Portfolio: Kommunen müssen blechen
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Tausende Eigenheimbesitzer können die Kosten für die Erschließung ihrer Grundstücke zumindest teilweise zurückfordern. Grundlage dafür ist ein rechtskräftiges Urteil des Bundesverwaltungsgerichts (BVerwG) von Ende 2010, für das nun die Begründung vorliegt (Az.: 9 C 8.09). Demnach sind die Kommunen zur Kostenerstattung verpflichtet, wenn sie bei der Erschließung des Baulands keinen Eigenbeitrag geleistet hatten.
Es geht vor allem um Fälle, in denen Städte eine kommunale Firma mit der Erschließung beauftragt hatten. Dies ermöglichte ihnen, den Eigenanteil von meist zehn Prozent zu umgehen. Die Firma wiederum stellte den Grundstückskäufern anteilig die vollen Kosten in Rechnung, und zwar auch für Leistungen, die die Kommune selbst gar nicht hätte umlegen dürfen. Das BVerwG sieht in diesem Konstrukt einen Gesetzesverstoß. Ein ganz oder mehrheitlich beherrschter kommunaler Betrieb sei kein unabhängiger Dritter, auf den die Gemeinde die Erschließung des Grundstücks per Vertrag übertragen könne.
Sönke Anders von der Kanzlei Thümmel, Schütze & Partner, die das Urteil erstritten hat, wertet die Entscheidung als Präzedenzfall. "Alle Erschließungsverträge zwischen Gemeinden und kommunalen Betrieben sind grundsätzlich nichtig und nachträglich anfechtbar." Möglicherweise betreffe das Urteil auch Fälle, in denen die Stadt zwar ein fremdes Unternehmen eingeschaltet hatte, sich aber Kontrollrechte vorbehielt, etwa die Möglichkeit, die Anlagen selbst zu bauen. In solchen Fällen müsse sich erst noch zeigen, wo der Gesetzgeber die Grenze ziehe, sagt Anders.
Den Kommunen drohen somit Nachforderungen in Millionenhöhe. Denn die Ansprüche der Grundstücksbesitzer verjähren erst drei Jahre nach Kenntnis davon, spätestens aber zehn Jahre nach der Zahlung. Und Erschließungsverträge zwischen Kommunen und eigenen Betrieben waren in der Vergangenheit gängige Praxis, wie Norbert Portz, Bauexperte beim Deutschen Städte- und Gemeindebund (DStGB), bestätigt. Eine Zahl vermag er zwar nicht zu nennen, solche Konstellationen seien aber häufiger gewesen als die direkte Erschließung.
Bei einer erfolgreichen Klage müssen die kommunalen Betriebe die Zahlungen an den Grundstücksbesitzer zurückerstatten. Die Gemeinde kann dann die Gebühren neu berechnen - unter Berücksichtigung ihres Eigenanteils. Die Ersparnis für die Bauherren kann aber höher sein. Denn nach Beitragsrecht dürfen Städte nur bestimmte Kosten, etwa für den Straßenbau oder die Entwässerung, auf Anwohner umlegen. Laut Anders war es bei Erschließungsverträgen jedoch üblich, dass Grundstückskäufer auch an den Kosten für Spielplätze oder abgehende Straßen beteiligt wurden.
Teil 2: Vorteilsprinzip im Verfassungsrecht verankert
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FTD.de, 07.04.2011
© 2011 Financial Times Deutschland
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