Nach Becherwurf: St. Pauli droht Geisterspiel
Statt vor einem vollen Haus wird der Hamburger Traditionsverein sein nächstes Heimspiel womöglich in einem leeren Stadion absolvieren müssen. Der DFB stellte den Antrag nach dem Angriff eines Fans auf einen Linienrichter. Der Kiezklub wehrt sich dagegen - die Strafe sei zu hoch.Dem FC St. Pauli droht nach der Bierbecherattacke auf Schiedsrichter-Assistent Thorsten Schiffner im Bundesliga-Nordderby am Ostersamstag gegen Werder Bremen das befürchtete Geisterspiel. Einen entsprechenden Antrag hat der Kontrollausschuss des Deutschen Fußball-Bundes (DFB) gestellt. Diesem hat das Bundesliga-Kellerkind nicht zugestimmt, die endgültige Entscheidung fällt das DFB-Sportgericht am Freitag.
In seinem Antrag begründete der Kontrollausschuss das von ihm vorgeschlagene Strafmaß mit mangelndem Schutz des Assistenten. Zudem, so heißt es weiter, gehe man von einem fortgesetzten unsportlichen Verhalten aus. Bereits vor der Szene, die bei der Partie der Hanseaten gegen den FC Schalke 04 am vergangenen Freitag zum Abbruch führte, seien ein Feuerzeug sowie mehrfach Münzen auf die beiden Unparteiischen an der Linie geworfen worden. St. Pauli akzeptierte das Strafmaß dennoch nicht und glaubt offensichtlich, mit einer Geldstrafe davonzukommen.
Das Spiel war in der 89. Minute beim Stande von 0:2 abgebrochen worden, weil ein Zuschauer den Linienrichter mit einem randvollen Hartplastik-Bierbecher im Nacken getroffen hatte. Schon am Dienstag war die Partie mit 2:0 für die Gäste gewertet worden. Bereits am gleichen Tag war der 35-jährige Schiffner aus Konstanz bereits wieder als Assistent des DFB-Schiedsrichters Felix Brych beim Champions-League-Viertelfinale zwischen Real Madrid und Tottenham Hotspur (4:0) im Einsatz.
Der inzwischen mit an Sicherheit grenzender Wahrscheinlichkeit identifizierte Werfer wird sich mit Schadenersatzforderungen seitens der Hamburger auseinandersetzen müssen. Zudem droht ihm ein mehrjähriges Stadionverbot.
Liga-Boss Reinhard Rauball plädierte bereits zu Wochenbeginn für eine noch drastischere Bestrafung des Täters. "In diesem Fall sollte man ein Exempel statuieren und ein lebenslanges Stadionverbot gegen den Täter aussprechen", sagte der Präsident des Bundesliga-Tabellenführers Borussia Dortmund .
Die rechtliche Grundlage für Regressansprüche an den mutmaßlichen Täter ist jedenfalls gegeben. "Der Verein ist in der Lage, jeden Schaden an den Verursacher weiterzugeben", sagte der Sportrechtler Christoph Schickhardt Fussball.de: "Mit dem Kauf eines Tickets schließt der Käufer auch einen Vertrag ab, der Pflichten beinhaltet. Dazu gehört zum Beispiel auch, sich anständig zu verhalten. Wenn der Käufer diese Pflichten verletzt, kann er auf Schadenersatz verurteilt werden. Die Ersatzansprüche sind dabei unbegrenzt."
Den Einwand, der Verein müsse für die Sicherheit der Akteure sorgen, lässt Schickhardt nicht gelten: "Sonst könnte man ja auch sagen, dass eine Bank für die Sicherheit ihrer Bank zu sorgen hat und sich deshalb ein Bankräuber nicht strafbar machen kann."
- © 2011 Financial Times Deutschland
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