Recht + Steuern: Wenn der Finanzbeamte pennt
Für die eigenen Fehler dürfen Mitarbeiter beim Fiskus nicht den Steuerzahler zur Kasse bitten - es sei denn, der hat geschummelt. FTD.de zeigt, warum es dem Bürger nur recht sein kann, wenn der Prüfer vor sich hinträumt.In Deutschlands Finanzämtern kann es schon recht hektisch zugehen. Gerade mal acht Minuten haben die Beamten pro Steuererklärung, schätzt der Bund der Steuerzahler. Da bleibt ihnen wenig Zeit, um genau hinzuschauen. Deshalb wird in den Amtsstuben abgehakt statt nachgefragt, wenn die Angaben plausibel erscheinen. Und dabei rutscht auch manchmal etwas durch, was dem Steuerzahler eigentlich gar nicht zusteht.
Finanzbeamte korrigieren dann gern nach und fordern den Steuerzahler auf, nachzuzahlen. Doch so einfach ist das nicht mehr. Mehrere Gerichte haben dieser Praxis jetzt einen Riegel vorgeschoben. Das gilt jedenfalls dann, wenn der Steuerzahler alle Angaben wahrheitsgemäß geliefert hat und der Fehler beim Fiskus liegt - wie im vorliegenden Fall.
Ein Verkaufsleiter betreute fünf Filialen und hatte somit mehrere "regelmäßige Arbeitsstätten". Seine Fahrten führte er minutiös in seiner Steuererklärung auf und auch die damit verbundenen Ausgaben: Danach fuhr er fast täglich zu einer der Filialen, wofür er jeweils die Pendlerpauschale von 0,30 Euro je Kilometer ansetzte. So weit, so korrekt. Ebenfalls nahezu täglich befand er sich aber auch auf Dienstreise. Jedenfalls machte er für 222 Tage Reisekosten in Form von "Verpflegungsmehraufwand" geltend.
Ein Angestellter fährt jeden Morgen zur Arbeit und bricht dann von dort zu einer Dienstreise auf? Da hätte der zuständige Finanzbeamte aber stutzig werden müssen. Wurde er aber nicht, stattdessen nickte er alles ab. Erst später, während einer Außenprüfung, fragte er nach. Daraufhin gab der Verkaufsleiter an, keineswegs auf Reisen gewesen zu sein. Er habe jedoch geglaubt, dass er den Verpflegungsmehraufwand auch für Besuche in den Filialen absetzen könne. Schließlich seien seine Fahrten doch mit Dienstreisen vergleichbar.
Das Finanzamt blieb stur. Obwohl die Einspruchfrist abgelaufen und der Bescheid somit bestandskräftig war, kassierten die Beamten den Steuervorteil und forderten eine Nachzahlung. Zu Unrecht, entschieden jetzt die Richter des Finanzgerichts Rheinland-Pfalz. Da die Angaben in der Steuererklärung "offenkundig widersprüchlich" gewesen seien, hätten die Beamten sofort nachfragen müssen, so ihre Begründung. Für eine schlichte Nachforderung sei es jetzt zu spät (Az.: 3 K 2208/08).
"Wenn neue Tatsachen ans Licht kommen, darf das Finanzamt zwar auch einen bestandskräftigen Bescheid ändern", sagt Jochen Muth, Steuerberater bei der Kanzlei DHPG in Euskirchen. Es dürfe sich aber nicht um Informationen handeln, die Beamte früher erhalten hätten, wenn sie ihrer Ermittlungspflicht nachgekommen wären und die Steuererklärung sorgfältig geprüft hätten. "Wer einfach alles abhakt und dabei Widersprüche übersieht, darf nicht Jahre später plötzlich eine Nachzahlung fordern", sagt Muth. Das gilt vor allem, wenn sich der Steuerzahler wie in diesem Fall nichts zuschulden kommen ließ. Der Verkaufsleiter hatte keine Informationen zurückgehalten, sondern lediglich die falschen rechtlichen Schlussfolgerungen gezogen. Und das kann angesichts des komplexen Steuerrechts schon mal passieren.
Teil 2: Schlampereien im Finanzamt
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FTD.de, 14.04.2011
© 2011 Financial Times Deutschland
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