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Merken   Drucken   07.04.2011, 07:34 Schriftgröße: AAA

   

Staatshilfen: Wie sich die Banken weltweit vom Staat freikaufen

In der Finanzkrise haben die Regierungen Milliarden bezahlt, um ihre Banken zu retten. Teilweise wurden die Staaten Miteigentümer der Häuser. Nun versuchen die Institute, ihre Retter wieder loszuwerden. FTD.de gibt einen Überblick.
Die Commerzbank hat angekündigt, ihre Staatshilfen zurückzuzahlen und dafür eine Kapitalerhöhung auf den Weg gebracht. Um den Kollaps des weltweiten Finanzsystems zu verhindern, stellten Regierungen im Zuge der Krise Milliardensummen bereit, um ihre Banken vor dem Untergang zu bewahren. Teilweise wurden sie dadurch auch Miteigentümer der Häuser.
Inzwischen hat sich die Lage für die Institute aber vielfach wieder entspannt. Deshalb versuchen sie, den oft ungeliebten Miteigentümer Staat wieder loszuwerden. Dabei ist die Situation von Land zu Land unterschiedlich. Während etwa in Frankreich fast alle Banken wieder vollständig staatsfrei sind, ist in Irland fraglich, wer die kommenden Jahre als eigenständiges Institut überhaupt überlebt.
Die Regierung des Landes hat einige Großbanken und Bausparkassen vollständig unter staatliche Kontrolle gestellt, etwa die von der Krise am härtesten getroffene Allied Irish Banks (AIB). An der Bank of Ireland  hält der Staat 36 Prozent. Lange Zeit sah es so, als wäre die Allfinanzgruppe Irish Life & Permanent glimpflich durch die Krise gekommen, zuletzt wurden aber auch hier große Probleme bekannt.
Das Gebäude der Bank of Ireland im November 2010   Das Gebäude der Bank of Ireland im November 2010
Die irische Regierung plant nun einen radikalen Umbau des Bankensektors. So soll die Bausparkasse EBS mit AIB verschmolzen werden. Irish Life & Permanent soll sein gesundes Versicherungsgeschäft verkaufen. Die Anglo Irish Bank soll geschlossen, ihre Einlagen sollen auf die anderen Banken verteilt werden.
Als Folge der Kreditkrise musste Irland seinen Finanzsektor bislang mit Finanzspritzen von 46 Mrd. Euro vor dem Zusammenbruch retten, ein Stresstest hat gerade gezeigt, dass noch einmal gut 25 Mrd. Euro hinzukommen könnten. Die Kosten für die Bankenrettung sind so hoch, dass das Land letztlich ein Rettungspaket von 85 Mrd. Euro von der EU und dem Internationalen Währungsfonds (IWF) annahm.
In Spanien ist es vor allem der Sparkassensektor, der am Tropf des Staates und seines Rettungsfonds (Frob) hängt. Die größte Bank des Landes Banco Santander gehört hingegen zu den weltweiten Gewinnern der Finanzkrise. Sowohl von der geplatzten Immobilienblase als auch von den Verwerfungen infolge der globalen Krise blieb die Bank weitestgehend verschont. Hintergrund dafür war vor allem die Fokussierung auf stark wachsende Regionen wie Südamerika. Santander  ist kräftig auf Einkaufstour, etwa in Großbritannien.
15 Mrd. Euro fehlen Schlechter geht es den spanischen Sparkassen, den Cajas. Viele der Häuser sollen derzeit auf Anordnung der Regierung miteinander verschmolzen, die Zahl der Sparkassengruppen von 45 auf 17 verkleinert werden. Die Regierung hat der angeschlagenen Bankenbranche harte Auflagen gemacht, um die Stabilität des Finanzsystems wieder herzustellen. Im Zuge dessen müssen die Institute ihre Kapitaldecke stärken. Beim Bankenrettungsfonds Frob können sich jene Banken mit Kapital versorgen, die die neuen Anforderungen nicht erfüllen können. Laut der spanischen Notenbank fehlen den Geldhäusern insgesamt 15 Mrd. Euro. Experten rechnen mit Gesamtkosten für die Sanierung des Bankensystems von bis zu 120 Mrd. Euro.
