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Al Kaida steckt offenbar hinter dem Anschlag auf ein Café in Marrakesch. Mitglieder des Terrornetzwerks sollen erst vor wenigen Tagen mit Anschlägen in Marokko gedroht haben. Der marokkanische Innenminister Cherkaoui erklärte, die Bluttat sei mit einer ferngesteuerten Bombe verübt worden.
Von Alexander Göbel, ARD-Hörfunkstudio Rabat
Im Ibn-Toubail-Hospital von Marrakesch kämpft eine verletzte französische Touristin mit den Tränen. Sie liegt in ihrem Krankenbett mit einem Sauerstoffschlauch in der Nase und vielen Blutergüssen im Gesicht.
[Bildunterschrift: Die Terrasse des zerstörten Cafés "Argana" ]
Wie durch ein Wunder hat sie den blutigen Anschlag im Café "Argana" überlebt, bei dem 16 Menschen starben. "Wir haben einen freien Tisch auf der Terrasse entdeckt, dann haben wir uns hingesetzt, plötzlich gab es einen Knall, dann war überall Rauch und Feuer - mehr weiß ich nicht mehr, ich habe das Bewußtsein verloren", versucht sie sich zu erinnern.
Inzwischen hat das marokkanische Innenministerium neue Erkenntnisse der Untersuchungen bekannt gegeben. Offenbar hatten erst vor wenigen Tagen mutmaßliche marokkanische Mitglieder des nordafrikanischen Arms von Al Kaida in einer Videobotschaft im Internet mit Anschlägen in Marokko gedroht. Als Grund hätten sie die Unterdrückung von Islamisten im Königreich genannt.
Für den Terrorismusforscher Jean Charles Brisard war der schwere Anschlag von Marrakesch nur eine Frage der Zeit: "Wir müssen hier ganz klar von islamistischem Terror sprechen." Marrakesch sei schon lange ein mögliches Anschlagsziel gewesen. "Das ist nichts Neues. Die marokkanischen Behörden bekommen es jedes Jahr mit rund zehn Anschlagsversuchen zu tun", berichtet er weiter.
[Bildunterschrift: Der marokkanische Innenminister Taieb Cherkaoui bei der Pressekonferenz ]
Dass es sich bei den Drahtziehern tatsächlich um Al Kaida handeln könnte, schließt Marokkos Innenminister Taieb Cherkaoui nicht mehr aus. Bei einer Pressekonferenz sagte er, die Explosion sei nicht durch einen Selbstmordattentäter, sondern mit einer ferngesteuerten Bombe verübt worden. Sie habe den gleichen Sprengstoff enthalten wie die Bomben bei den Anschlägen auf die Londoner U-Bahn im Jahr 2005.
Ein marokkanisch aussehender Mann sei mit zwei ungewöhnlich großen Taschen sei zur Tatzeit ins Café "Argana" gekommen und wenige Minuten später ohne sein Gepäck wieder gegangen. Nun fahnden die Sicherheitskräfte nach mutmaßlichen Tätern. Auf den Straßen um Marrakesch und am Flughafen gibt es starke Polizeikontrollen. In den Hotels sind die Sicherheitsvorkehrungen verschärft worden.
Auf dem Platz Jemaa El Fna ist das Gelände vor dem fast völlig zerstörten Café noch immer übersät von Blumengebinden. Männer knien vor der Ruine und beten. Sie sind verzweifelt, wütend und schockiert. Für sie sind die Attentäter keine Marokkaner, sondern Menschen, die dem Land schweren Schaden zugefügt haben. Der Anschlag von Marrakesch habe nicht nur unschuldigen Menschen gegolten, sondern auch dem von König Mohamed VI. angestoßenen Reformprozess - und natürlich dem für Marokko so lebenswichtigen Tourismus. Marrakesch hält den Atem an.
Nacer vermietet ein Riad in der Medina und sorgt sich um die Zukunft: "Die Saison ist für uns gelaufen. Wir konzentrieren uns jetzt schon auf die Wintermonate, November, Dezember. Wir beten für ein besseres Jahr 2012. Aber diese Saison ist vorbei, das steht fest."
Auch wenn die großen deutschen Reiseveranstalter Marrakesch trotz des Anschlags im Programm behalten: Das Auswärtige Amt rät in seiner jüngsten Reiseinformation zu erhöhter Aufmerksamkeit in Marokko. Sollte Al Kaida für das Attentat verantwortlich sein, könnte aus diesem gut gemeinten Rat eine Warnung werden.
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