die obersten Richter entzogen ihm seine Immunität. Vier Prozesse sind noch anhängig gegen den Cavaliere. Politisch am gefährlichsten ist das sogenannte Bunga-Bunga-Verfahren um mutmaßliche Sexskandale mit Minderjährigen. Die Debatte hat seiner bislang scheinbar unerschütterlichen Popularität geschadet. Berlusconi fühlt sich von linken Verschwörern verfolgt. Die Prozesse des Silvio Berlusconi, ein Drama in vier Akten:
Der sogenannte Rubygate-Skandal begann bereits im Sommer 2010. Damals wurde, so die Vorwürfe, die 17-jährige Ruby Rubacuori wegen Diebstahls verhaftet. Die Polizei erreichte kurz darauf ein Anruf: Man solle das Mädchen lieber in die Obhut von Nicole Minetti geben, anstatt sie festzusetzen. Der Anrufer soll Silvio Berlusconi gewesen sein, Parteifreundin Minetti die Organisatorin seines Harems. Neun Mädchen habe er in seinen Mailänder Wohnungen gehalten, mit Geld und Schmuck für Sex beschenkt.
Darunter auch Ruby, die schon als Minderjährige zahlreiche Nächte auf einem Luxusanwesen Berlusconis verbracht haben soll, so die Staatsanwaltschaft. Sie ermittelt jetzt wegen Prostitution und Amtsmissbrauch. Bisher bestreiten beide, miteinander geschlafen zu haben. Die Ermittler halten belastende Mitschnitte von Telefonaten des Mädchens dagegen.
Der Prozess begann am Mittwoch und wurde nach wenigen Minuten bis zum 31. Mai vertagt. Berlusconi selbst war nicht erschienen.
Ministerpräsident Berlusconi soll dem britischen Anwalt David Mills 600.000 Dollar gezahlt haben. Im Gegenzug sollte dieser Stillschweigen bewahren über Berlusconis angebliches Imperium aus Scheinfirmen. Über sie soll Schwarzgeld gewaschen worden sein, das eigentlich dem Staat gehörte. Mills schwieg vor Gericht. Die Richter warfen ihm Bestechlichkeit vor, verhängten aber keine Strafe. Die Tat sei verjährt.
Ministerpräsident Berlusconi jedoch sei eindeutig derjenige, der Mills bestochen habe. In erster Instanz ist eine Verurteilung wegen Bestechung wahrscheinlich. Für die zweite und dritte Instanz könnte es knapp werden - in einem Jahr verjährt der Fall.
Im März wurde der Prozess wieder aufgenommen, nachdem das oberste Gericht Berlusconis Quasi-Immunität aufgehoben hatte. Der Regierungschef erschien auch hier nicht im Gerichtssaal, weil er andere wichtige Termine habe wahrnehmen müssen.
Steuerbetrug und Untreue lauten die Vorwürfe im Prozess um Berlusconis Firma Mediaset. Statt Rechte für amerikanische Filme direkt einzukaufen, wurden sie über Tarnfirmen aus Berlusconis Imperium erworben. Zu überhöhten Preisen. Über 470 Mio. Euro sollen so auf schwarze Konten im Ausland geflossen sein - vorbei an den Steuerbehörden. Auch dieses Verfahren befindet sich noch in erster Instanz. Es verjährt allerdings erst 2014.
In dem Prozess gibt es ein Dutzend Angeklagte. Unter ihnen sind Berlusconis Sohn Piersilvio und Mediaset-Präsident Fedele Confalonieri.
1999 gliederte Mediaset den Filmrechtekauf in die Tochtergesellschaft Mediatrade aus. Diese wird ebenfalls beschuldigt, Filmrechte über Scheinfirmen zu überhöhten Preisen gekauft zu haben. Verkäufer soll ein langjähriger Geschäftspartner Berlusconis gewesen sein. Die Gewinne aus dem Geschäft wurden angeblich zwischen beiden aufgeteilt. Gerade laufen die Voranhörungen. Erst dann beginnt der eigentliche Prozess.
Berlusconi erklärt sich für unschuldig: "Ich habe mich innerhalb des Mediaset-Konzerns nie um den Kauf von Filmrechten gekümmert".
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FTD.de, 06.04.2011
© 2011 Financial Times Deutschland
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