Die Finanzkonzerne kämpfen sich langsam aus den staatlichen Rettungsschirmen heraus. So hat die niederländische Bank ING  angekündigt, bis Mai 2012 die erhaltenen Staatshilfen komplett zurückzuzahlen. Von den erhaltenen 10 Mrd. Euro sei die Hälfte bereits getilgt, am 13. Mai sollen weitere 2 Mrd. Euro folgen. Zusätzlich zahlt ING noch 1 Mrd. Euro Strafe. Die Strafe von insgesamt 2,5 Mrd. Euro ergibt sich aus der Inanspruchnahme der Staatshilfe.
Kursinformationen und Charts
  BANK OF IRELAND 0,305 EUR  [0.003 +0,99%
  Banco Santander 758,95 GBp  [11.95 +1,60%
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Der niederländische Versicherer Aegon  ist ebenfalls dabei, seine Hilfen von insgesamt 3 Mrd. Euro zurückzuzahlen. Bis Mitte des Jahres sollen 2,25 Mrd. Euro an die Regierungskasse überwiesen werden. Dafür begibt Aegon eine Kapitalerhöhung.
ABN Amro wurde im Zuge der Krise verstaatlicht und wird derzeit umgebaut. Für die zwischen 2008 und 2010 gewährten Beihilfen von bis zu 5,45 Mrd. hat sich die Bank verpflichtet, keine von Übernahmen zu tätigen. ABN  soll 2011 Gewinne ausweisen, 2014 wieder an die Börse.
Gesund schrumpfen muss sich auch der Versicherungskonzern Dexia, an dem unter anderem die Staaten Belgien, Luxemburg und Frankreich beteiligt sind. Insgesamt hat das Haus 6,4 Mrd. Euro direkte Hilfen und zusätzlich eine Garantie für Verbindlichkeiten von zunächst bis zu 150 Mrd. Euro erhalten. Auf die Garantie verzichtete Dexia  dann Mitte 2010.
Die belgische KBC hat im Zuge der Finanzkrise zwei Kapitalspritzen von je 3,5 Mrd. Euro vom belgischen Staat bzw. von der flämischen Regionalregierung erhalten. Die Rückzahlung ist von der Bank für die nahe Zukunft angekündigt. Keine Staatshilfe benötigte die niederländische Rabobank.
Schwer gebeutelt von der Finanzkrise waren auch die britischen Banken. Teilweise wurden sie (teil-)verstaatlicht wie die Royal Bank of Scotland  (RBS), Lloyds  oder der Hypothekenfinanzerier Northern Rock oder zerschlagen und verkauft wie Bradford&Bingley. Lloyds gehört zu 41 Prozent dem Staat, die einst größte Bank Europas RBS zu 83 Prozent.
Eine Geschäftsstelle der Barclays Bank   Eine Geschäftsstelle der Barclays Bank
Die britische Regierung drückt nun aufs Tempo bei der Reprivatisierung der Häuser, die derzeit wieder Gewinn machen. Erste Teile der RBS und Lloyds sollen wohl im November an private Investoren verkauft werden. Die beiden Banken erhielten insgesamt 66 Mrd. Pfund (76 Mrd. Euro). Die Rettung der RBS war die weltweit die teuerste Aktion dieser Art. Beide Häuser erhalten Garantien gegen den Ausfall fauler Kredite.
Ohne Staatshilfe kam bislang Barclays  aus, derzeit die nach Börsenwert siebtgrößte Bank Europas. Für große Diskussionen sorgt dabei auf den britischen Inseln vor allem das Thema Bonizahlungen an die Manager der krisengeschüttelten und vor allem der verstaatlichten Banken.
Ohne Staatshilfe und Affären kam die Credit Suisse  durch die Krise, anders hingegen der Konkurrent UBS . Die Bank musste mit einer Milliardenspritze gerettet werden und bekam den Staat als Miteigentümer. Aber bereits 2009 stieg die eidgenössische Regierung wieder aus und machte dabei Gewinn von Gewinn von 1,2 Mrd. Franken.
