Leitartikel
Doch keine Sitzenbleiber?
Von Reinhard Göweil
Es war der Atom-Debatte geschuldet, dass die größte koalitionäre Bewegung in der heimischen Bildungsdebatte fast unterging. In der abgelaufenen Woche haben sich SPÖ und ÖVP auf Pläne zur Schulreform geeinigt. Das Sitzenbleiben soll demnach abgeschafft werden. Und Pflichtschullehrer sollen in "Neuen Mittelschulen", die aus der AHS-Unterstufe hervorgehen, unterrichten dürfen.
Nun ist das Faktum absurd, dass das Dienstrecht einer oder mehrerer öffentlicher Körperschaften inhaltliches Haupthindernis für die Gesamtschule bis 14 ist. Doch gerade im Bildungsbereich zeigen sich die Unsinnigkeiten des parteipolitisch verunreinigten Föderalismus.
Das jetzige Vorhaben der Regierung, dass Lehrer in mehreren Schultypen unterrichten können, basiert auf Freiwilligkeit – nicht besonders mutig. Aber es gibt wenigstens den Pädagogen, denen das jetzige System ebenfalls zum Hals raushängt (und das sind ganz schön viele), neue Möglichkeiten.
Der Schule mehr Autonomie einzuräumen, ist auch eine hervorragende Idee. Auch hier gilt Freiwilligkeit: Die Schulinspektoren (allein der Name ist furchterregend) bleiben Bezirks- und Ländersache, sie können mit den Schulen Bildungsziele vereinbaren. Müssen also nicht. Engagierte Schulen (Lehrer, Elternvereine und Schülervertreter) werden da schon was bewegen.
Die Pläne von Ministerin Schmied (in Absprache mit dem eigentlich als Betonierer verschrienen ÖVP-Bildungssprecher Amon) haben sozusagen das verschlossene Fenster aufgesperrt. Ob es geöffnet wird und frische Luft hereinweht, steht auf einem anderen Blatt. Das ist vermutlich auch jener Punkt, der am stärksten zu kritisieren ist: Die Politik ist zu feig gewesen, den Kompetenz-Dschungel zu roden. Die Betroffenen sollen es selbst tun, sie müssen im Ernstfall gegen unwillige Schulbehörden (auch davon gibt es viele) anrennen.
Es hätte wenigstens im Ministerium eine Beschwerdestelle geben können, die Lehrern und Eltern dabei hilfreich zur Seite springt. Aber das ist vermutlich der zweite Schritt, der erste zaghafte der Koalition ist gemacht. Um deren Geschwindigkeit merklich zu erhöhen, ist die Unterschrift unters Bildungs-Volksbegehren von Hannes Androsch also immer noch notwendig...
Printausgabe vom Samstag, 26. März 2011
Online seit: Freitag, 25. März 2011 18:46:05
Kommentare zum Artikel:
26.03.2011 02:55:43 Begehrensreklame?
Machen Sie bitte nicht so sehr Reklame für das "Bildungs-Volksbegehren", das dem Namen Androsch zugeschrieben wird, aber offensichtlich vor allem von Bernd Schilcher zum Täuschungsbegehren umfuntioniert worden ist und mit dem bereits etliche demokratische Repräsentanten ihre Aufgabe und Verantwortung ins Volk verschieben möchten. Das "Schülerbegehren" verdient übrigens mindestens ebenso starke Werbung.
Reinhard Horner
|