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Merken   Drucken   13.04.2011, 08:39 Schriftgröße: AAA

   

Ex-Arcandor-Chef: Middelhoffs Etappen im Prozess-Marathon

Einer der spektakulärsten Schadenersatzprozesse der deutschen Wirtschaftsgeschichte startet in Essen. Im Rampenlicht: Der frühere Arcandor-Chef Thomas Middelhoff. Es geht um die Pleite des Warenhauskonzerns. Ein Überblick über Vorwürfe und Akteure im Rechtsstreit.
© Bild: 2011 dapd
Einer der spektakulärsten Schadenersatzprozesse der deutschen Wirtschaftsgeschichte startet in Essen. Im Rampenlicht: Der frühere Arcandor-Chef Thomas Middelhoff. Es geht um die Pleite des Warenhauskonzerns. Ein Überblick über Vorwürfe und Akteure im Rechtsstreit.
Dem früheren Chef des Pleitekonzerns Arcandor, Thomas Middelhoff, droht ein zermürbender Prozessmarathon. Wegen seiner Rolle bei der Insolvenz des Unternehmens mit den traditionsreichen Tochtergesellschaften Karstadt und Quelle liegen inzwischen beim Essener Landgericht drei Schadenersatzklagen gegen den 57-jährigen Manager vor. Außerdem ermittelt die Staatsanwaltschaft Bochum gegen ihn wegen des Verdachts der Untreue.
Middelhoff selbst bestreitet die Vorwürfe allerdings vehement und hat Insolvenzverwalter Klaus Hubert Görg seinerseits wegen Prozessbetrugs verklagt. Zudem droht er mit einer Schadenersatzklage.
Das wohl spektakulärste Verfahren beginnt an diesem Mittwoch vor dem Essener Landgericht. Görg hat dort Middelhoff und zehn weitere ehemalige Vorstands- und Aufsichtsratsmitglieder des Konzerns auf Schadenersatz in Höhe von 175 Mio. Euro verklagt.
Der Insolvenzverwalter wirft den Managern unter anderem vor, wirtschaftlich nachteilige Mietverträge für mehrere Karstadt-Häuser ohne die erforderliche rechtliche Prüfung abgeschlossen und dadurch Schäden für die Warenhauskette in dreistelliger Millionenhöhe verursacht zu haben.
Starker Gegner: Insolvenzverwalter Klaus Hubert Görg   Starker Gegner: Insolvenzverwalter Klaus Hubert Görg
Middelhoff selbst weist die Vorwürfe zurück. Seine Anwälte betonen, der Manager haben lediglich bereits abgeschlossene Verträge erfüllt. Für "Bild am Sonntag" ist das Verfahren bereits "der Wirtschaftsprozess des Jahres".
Mit einem Auftritt des Managers ist am ersten Verhandlungstag nicht zu rechnen. Denn dieser Termin gehört ganz allein den Juristen. Voraussichtlich drei Stunden lang soll im Saal 101 des Essener Landgerichts über die Sach- und Rechtslage sowie das weitere Vorgehen im Verfahren gesprochen werden. Das persönliche Erscheinen von Kläger und Beklagten ist vom Gericht nicht angeordnet worden.
In einer zweiten Schadenersatzklage fordert Görg von Middelhoff und anderen Managern außerdem seiner Meinung nach unangemessene Bonuszahlungen, Tantiemen, Reisekosten und Spesen in Millionenhöhe zurück.
Allein Middelhoff solle mehr als 11 Mio. Euro zahlen, berichten seine Anwälte. Sie betonen, die Bonuszahlungen seien Bestandteil des Arbeitsvertrages gewesen und ordentlich abgerechnet worden. Den Vorwurf, der Manager habe sich auf Kosten des Konzerns bereichert, weisen sie entschieden zurück.
Angesichts dieser Millionenforderung wirkt das dritte Schadenersatzverfahren schon fast unbedeutend. Der Chefredakteur der Zeitungsgruppe "Die Welt", Jan-Eric Peters, hat Middelhoff auf Schadenersatz für Verluste, die er mit den Aktien des Pleiteunternehmens erlitten hat, verklagt und fordert zunächst 5000 Euro.
Peters wirft dem Manager vor, er habe die Öffentlichkeit im September 2008 bewusst falsch über die Lage des Handelskonzerns informiert, um den Aktienkurs positiv zu beeinflussen. Bereits im Januar hat Middelhoff dem Essener Landgericht in diesem Zusammenhang Auskunft gegeben. Sein Problem: Verliert er den Prozess, könnten sich auch andere Aktionäre zu Klagen ermutigt fühlen.
Middelhoff bestreitet alle Vorwürfe. Und inzwischen hat er auch zurückgeschlagen und seinerseits den Insolvenzverwalter wegen Prozessbetrugs verklagt.
Seine Anwälte werfen Görg vor, gegen die prozessuale Wahrheitspflicht verstoßen und wesentliche entlastende Umstände in seiner Schadenersatzklage wissentlich verschwiegen zu haben. Görg gehe es nur darum, seiner Anwaltssozietät hohe Honoraransprüche zu verschaffen.
Doch könnte es für den Topmanager noch schlimmer kommen. Denn nach wie vor ermittelt die Staatsanwaltschaft Bochum gegen den 57-Jährigen im Zusammenhang mit der Arcandor-Pleite wegen des Verdachts der Untreue. Es gab Razzien im gesamten Bundesgebiet.
Thomas Middelhoff wird vorgeworfen, nichts gegen die hohen Mieten ...   Thomas Middelhoff wird vorgeworfen, nichts gegen die hohen Mieten unternommen zu haben
Karstadt hatte kurz nach der Jahrtausendwende fünf Warenhäuser - in Karlsruhe, Leipzig, München, Potsdam und Wiesbaden - an die Oppenheim-Esch-Gruppe verkauft und nach umfangreicher Sanierung zurückgemietet. Dabei sollen die Immobilien deutlich unter Marktwert verkauft worden sein - die Mieten aber über den marktüblichen Sätzen gelegen haben.
Middelhoff war zu der Zeit, als die Vereinbarungen ausgehandelt wurden, zwar selbst noch nicht in dem Unternehmen. Doch wird ihm vorgeworfen, während seiner Amtszeit die Chance versäumt zu haben, aus den für Karstadt ungünstigen Verträgen auszusteigen. Middelhoff bestreitet dies. Seine Anwälte betonen, die Abmachungen seien wasserdicht gewesen.
Der Manager war zudem an Immobilienfonds des Kölner Bauunternehmers Josef Esch beteiligt, die Gebäude zu den hohen Mieten an Karstadt verpachtet hatten. Die Staatsanwaltschaft prüft, ob der Manager in diesem Zusammenhang darauf verzichtete, mögliche Millionenansprüche des Handelskonzerns gegenüber Esch einzuklagen. Middelhoff bestreitet dies allerdings entschieden.
  • dapd, 13.04.2011
    © 2011 Financial Times Deutschland
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