Die französischen Banken haben schon sehr früh ihre Staatshilfen zurückgezahlt. Bereits Ende 2009 gaben Societe Generale , BNP Paribas  und Credit Agricole  die Gelder zurück. Den Anfang machte dabei BNPParibas, die über eine Kapitalerhöhung die Rückzahlung der erhaltenen 5,1 Mrd. Euro stemmte. Im Herbst 2010 folgten dann SocGen und Credit Agricole, die 3,4 beziehungsweise 3 Mrd. Euro zu leisten hatten. Während die SocGen dafür ebenfalls ihr Kapital erhöhte, besorgten sich der Credit Agricole das Geld über den verkauf von Verbindlichkeiten. Insgesamt pumpte der Staat etwas mehr als 20 Mrd. Euro in das Bankensystem. Bis auf Banque Populaire haben alle Institute die Staatshilfe zurückgezahlt.
Zweieinhalb Jahr nach dem Höhepunkt der Finanzkrise will die Commerzbank  mit einem Befreiungsschlag den Staat wieder loswerden. Rund 14,3 Mrd. Euro an Staats-Kapitalhilfen sollen bis Ende Juni zurückgezahlt werden. Neben der zweitgrößten deutschen Bank sind aber noch viele Institute auf Unterstützung des Bundes angewiesen.
Sitz des Soffin in Frankfurt   Sitz des Soffin in Frankfurt
Seit diesem Jahr vergibt der Bankenrettungsfonds Soffin keine neuen Hilfen mehr. Er verwaltet aber noch die bestehenden Kapital-Beteiligungen und Garantien. Heute ist der Fonds mit einem ursprünglichen Volumen von 480 Mrd. Euro nur noch zu einem Fünftel ausgeschöpft.
Insgesamt hat der Rettungsfonds 29,3 Mrd. Euro an Eigenkapital ausgegeben und 40,1 Mrd. Euro an Garantien versprochen. Das meiste Eigenkapital hat dabei mit 18,2 Mrd. Euro die Commerzbank erhalten, die höchsten Garantien gibt es mit 9,6 Mrd. Euro für die IKB.
Garantien in Höhe von 5,4 Mrd. Euro hat die Sicherungseinrichtungsgesellschaft deutscher Banken (SdB) erhalten, um Kunden der insolventen US-Bank Lehman Brothers in Deutschland zu entschädigen. Inzwischen hat die BayernLB angekündigt, einen großen Teil der ausstehenden staatlich garantierten Anleihe zurückzukaufen. Damit können 1,87 Mrd. Euro an Garantien zurückgegeben werden. Insgesamt garantiert der Staat bei der BayernLB für 4,7 Mrd. Euro.
Beteiligt ist der deutsche Staat derzeit zudem noch an der Aareal Bank  mit 400 Mio. Euro, der Hypo Real Estate mit 7,7 Mrd. Euro und der WestLB mit 3 Mrd. Euro. Hohe Garantien werden geleistet für die HSH Nordbank (9 Mrd. Euro), die Aareal Bank (4 Mrd. Euro) und die Düsseldorfer Hypothekenbank (2,4 Mrd. Euro). Ihre Garantien komplett zurückgegeben haben die Corealcredit Bank und die FMS Wertmanagement, die staatliche Bad Bank für die Hypo Real Estate.
45 Mrd. Dollar Staatshilfe allein für die Citigroup , Steuergelder in gleicher Höhe für die Bank of America  und 10 Mrd. Dollar für die Investmentbank Goldman Sachs : Das sind nur einige Beispiele für die Kredite und Kapitalspritzen an Banken, die auf dem Höhepunkt der Finanzkrise den Zorn der US-Bürger erregten.
Mittlerweile haben die meisten Kreditinstitute die Milliardenhilfen aber zurückgezahlt. Das US-Finanzministerium erwirtschaftete laut jüngsten Berechnungen sogar einen kleinen Gewinn: Die Summe aller Erstattungen zuzüglich Zinsen beläuft sich demnach auf 251 Mrd. Dollar, ausgezahlt worden waren 245 Mrd. Dollar.
Nicht in diese Rechnung einbezogen sind allerdings die Kosten für den Versicherungskonzern AIG , an dem der Staat noch Anteile im Wert von rund 60 Mrd. Dollar hält. Als kostspielige Investition für den Steuerzahler dürften sich überdies die Milliardenhilfen für die Immobilienfinanzierer Fannie Mae und Freddie Mac erweisen: Nach Investitionen von bislang 130 Mrd. Dollar in Vorzugsaktien der beiden Unternehmen hofft die US-Regierung, die Verluste bis 2021 auf 73 Mrd. Dollar beschränken zu können.
  • © 2011 Financial Times Deutschland
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